Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
nickte. »Wir haben die Leiche einer Frau gefunden. Sie lag im Watt in dem Teil des Wash, der Fosdyke Wash heißt. Das ist das Gebiet, das dem Dorf Fosdyke am nächsten liegt. Der >Wash< ist, wie Sie wissen, eine seichte Bucht an der Küste von Lincolnshire und Norfolk. Solche seichten, weiten Buchten bilden das Gebiet zwischen Meer und Land, das einströmende Wassermassen aufnehmen kann. Sie verhindern Überschwemmungen, wenn auch nicht immer. Die Leiche wurde auf dem Sand gefunden. Sie lag mit dem Gesicht in einer kleinen Wasserpfütze. Sie war in die Brust geschossen worden.«
    »Mit was für einer Waffe?«
    »Einem Kleinkalibergewehr.«
    »Und nach Ihren Schlußfolgerungen gelangte das Opfer Verna Dunn -«
    »Mit dem Auto dorthin, ihrem eigenen Auto, einem Porsche. Weiter landeinwärts, vor dem Deich, haben wir die Reifenspuren gefunden. Der Mörder hat vermutlich die Leiche einfach liegengelassen und das Auto zurück nach Fengate gefahren. Das Auto«, fügte Bannen rasch hinzu, bevor Apted aufspringen konnte, »wurde jedenfalls gegen halb eins wieder am Ende der Einfahrt gesehen. Nach Aussage des Gärtners war es bewegt, das heißt von seinem ursprünglichen Platz entfernt worden.«
    »Und wäre es innerhalb von fünfzig Minuten möglich gewesen, diese Fahrt zu machen, das Opfer zu ermorden und nach Fengate zurückzukehren?« »Ja.«
    »Ein unwahrscheinlicher Ort für einen Mord, meinen Sie nicht?«
    »Ja, deshalb frage ich mich auch -«
    Diese Gedankenführung unterbrach Oliver Stant sofort. »Könnte eine Erklärung darin bestehen, daß -« Pete Apted sprang auf. »Euer Ehren, wir ziehen es vor, Erklärungen jedweder Art von dem Zeugen und nicht vom Herrn Staatsanwalt zu hören.«
    Der Herr Richter zog es auch vor.
    Stant formulierte die Aussage als Frage. »Warum wohl fiel die Wahl auf diesen Ort?«
    »Ich würde sagen, wegen der Gezeiten und des Treibsands. Sicher hätte die Flut die Leiche ins Meer gespült. Oder der Treibsand hätte dafür gesorgt, daß sie nie gefunden wurde. Aber beides geschah nicht.«
    »Die Beklagte hat zu Protokoll gegeben, daß sie Verna Dunn draußen in der Einfahrt verlassen und dann den öffentlichen Fußweg genommen hat, der an Fengate vorbei zu einem Pub namens Case Hase Altered verläuft.«
    Bannen nickte. Im Vorgriff auf die nächste Frage sagte er: »Das Pub ist circa anderthalb Kilometer von Fengate entfernt, eintausendvierhundertundsieben Meter, um genau zu sein.«
    »Die Beklagte behauptet, sie habe diesen Weg genommen, weil sie >sich die Wut ablaufen< und das Pub aufsuchen wollte. Finden Sie das plausibel?«
    Bannen gestattete sich den Anflug eines Lächelns. »Es ist nicht völlig unplausibel. Es war aber schon spät, und das Pub wäre geschlossen gewesen, bevor sie dort anlangte.«
    »Sie sagen, das Pub ist etwa anderthalb Kilometer -«
    »Etwas weniger, eintausendvierhundertundsieben Meter«, sagte Bannen eine Spur ungeduldig. Hatte er die korrekte Zahl nicht eben genannt?
    Oliver Stant nickte. »Gut, können Sie uns sagen, wie weit der Wash von Fengate entfernt ist?«
    »Vielleicht drei Kilometer.«
    Der Vertreter der Anklage fuhr fort: »Mr. Bannen, war Jennifer Kennington vorher schon einmal über den Fußweg zum Pub gegangen?«
    »O ja, meines Wissens ist sie zweimal mit den Owens dorthin gegangen. Das zweite Mal war noch an dem Nachmittag vor dem Mord, und zwar nach dem Lunch, hat sie - Lady Kennington - mir gesagt. Die Owens haben das bestätigt.«
    »Die Beklagte wußte also, wie weit es war und wie lange es dauerte, zum Pub zu gelangen?«
    »Vermutlich ja. Zumindest, was die Zeit betrifft. Wenn man nicht zu schnell läuft, dauert es etwa zwanzig Minuten. Auf die Sekunde genau zu beurteilen, wie lange eine bestimmte Person dorthin braucht, ist nicht möglich.«
    Melrose hörte zu, wie Bannen die Ereignisse des Abends beziehungsweise der Nacht schilderte und der Reihe nach berichtete, was die Kripo unternommen hatte. Ein idealer Zeuge. Ruhig, systematisch, unbeeindruckt von seiner Umgebung und sich selbst. Melrose vermutete, daß Bannen nur in dem Moment beeindruckt war, wenn er auf die Wahrheit stieß. Und irgend etwas sagte Melrose, daß der Chief Inspector in diesem Fall nicht sicher war, ob er schon darauf gestoßen war. Melrose wandte seine Aufmerksamkeit Jenny zu, die auf der Anklagebank saß. Er spürte eine Abwesenheit: ihre Abwesenheit. Sie war da, aber auch nicht da. Als sei sie nur rasch hiergewesen und habe in einem Atemzug guten Tag und auf

Weitere Kostenlose Bücher