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Fremde Blicke

Fremde Blicke

Titel: Fremde Blicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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an der frischen Luft geprägt.
    »Der Hofbesitzer ist verreist, im Moment ist nur der Betriebshelfer da. Und der ist gestern früh weggefahren, ich habe ihn nicht zurückkommen sehen.« Sie schirmte ihre Augen mit der Hand ab und schaute zu dem Hof hinüber. »Das Auto steht nicht da«, sagte sie.
    »Kennen Sie diesen Mann?«
    »Nein. Er redet nicht viel.«
    Sejer bedankte sich und stieg wieder ins Auto.
    »Zuerst muß er ja hochgefahren sein«, sagte Skarre.
    »Da war er aber noch kein Mörder. Er ist vielleicht ganz leise und langsam gefahren, deshalb hat niemand ihn bemerkt.«
    Bis zur Hauptstraße legten sie den zweiten Gang ein. Bald darauf sahen sie auf der linken Seite einen kleinen Gemischtwarenladen. Sie hielten und gingen hinein. Über ihren Köpfen bimmelte eine kleine Glocke, und aus dem Hinterzimmer kam ein Mann in einem blaugrünen Nylonkittel. Einige Sekunden lang starrte er sie einfach nur entsetzt an. »Geht es um Annie?«
    Sejer nickte.
    »Anette ist außer sich«, sagte der Mann. »Sie hat heute bei Annie anrufen wollen. Und sie hat am anderen Ende der Leitung nur einen Schrei gehört.«
    Ein Mädchen in Annies Alter tauchte auf und blieb in der Tür stehen. Der Vater legte ihr den Arm um die Schultern.
    »Ich habe sie heute zu Hause bleiben lassen.«
    »Sie wohnen nebenan?« Sejer ging durch den Laden und streckte eine Hand aus.
    »Fünfhundert Meter weiter, unten am Stand. Wir können es nicht fassen.«
    »Haben Sie hier in der Gegend irgendwelche Personen gesehen, die Ihnen aufgefallen sind?«
    Der Mann überlegte. »Eine Bande von Jungs war hier, um Cola zu kaufen. Und dann noch Raymond. Der war mittags hier, er wollte Milch und Knäckebrot. Raymond Lake. Er wohnt mit seinem Vater oben bei der Kuppe. Unser Geschäft geht nicht besonders, deshalb machen wir den Laden bald dicht.«
    Während er das sagte, streichelte er immer wieder den Rücken seiner Tochter.
    »Wie lange hat Lake zum Einkaufen gebraucht?«
    »Ach, ich weiß nicht. Zehn Minuten vielleicht. Übrigens hat auch ein Motorrad hier gehalten. Das muß so zwischen halb eins und eins gewesen sein. Stand eine Weile hier und fuhr dann weiter. Große Maschine mit riesigen Gepäcktaschen. Vielleicht ein Tourist. Das war alles.«
    »Ein Motorrad? Können Sie es genauer beschreiben?«
    »Ach, was soll ich sagen? Dunkel, glaube ich. Blank und gut in Schuß. Der Fahrer hatte seinen Helm auf und hat mir den Rücken zugekehrt. Hat irgendwas gelesen, das vor ihm auf dem Rad lag.«
    »Haben Sie das Nummernschild gesehen?«
    »Nein, leider nicht.«
    »Sie können sich nicht zufällig an ein graues oder grünes Auto mit Skibehälter auf dem Dach erinnern?«
    »Nein.«
    »Was ist mit dir, Anette«, fragte Sejer und wandte sich der Tochter zu. »Fällt dir etwas ein, das vielleicht wichtig sein kann?«
    »Dann hätte ich angerufen«, murmelte Anette.
    »Du darfst dir keine Vorwürfe machen, du hättest es nicht verhindern können. Sicher hat irgendwer sie am Straßenrand aufgelesen.«
    »Annie mochte es nicht, wenn Leute sich in ihre Angelegenheiten einmischten. Ich hatte immer Angst, sie könnte sauer werden, wenn wir ihr zusetzten.«
    »Hast du Annie gut gekannt?«
    »Ja, ziemlich.«
    »Und dir fällt niemand ein, der hier aufgetaucht sein könnte? Hat sie irgendwelche neuen Bekannten erwähnt?«
    »Nein, nein. Sie hatte doch Halvor.«
    »Richtig. Bitte ruf an, wenn dir noch etwas einfällt. Und wenn es Ihnen recht ist, kommen wir später noch einmal wieder.«
    Sie bedankten sich und verließen den Laden, Kaufmann Horgen kehrte ins Hinterzimmer zurück. Durch das Fenster neben der Eingangstür konnte Sejer seine gekrümmte Gestalt erkennen.
    »Wenn er in seinem Büro sitzt, kann er auf die Straße sehen. Ein Motorrad, das draußen hält und dann weiterfährt. Zwischen halb eins und eins. Das müssen wir uns merken. Na gut.«
    Er knallte mit der Tür. »Torbj0rn meint, daß sie gegen Viertel vor eins am Schlangenweiher waren, während Ragnhild noch gesucht wurde. Und da lag Annie noch nicht dort. Raymond und Ragnhild sind vermutlich gegen halb zwei dort vorbeigekommen, und da war Annie schon dort. Das bedeutet einen Zeitraum von einer Dreiviertelstunde. Das ist ja fast einzigartig selten. Ein Auto ist in hohem Tempo an ihnen vorbeigefahren, als sie gerade losgehen wollten. Schmutzige Farbe, nicht hell, nicht dunkel, nicht alt, nicht neu.« Er schlug auf das Armaturenbrett.
    »Nicht alle kennen sich mit Autos aus.« Skarre lächelte.
    »Wir bitten ihn,

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