Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Schwarzer mit Basketballstiefeln tänzelte cool zur Seite, als würden sie gerade auf dem Spielfeld bedrängt; ein ältlicher Mann fuchtelte mit den Armen und verlangte sein gutes Recht, unzählige weitere Besucher verstärkten die allgemeine Geräuschkulisse. Eine hübsche junge Frau kam, begleitet von einem Polizisten, heraus; eine weniger hübsche ging, ebenfalls mit einem Beamten, hinein.
    Die Zeugen waren in ständiger Bewegung, keiner schien glücklich darüber. Ihre Eskorten sahen noch weniger glücklich aus. Fahles Licht, müde Kriminalbeamte, keifende Zeugen - alles vertraut. Vertraut auch der Klang der lauten Stimme eines Beamten von irgendwoher, Jury konnte nicht sehen, woher. Er schrie wahrscheinlich eine der Insassinnen des Aquariums an, an dem Jury gerade vorbeigekommen war: »Verkaufen Sie mich hier nicht für blöd, meine Dame!« Dieser Satz kam in wenigstens sechs Varianten - die Worte wurden unterschiedlich betont, der Kraftausdruck war mal am Anfang, mal am Ende -, aber der Schreiende gab klar zu verstehen, was hier Sache war. Die Verhörraum-Inszenierung, dachte Jury lächelnd: ein Theaterstück, bisweilen so üppig ausgestattet wie ein West-End-Musical. Die Beamten spielten ihre Rolle, kannten ihren Text, der Zeuge oder Verdächtige spielte auch, allerdings ohne Textvorlage.
    Dann stürmte aus einer Tür hinter Jury auf einmal ein größerer, drahtiger Beamter heraus, flitzte an ihm vorbei, wie von allen Furien gehetzt, und schrie: »Hängt ihr Mord an! Vorsätzlichen!« Er hastete vorbei, drehte sich wieder um und rief: »Macht ihr Feuer unterm Arsch, wenn sie den Mund nicht aufkriegt!« Dann bog er direkt vor Jury ab und ging durch die Tür, die Jury gerade hatte öffnen wollen. Ausgestanzte Buchstaben verkündeten den Namen: PRYCE.
    »Jack Pryce?«
    Der Beamte drehte sich um und sagte: »Oh - hallo« in einem so wunderbar angenehmen Ton, daß Jury am liebsten gelacht hätte; nie wäre er auf die Idee gekommen, daß dieser Mann Zeugen, die es vorzogen zu schweigen, wilde Drohungen entgegenschleuderte. »Sie sind der Beamte von Scotland Yard? Kommen Sie herein.«
    Jury, der selbst ein bißchen »Feuer unterm Arsch« erwartet hatte, war erleichtert, daß er es offenbar doch nicht mit einem egozentrischen Ignoranten zu tun hatte, der weder Fotos noch einen Fetzen der sichergestellten Beweise herausrücken würde.
    »Sie arbeiten an einem Fall in Philly, stimmt’s?« Jack Pryce nahm ein paar Faxe, überflog sie und murmelte sich etwas über Scheiß-Florida in den Bart, noch ein paar Morde in Florida und der mutmaßliche Täter zuletzt in D.C. gesichtet worden. »Ist hier D.C.?« fragte er Jury, der Form halber.
    Dann legte er die Papiere beiseite, nahm einen Stift und knabberte daran entlang wie an einem Maiskolben. Pryces Büro war übersät mit Landkarten, Stadtplänen, Fotos, Luftaufnahmen. Sie waren ans Nachrichtenbrett gepinnt und auf seinem Schreibtisch und allen sonstigen verfügbaren Tischen ausgebreitet. Schwarzweißfotos von einem toten Mädchen. Nicht von Beverly Brown - der Fall war viel zu alt, als daß im Büro jetzt noch etwas davon zu sehen sein durfte. Diese Fotos waren von einem Mädchen, kaum älter als ein Kind.
    »Um genau zu sein, nicht in Philly.« Jury berichtete ihm über den Tod von Philip Calvert, über seine Gespräche mit Hester und dem Sheriff. Auf Pryces Frage nach der Verbindung konnte Jury nur den Kopf schütteln. »Die sehe ich leider auch nicht.« Er erzählte ihm von den Notizen, der Reihe Initialen, die Ellen Taylor in Beverly Browns Papieren gefunden hatte.
    »Ja, mit der haben wir gesprochen. Lehrt an der Hopkins?« Er zerrte Hefter aus dem Gemüll auf seinem Schreibtisch, blätterte Memos durch und fand, was er suchte. »Hab mit einer ganzen Blase an der Hopkins gesprochen, aber niemand schien wirklich eng mit ihr befreundet zu sein. Ich hatte den Eindruck, daß sie kaum gute Freunde hatte.« Pryce machte sich eine Notiz. »Ich rede noch mal mit Sinclair.«
    »Mit wem genau haben Sie gesprochen?«
    Pryce kaute am Bleistift, warf ihn hin, nahm einen anderen. »Hm, hier haben wir einen, der mit Vorsicht zu behandeln ist, meinen alle - er ist reich, hat Einfluß.« Worauf Pryce natürlich pfiff. »Er hat mit ihr geschlafen. Da er dort Teilzeit unterrichtet und sie Studentin war, weiß ich nicht, wie das höheren Ortes ankam, aber he, wen juckt’s? Er heißt Patrick Muldare. Dann der Professor an der Hopkins - Owen Lamb -, mit dem sie zusammengearbeitet hat

Weitere Kostenlose Bücher