Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Blicke

Fremde Blicke

Titel: Fremde Blicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
Vom Netzwerk:
mehr?«
    »Ich weiß alles. Ich kenne auch seine Personenkennziffer und seine Adresse. Falls er nicht umgezogen ist. Ich hoffe, er ist umgezogen. Er wohnt zu nahe, es ist nur eine Stunde mit dem Auto.«
    Sie redete sich in Rage.
    Skarre notierte, nickte und bedankte sich. Dann schaltete er den Computer ein und machte sich auf die Suche nach Bj0rk, Axel, wobei ihm aufging, wie löchrig der Datenschutz inzwischen war, nur noch ein durchsichtiges Tuch, hinter dem sich niemand mehr verstecken konnte. Er fand den Mann ohne weitere Probleme und fing an zu lesen.
    »O verdammte Pest!« rief er und warf einen raschen, um Entschuldigung bittenden Blick zur Decke hoch.
    Danach klickte er »Drucken« an und ließ sich im Sessel zurücksinken. Er nahm den Ausdruck, las ihn noch einmal und lief dann hinüber zu Sejers Büro. Der Hauptkommissar stand vor dem Spiegel und hatte einen Hemdsärmel aufgekrempelt. Er kratzte sich am Ellenbogen und schnitt eine Grimasse.
    »Ich habe meine Salbe vergessen«, murmelte er.
    »Hier ist er. Natürlich ist er vorbestraft.«
    Skarre setzte sich und legte den Ausdruck vor Sejer auf die Schreibunterlage.
    »Na, mal sehen. Bj0rk, Axel, geboren 48 .«
    »Polizist«, sagte Skarre leise.
    Sejer reagierte nicht. Er las weiter und nickte langsam. »Ex. Na gut, du würdest vielleicht lieber zu Hause bleiben?«
    »Natürlich nicht. Aber das ist doch ein besonderer Fall.«
    »Wir sind doch auch nicht besser als andere, oder was, Skarre? Wir sollten uns auch seine Version anhören. Du kannst davon ausgehen, daß die anders ist als die von Frau Holland. Also, auf geht’s nach Oslo. Er scheint Schichtdienst zu haben, also wird er jetzt wohl zu Hause sein.«
    »Sognsvei vier, das ist in Adamstuen. Der große rote Block bei der Straßenbahnhaltestelle.«
    »Kennst du dich da aus?« fragte Sejer verwundert.
    »Ich war zwei Jahre lang Taxifahrer.«
    »Gibt es irgendwas, das du nicht schon gemacht hast?«
    »Ich bin noch nie mit dem Fallschirm abgesprungen«, sagte Skarre. Ihn schauderte bei dieser Vorstellung.
    Skarre demonstrierte seine Fähigkeiten als Droschkenkutscher, indem er Sejer den kürzesten Weg zeigte; in Sk0yen abbiegen, Halvdan Svartes gate hoch, vorbei an der Vigelandsanlage, durch Kirkevei und Ullevalsvei. Sie hielten vor einem Frisiersalon im Parkverbot und fanden den Namen Bj0rk im zweiten Stock. Klingelten und warteten. Keine Antwort. Eine Frau kam aus einer Tür weiter unten, ihr Eimer und ihr Besen
    machten ziemlichen Krach.
    »Der ist im Laden«, sagte sie. »Jedenfalls ist er mit einer Tasche voller leerer Flaschen losgegangen. Er kauft bei Rundingen ein, gleich nebenan.«
    Sie bedankten sich und verließen das Haus wieder. Setzten sich ins Auto und warteten. Rundingen war ein kleiner Lebensmittelladen mit gelben und rosa Plakaten im Fenster, deshalb konnten sie nicht hineinschauen. Die Leute, zumeist Frauen, kamen und gingen. Erst als Skarre bei offenem Fenster und mit hinaushängendem Arm eine Zigarette geraucht hatte, tauchte ein Mann in dickem Holzfällerhemd und Turnschuhen auf. Durch das offene Fenster hörten sie es in seiner Tüte klirren. Er war sehr groß und kräftig gebaut, verringerte seine Größe aber, indem er den Kopf gesenkt hielt und wütend den Boden anstarrte. Er achtete nicht auf das Auto.
    »Könnte wirklich ein ehemaliger Kollege sein. Warte, bis er um die Ecke ist, dann steig aus und sieh nach, ob er ins Haus geht.«
    Skarre wartete, öffnete dann die Tür und lief um die Ecke. Danach warteten sie zwei oder drei Minuten und gingen noch einmal in den Block.
    Bj0rks dunkles Gesicht in der halboffenen Tür war eine Studie aus Muskeln, Nerven und Impulsen, die seine Miene innerhalb von Sekunden ein ganzes Register von Ausdrücken durchlaufen ließen. Zuerst das offene, neutrale Gesicht, das niemanden erwartet hatte und ein wenig neugierig war. Danach wurde Skarres Uniform registriert, und rasches Nachdenken sollte die Anwesenheit dieses uniformierten Wesens vor der Wohnungstür erklären. Der Zeitungsartikel über die Leiche am Weiher - und schließlich der Zusammenhang, seine eigene Geschichte, die Verbindung, der mögliche Gedankengang der Besucher. Der Ausdruck, den er schließlich beibehielt, war ein mürrisches Grinsen.
    »Na«, sagte er und öffnete die Tür. »Wenn ihr nicht aufgekreuzt wärt, hätte ich meine Achtung vor den modernen Fahndungsmethoden verloren. Kommt rein. Sehe ich den Meister und seinen Lehrling vor mir?«
    Sie ignorierten diese Bemerkung und

Weitere Kostenlose Bücher