Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Annette Bening? Wovon reden Sie?« Ellen hob den Kopf und stützte das Kinn auf den Unterarm.
    »Haben Sie noch was von dem Poe-Manuskript mitgebracht?« fragte Wiggins.
    Langsam bewegte sie das Kinn auf dem ausgestreckten Arm auf und ab und bejahte. Ohne ihre Haltung zu verändern, fuhr sie mit der Hand über die Tasche und tastete wie eine Blinde nach dem, was darin war.
    »Ach, bitte, lesen Sie vor«, versuchte Jury sie zu überreden.
    Das Kinn immer noch auf dem Unterarm, fragte Ellen in elegischem Ton: »Wollen Sie wirklich?«
    Jury nickte lächelnd.
    Aufgemuntert hob sie den Kopf und zog das Manuskript heraus. Sollte doch Lovey tot umfallen, wie sie da stand und vor Hitze pulsierte. Melrose ärgerte sich. Als sie sich damals in den Mooren Yorkshires kennengelernt hatten, hatte er gedacht, Ellen sei immun gegen Jurys Charme.
    »Wir haben da aufgehört, wo Monsieur P- darüber redet, daß er das Taschentuch im Hof entdeckt hat. Seine Initialen sind in eine Ecke gestickt.« Mit einem Blick in die Runde erfaßte Wiggins den Stand der Dinge für den Fall zusammen, daß sie alles vergessen hatten.
    Ellen hüstelte und ballte die Hand vor dem Mund zur Faust, ganz wie eine Poe’sche Heroine in gräßlicher Seelenpein. Sie las:
    Meine verehrte Madam - daß Sie den Leiden des M. Hilaire P- so gänzlich gefühllos gegenüberzustehen scheinen, ist nur ein weiterer Beweis, daß es sich bei dem Herrn, von dem ich spreche, nicht um jenen William Quartermain handeln kann, mit dem Sie selbst bekannt sind. Hätten Sie auch nur einen Moment in dem Gemach verweilt, in welchem ich so viele Stunden zubrachte, würden Sie es begreifen. Sie sind überzeugt, daß M. P- lediglich eine List anwandte, um mich dort aus Gründen festzuhalten, die Sie durchschauen (wie Sie behaupten), mir aber nicht entdecken; gestatten Sie mir dennoch die Bitte, mit meiner Geschichte fortfahren zu dürfen - Mein Gastgeber hielt mir das Taschentuch entgegen und hieß mich, es zu inspizieren, was ich tat. Den Anfangsbuchstaben »P« sah ich gewiß, verschlungen mit dem »H« seines Vornamens. Sodann erhob er sich und begab sich zu einem Schrank, dem er einen mit Perlmutt eingelegten Ebenholzkasten entnahm. Er öffnete ihn und reichte ihn mir zur genauen Betrachtung. Der Kasten enthielt Wäschestücke und einige dieser Taschentücher. Sie waren aus feinstem Linnen, und die Initialen waren in ähnlicher Weise eingearbeitet. Mein Gastgeber sprach:
    »Glauben Sie mir jetzt?«
    In großer Hast versicherte ich ihm, daß ich ihm nur insofern mißtraut hätte, als ich glaube, er habe vielleicht geträumt, und er lächelte und sagte mit einer matten Handbewegung:
    »Das ist gänzlich ohne Bedeutung. Ich bitte Sie nur, ich bitte Sie inständig, mir einen Dienst zu erweisen: den Rest dieser Nacht mit mir in meiner Schlafkammer zu verbringen.«
    Unsägliches Grauen erfüllte mich.
    »Es besteht nicht die geringste Gefahr!« rief er aus. »Nicht die geringste. Ich würde ansonsten keine solche Bitte an Sie richten. Es geht nur darum, daß Sie die Wahrheit meines Erlebnisses bestätigen und bezeugen, daß ich geistig gesund bin. Mann Gottes! Ich muß es wissen.«
    »Mein lieber M. P-«, sagte ich, so freundlich ich es vermochte. »Und wenn es mir nicht gelingen sollte, Ihnen Frieden zu verschaffen? Was dann? Wenn sich das Duell gar nicht wiederholt, wenn der Name Violette nicht noch einmal ausgestoßen wird?«
    Die Show war zu Ende, und Melrose sah, wie der Gitarrist wieder auf dem Barhocker Platz nahm. Schlecht war er nicht; wenigstens spielte er akustisch und nicht elektrisch. Melrose fragte sich, was Lou Reed wohl aus der Story von Violette gemacht hätte: (»Violette said/As she got up off the floor/This is a bum trip/And I don’t love you anymore ...«)
    »Würden Sie bitte mit dem Gesumme aufhören?« bat ihn Ellen gereizt.
    Und Wiggins sagte vorwurfsvoll: »Ich möchte gern wissen, was aus Violette geworden ist.«
    Woraufhin Melrose sagte: »Sie ist tot.« Er hatte die Nase voll von diesem Gesülze. »Sie liegt unter den Fußbodendielen, warten Sie’s nur ab. Edgar Poe könnte besser Gitarre spielen, als Beverly Brown schreiben.«
    »Ach, seien Sie doch still«, sagte Ellen, und das spröde Papier raschelte, als sie die nächste Seite nahm.
    Melrose drehte sich um und hörte der angenehm klagenden Stimme des Gitarristen zu, die zu dem Lied nicht so recht paßte.
    Jury sagte: »Ich finde, die Geschichte ist ganz schön vielschichtig.«
    »Der Los Angeles Freeway

Weitere Kostenlose Bücher