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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Blässe. Trevor wirkte nüchtern und ernst, als sei er kein Mann großer Worte. Eigentlich umfaßte sein Repertoire nur drei - »Ay«, »Nein«, »Nichts« -, und derer bediente er sich sparsam. Doch mit seinem kümmerlichen Vokabular schaffte er es durchaus, zu vermitteln, daß er sich nicht von irgendwelchen dahergelaufenen Bullen einschüchtern ließ, selbst wenn sie ihm die Pistole auf die Brust setzen würden. Sie konnten ihn mal kreuzweise.
    Jury sah, wie er den Finger anfeuchtete, eine Seite umblätterte und weiterlas. »Sie wissen, daß Ihre Tochter - Dorcas - doch nicht schwanger war?«
    Trevor ließ das Buch ein wenig sinken, behielt es aber in der Hand. »Ay.«
    Die »Ays« kamen in verschiedenen Tonqualitäten, in diesem Fall mißtrauisch, als sei Jury hier, um alles wieder aufzurühren und ihm zu erzählen, der Zustand der armen Dorcas werde in den Daily News verkündet.
    »Gehen Sie auch manchmal in den Case?«
    Die Überraschung gelang. Trevor stutzte und ließ das Buch auf den Schoß sinken. »Ay.«
    »War Dorcas in jemand Bestimmten vernarrt? In einen von den Gästen dort?«
    Trevor schürzte die Lippen und schien darüber sogar ein wenig nachzudenken. Seine Antwort überraschte Jury. »Ay. Diesen Price.«
    »Der in Fengate wohnt?«
    »Ay.« Hatte er das nicht gerade gesagt? Trevor schüttelte den Kopf und griff wieder zu dem Buch.
    »Woher wußten Sie denn, daß sie Jack Price mochte?«
    »Na, woher schon? Sie hat geflirtet.« Zur Verdeutlichung veranstalteten seine Augenbrauen ein witziges kleines Tänzchen. Dann begab er sich wieder an seine Lektüre, leckte einen Finger an und blätterte die Seite um. Sein Tonfall war seltsam melodisch. Die Sätze schwangen am Ende nach oben, als käme er aus Irland, doch die gekappten Konsonanten und vollen Vokale erinnerten an einen alten Bewohner der Fens.
    Vi geriet nun so in Wut, daß sie in ein Kissen auf ihrem Schoß boxte. »Jetzt komm schon, Da! Du weißt mehr, als du zugibst. Und kannst du bitte mal das Buch weglegen, meine Güte!« Sie wandte sich an Jury. »Da liest wahnsinnig gern. Im Winter liest er uns manchmal vor. Mum backt was zum Nachtisch, Bratäpfel oder Kuchen, und wenn es fast fertig ist, macht sie die Ofentür auf, und wir setzen uns alle davor und hören Da zu. Dorcas hat das auch oft gemacht. Sie hatte eine sehr schöne Stimme zum Vorlesen, wirklich. Sehr angenehm für die Ohren.«
    Diese hübsche Beschreibung einer Familienidylle überraschte Jury. »Sie haben sich laut vorgelesen? Daß es so was noch gibt!«
    Vi wiederholte ihre Worte von vorher. »Da! Los. Ich wette, du weißt was, was du nicht sagst.«
    »Also, Mädchen, komm du nicht her und erzähl mir, was ich weiß und was ich nicht weiß.«
    Kopfschüttelnd über soviel Sturheit, stand Vi auf. »Also, ich esse jetzt.«
    Da Trevors Antwort aus einem vollständigen Satz bestanden hatte, beschloß Jury, sein Glück weiter zu versuchen.
    »Hat sie sich sonst noch jemandem gegenüber auf diese besondere Weise verhalten, Mr. Reese?«

Wieder bedachte der Mann die Antwort, entschied sich aber für ein »Nein«.
    »Hören Sie, ich weiß, daß auch Sie herausfinden möchten, wer Ihre Tochter umgebracht hat -«
    Jetzt kam das Buch aber herunter. »Mann, Sie haben keine Ahnung. Meinen Sie, wir wollen immer wieder daran erinnert werden, wenn wir mit Ihnen und Ihresgleichen reden?«
    »Nein, das meine ich nicht. Aber sind Sie nicht gezwungen, immer und immer wieder und viel mehr daran zu denken, wenn der Mord an Dorcas nicht aufgeklärt wird?«
    Darauf antwortete Trevor nicht. Er zuckte mit den Schultern und hob das Buch wieder hoch.
    »Hat Jack Interesse für Ihre Tochter bekundet?«
    »Der nicht. Der redet nicht viel. Bleibt für sich. An dem sollten sich andere ein Beispiel nehmen.« Sein unglücklicher Blick deutete an, daß so jemand hier in seinem Wohnzimmer saß.
    »Haben Sie sie einmal zusammen gesehen?«
    Er holte tief Luft. »Ja, natürlich. Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, daß -«
    »Ich meine nicht im Pub. Ich meine, ob sie manchmal zusammen nach Fengate zurückgegangen sind?«
    Er schürzte die Lippen und überlegte. »Hm, kann sein, ich glaube, ja. Sie hatten ja denselben Weg, warum also nicht?«
    »Sind Sie ganz sicher, daß es nicht noch jemand anderen gab?«
    Diesmal legte Trevor das Buch beiseite. »Also, ich will ja über meine eigene Tochter nichts Schlechtes sagen. Aber Dorcas, sie ... die Burschen waren einfach nicht so hinter ihr her. Ich sage es nicht gern, aber

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