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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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niemandem weiter?« Sie war aufgestanden und hatte den Schal von dem Vogelkäfig genommen. Kreisch!
    »Weitersagen? Nein. Ich kann schweigen wie ein Grab.« Melrose war sicher, daß sie etwas wußte.
    »Nein, können Sie nicht.«
    »Was?«
    Sie setzte sich wieder hin und unterzog den kleinen Sta-pel ruinierter Oreo-Kekse einer hochnotpeinlichen Prüfung. »Sie sollten doch auch Julies Geheimnis niemandem weitererzählen.«
    Julies Geheimnis? Was war - verflixt! Eilig suchte er eine Erklärung für den Verrat an Julie. »Solange sie lebte, sollte ich es nicht.«
    »Sie lebt doch. Sie hat jemanden geheiratet und wohnt in Minsk.«
    Melrose zermarterte sich das Hirn. Dann lächelte er. »Nein, nicht Julie - Madame Vronsky. Deren Mann Julie aus Versehen umgebracht hat. Julie hatte wahrscheinlich die ganze Zeit Angst, daß Madame Vronsky auf Rache sann.« Da sage noch einer, er könne keine Kastanien aus dem Feuer holen.
    Jip schluckte diese erneute Wendung der Dinge, indem sie sich einen abgelegten Schokoladenkeks einverleibte.
    Und Melrose kam auf das Geheimnis zurück, das zu bewahren er gerade feierlich geschworen hatte. »Erzähl mir von der Truhe.«
    Das Mißtrauen gegen seine unorthodoxe Erzählweise und die Bewunderung für ihn, den romantischen Fremden, schienen miteinander zu kämpfen. »Ich durfte nicht hineinschauen, aber ich habe es doch getan. Sie war voller alter Kleider, Unterröcke und Blusen. Die waren fleckig, und viele zerrissen. Ich hab mich gefragt, warum die überhaupt einer haben will. Es waren nur eine Menge alter Kleider und ein paar Laken und so Zeug und ein paar Bücher drin.«
    »Hast du die Geschichte darin gesehen, die angeblich von Poe ist?«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich kann mich nicht erinnern. Es waren beschriebene Seiten und alte Bücher, die so aussahen wie die, die wir für die Buchhaltung benutzen -« Sie schaute zur Ladentheke. »Aber an etwas anderes erinnere ich mich nicht.« Schulterzucken.
    Jip schien es nicht befremdlich zu finden, daß er all diese Fragen nach Beverly Brown und dem verdächtigen Manuskript stellte. »Und sie hat die Truhe und alles, was drin war, mitgenommen?«
    Sie nickte. »Und ich habe mich noch gewundert, warum sie den ganzen Plunder nicht aus der Truhe genommen hat, wenn sie nur die Truhe wollte. Die Taxifahrerin, sie und ich, wir mußten das Ding zu dritt zum Auto tragen, so schwer war es. Warum hat sie die ganzen Klamotten dringelassen? Viele Leute kaufen Truhen und bitten darum, daß man die Sachen rausnimmt. Sie wollen ja nur die Truhe.«
    »Das ist ein interessanter Aspekt.« Es sei denn, man wußte nicht genau, was für eine Geschichte über den Fundort des Manuskripts man auftischen wollte. Melrose erhob sich. »Ich muß gehen, Jip. Ich komme sonst zu spät zu meiner Verabredung.«
    Auch sie stand auf und fragte: »Und was ist mit Julie? Sie haben es gar nicht zu Ende erzählt.«
    »Ach so. Na, keine Bange. Ich komme wieder und erzähle die Geschichte zu Ende.«
    »Morgen?«
    »Ich versuche es, ja.«
    »Sie vergessen Ihr Buch!« rief sie hinter ihm her.
    Das alte Ding. Er ging zur Theke, nahm das Büchlein, das sie eingepackt hatte, und als er die Tür öffnete und das
    Glöckchen bimmelte, hörte er es »Im-meer« hinter sich schreien.
    Er fragte sich, wie es um den Erfolg des armen Poe bestellt gewesen wäre, wenn er einen Ära statt eines schwarzen Raben gewählt hätte.

Kapitel 14
    Melrose ging zum Admiral Fell Inn, holte seinen Stadtführer und Fenster und begab sich auf die Suche nach einem Taxi. Er war mit Ellen nicht vor zwei Uhr verabredet und fand, er könne sich bis dahin genausogut noch ein paar Sehenswürdigkeiten anschauen. Jury war in Philadelphia, und Wiggins machte sich einen schönen Tag im Johns Hopkins-Klinikum. Vielleicht ließ er sich ja eine Impfung verpassen.
    Taxis kamen keine vorbei. Endlich stieß er auf ein schwarzes, das an einer Ecke stand. Der Fahrer las Zeitung und rauchte eine Zigarette. Melrose klopfte mit seinem Spazierstock an die Scheibe, der Fahrer kurbelte das Fenster ein wenig herunter, blinzelte ihn von der Seite an und öffnete es kurz.
    »Jau.«
    »Machen Sie gerade Pause?«
    »Lese nur den Sportteil. Wo wolln Sie hin?«
    »Also, eigentlich habe ich eine gute Stunde und würde gern ein wenig von Baltimore sehen. Ich dachte, ich könnte es mit dem Taxi machen. Haben Sie ein, zwei Stunden
    Zeit?« Melrose schaute auf die Uhr. »Ich muß nicht vor halb zwei, zwei am Ziel sein. Johns Hopkins. Da möchte ich

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