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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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Pitbull findet sich unheimlich komisch.
    »Wann haben wir denn den Termin bei der Bank?«, frage ich.
    »Na jetzt!«, krakeelt er. »Und schau nur, wer noch mitkommt … « Eine ausladende Handbewegung weist zu einer Parkbank. Darauf sitzen Gero (er sitzt einfach nur), Tom (er sitzt mit Sklavenhalsband und Lederhose da und hält eine 25 -schwänzige Lederriemenpeitsche) und Richard (im Hochzeitskleid von Laura Ashley mit Reifrock und mit Perücke) wie drei Affen nebeneinander und grinsen. Ich sehne mir den Augenblick von gestern herbei, in dem ich kollabierte.
    Mein Gehirn scheint nicht richtig zu funktionieren, denn ich sage: »Gut, dann lasst uns gehen.«
    Fußgänger, denen wir begegnen, rufen laut »Helau«, als wir an ihnen vorübergehen. Hat irgendjemand einen Schnaps für mich??? Waaaaaaaaah. (Ich liebe den Begriff »Waaaah«. Er hat so was präzise und endgültig Verzweifeltes an sich.)
    In der Bank glotzen uns die Leute an wie Außerirdische. Ich würde jetzt gern klingonisch reden können, das würde die Verwirrung perfektionieren. Kann aber kein Klingonisch, nur ein bisschen Englisch. Sätze wie: »Hello! How are you? Maybe we are in a near relationship.«
     
    Der Kundenberater heißt Horst Kamlade (»Kamlade mein Name. Kamlade wie Schublade. Haha.«), hat ein Sakko an, auf dem sich Tomatensoße befindet, und führt uns glücklicherweise zu einer Sitzgruppe hinter einer Trennwand. Trotzdem fühle ich mich extrem unwohl. Er bietet uns Kaffee an, aber Pitbull fordert ein Pils. Das hat Herr Kamlade jetzt leider nicht. Ich trete Pitbull derweil unter dem Tisch gegen das Bein, was er mit einem Klaps auf meinen Oberschenkel honoriert.
    Was wir denn jetzt eigentlich genau wollen, fragt Herr Kamlade wie Schublade. Pitbull baut sich auf seinem Stuhl auf und legt los. Ich bin völlig fasziniert. Der Mann ist intelligent wie sonst was. Er hat sogar eine Finanzkalkulation erstellt, die er Herrn Kamlade auf den Tisch pfeffert. Dieser nimmt sie mit spitzen Fingern in die Hand und holt einen überdimensionalen Taschenrechner aus seiner Schublade.
    Pitbull scheint sich nicht verrechnet zu haben. Herr Kamlade murmelt Zahlen in seinen Bart. Plötzlich hebt er den Kopf und deutet auf mich. »Wie viel Eigenkapital?«
    »Äh.« Wie viel Eigenkapital? Ich? Ich habe mal in einer schwachen Minute Investmentfonds gekauft. Aber ich weiß weder, wie die heißen, noch, wo ich die Unterlagen dazu habe. Pitbull weiß aber offenbar auch darüber Bescheid. Habe es ihm wohl nachts beim Tanzen erzählt. Oder irgendjemand anderem, der es dann ihm erzählt hat. Oder so. Bestimmt weiß Pitbull auch schon, welche Tampongröße ich habe (super plus, wegen Spirale, da ist die Blutung stärker). Ich erfahre also, dass ich zwanzigtausend Euro Eigenkapital habe, aufgeteilt in Aktien, Investmentfonds und einen Bausparvertrag, der fällig ist. Seit wann, um Himmels willen, habe ich einen Bausparvertrag?
    »Hm. Hm«, murmelt Herr Kamlade und schubbelt an seiner Krawatte ( 100 % Polyester, durchfallgelb) herum. »Hier steht der Posten ›Kosten für Einrichtung‹. Warum wurden hierfür gut zwanzigtausend Euro veranschlagt?«
    Diese Frage lässt Tom und Richard aufhorchen. Nein, nein, nein. Bitte haltet eure KLAPPEN !
    Richard beugt sich nach vorn. Sein Hochzeitskleid verheddert sich dabei in einem Schirmständer. »Nun«, legt er los. »Schauen Sie mich doch an. Na, was sehen Sie? ICH BIN EIN TRANSVESTIT ! Und wenn ich mit einem Gleichgesinnten in ein solches Etablissement gehe, möchte ich auch das Nötige vorfinden. Kostüme, Schminke, Schuhe und so weiter und so fort.«
    »Genau!« Jetzt läuft Tom zur Hochform auf. »Für jedes sexuelle Bedürfnis müssen entsprechende Gerätschaften vorhanden sein. Ein Andreaskreuz zum Festbinden, eine Streckbank, diverse Peitschen, und natürlich muss das Ambiente stimmen. Da gibt es ja einiges an Vorlieben. Und wir möchten von vornherein an alles denken.«
    Herr Kamlade wie Schublade wird sichtlich nervös. Ich möchte in den Boden versinken. Er vergräbt sein Gesicht in beide Hände und verharrt eine halbe Minute lang in dieser Position. Dann blickt er uns an und macht eine Handbewegung, die uns bedeutet, dass wir näher rücken sollen. Was wir alle vier gleichzeitig tun. »Wird es … ähem … wird es … « »Ja?«, fragt Gero.
    »Wird es auch einen speziellen Raum für … für … « Herr Kamlade flüstert nur noch. Wir starren auf seinen Mund. »Wird es auch einen speziellen Raum für

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