Fremd flirten Roman
hatte kennenlernen dürfen, seit ich mein freiwilliges gesellschaftliches downshifting als Kindermädchen begangen hatte, wunderte mich überhaupt nichts mehr.
»Schaffst du es, in einer halben Stunde ausgehbereit zu sein? Ich rufe Mrs Sullivan an, dass sie vorbeikommt und sich um Anne kümmert und Vicky und Leo im Auge behält.«
Natürlich kam ich mit, wenn ich Axel helfen konnte. Ich hatte ihm und Anne so viel zu verdanken, dass ich ihn für die nächsten zehn Jahre auf ein Hausboot begleiten würde, wenn es den beiden helfen würde.
Anne sah mich dankbar an, schloss aber gleich wieder die Augen, um zu dösen.
In Rekordgeschwindigkeit zog ich mein kleines Schwarzes für besondere Anlässe an sowie ein Bolerojäckchen, das nur die Schultern bedeckte, schlüpfte in meine teuren, superhohen High Heels und kramte meine Diamantohrringe und die Kette mit dem Solitär hervor. Meine Haare hatte ich schnell zu einer sogenannten »Banane« aufgesteckt.
Rasch noch mein Granatapfel-Parfüm aufgesprüht, das ich bei Liberty’s teuer erstanden hatte, die kleine Abendtasche unter den Arm geklemmt – und fertig!
Axel pfiff bei meinem Anblick anerkennend durch die Zähne. »Das glaubt uns ja keiner, dass du unsere Nanny bist. Toll siehst du aus!«
Dankend nahm ich das Kompliment an. »Das ist wie bei Hund und Mensch: Wie der Herr so das G’scherr!«
Axels Fahrer fuhr pünktlich vor und hielt mir formvollendet die Tür auf. Eine gute Gelegenheit, einmal zu üben, mit züchtig geschlossenen Beinen einzusteigen, um ja keinen peinlichen Blick auf die Unterhose zu ermöglichen.
Mrs Sullivan, die kurz vorher gekommen war, winkte zum Abschied und schaltete die Gartenbeleuchtung ein.
Wir fuhren in der langsam untergehenden Sonne durch Camden am Regent’s Canal nach Little Venice, einer Oase der Stille und Ruhe in der Metropole.
Hier im Regent’s Canal lagen alle möglichen Hausboote. Einige gehörten Touristen, die nur kurz anlegten und für eine begrenzte Zeit kostenlos hier liegen durften; dann gab es die wunderschönen alten Hausboote mit ihren bunten, glänzend lackierten Holzrümpfen, die in leichten Wellenbewegungen in einer Reihe hin- und herschaukelten und hier ihren festen Liegeplatz hatten.
Der Regent’s Canal wurde auf beiden Seiten von einer Baumallee gesäumt. An seinem Ufer konnte man wunderbare Spaziergänge unternehmen. Einige der Hausboote waren zu Restaurants und Cafés umgebaut worden, andere konnte man für Hochzeitsfeiern mieten. Auf manchen lebten Individualisten, die das Wasser liebten. Alles in allem war dies einer der romantischsten Orte Londons und seltsamerweise nicht von Touristen überschwemmt.
Axels Fahrer hielt an und zeigte uns das Hausboot von Dr. Gendt, ein altes, dunkelgrün lackiertes Holzboot, aufwendig verziert und eines der größeren Boote.
»Doktor Gendt scheint wirklich nicht am Hungertuch zunagen, wenn er sich so ein Boot als Hobby leisten kann!«, bemerkte ich, während wir auf das Holzboot zuliefen, Axel mit Blumen und einem altem Whiskey für die Gastgeber bepackt.
Er musste grinsen. »Wenn du dir gleich solche Kommentare verkneifen könntest, wäre das ein Traum!«
Am Hausboot wurden wir von einer Art Butler begrüßt (zumindest ließ seine Uniform auf diesen Berufsstand schließen) und nach Abgleichen unserer Namen auf der Gästeliste hereingebeten. Zuerst mussten wir aber die Schuhe ausziehen, was mir gar nicht ungelegen kam. Meine High Heels hatte ich länger nicht getragen, sodass die Füße jetzt schon anfingen zu schmerzen.
Im vorderen offenen Bereich des Bugs, der mit glänzenden nussfarbenen Holzdielen ausgelegt war, standen kleine Tische, die mit Blumen, Muscheln und Kerzen geschmückt waren, außerdem spielte eine Drei-Mann-Kapelle mit Klarinette, Kontrabass und Klavier einschmeichelnde Jazz-Stücke. Bevor wir uns versahen, hatten wir einen soeben erst gemixten Drink mit viel frischer Minze in der Hand, der eine Eigenkreation des Barkeepers war. Eine leichte Brise machte den Sommerabend geradezu perfekt. Ich konnte in diesem Augenblick nur zu gut verstehen, weshalb Dr. Gendt sich das Boot zugelegt hatte.
»Axel, da sind Sie ja! Und Ihre reizende Begleitung ist die besagte Nanny? Sehr erfreut. Ich hoffe, Ihrer Frau geht es besser? So, dann darf ich Sie mal vorstellen?« Bevor wir antworten konnten, nahm uns der drahtige Dr. Gendt in Beschlag und stellte uns mit seiner lauten Stimme fröhlich seiner Frau sowie seiner Tochter und ihrem englischen Verlobten
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