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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Ich sitze praktisch am gedeckten Tisch, wenn ich will sogar mit ein paar Flaschen Wein in einem kerzenbeleuchteten Speisezimmer. Die Owens sind einfach großartige Menschen. Das war Max schon immer, aber Grace auch. Stellen Sie sich doch nur vor, da muß die frisch vermählte Gattin als Teil des Ehevertrags einen erwachsenen Neffen mit in Kauf nehmen.«
    »Nicht das übliche, stimmt. Aber Sie waren, wie Sie sich ausdrücken, auch >Teil des Vertrags<, als Max Verna Dunn geheiratet hat. Und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie keine Grace war.«
    Jack Price lachte. »Da trügt Sie Ihr Eindruck nicht. Mit Verna gab es ständig Probleme. Daß Max es so lange mit ihr ausgehalten hat, beweist nur, wie unverwüstlich er ist - na, eigentlich, wie nett er ist.«
    Obwohl Melrose befürchtete, daß seine Fragen für jemanden, der hier nur als Antiquitätengutachter fungierte, langsam etwas weit gingen, fuhr er fort: »Außerdem habe ich den Eindruck, daß die Dame ein bißchen, hm, nicht gerade sehr tugendhaft war. Hat sie es auch mal bei Ihnen versucht?«
    Wieder lachte Price. »Natürlich. Ich glaube, der einzige Mann hier, den sie ausgelassen hat, ist der alte Suggins.«
    Melrose hätte Jack Price gern direkt gefragt, ob er Verna Dunns Gunst erwidert habe, aber er unterließ es diskret. Die Sonne war mittlerweile so hell, daß sie die Riedgräser mit Glanz überzog und sich in dem glatten Wasser des Kanals widerspiegelte. Bis auf die Männer und die Pferde, die mit aller Kraft an dem schweren Baumstamm zerrten, war das flache Land, so weit Melrose schaute, menschenleer. Als hörte hier die Zivilisation auf.
    Melrose versuchte es anders herum, mit der Tatsache, die in Fengate mittlerweile allgemein bekannt war. »Komisch, die angebliche Schwangerschaft dieses Mädchens, finden Sie nicht auch?«
    Jack Price trat zur Seite, als werde ihm nun unbehaglich. »Also, ich war überrascht, obwohl mir das einige Leute nicht abnehmen würden.« Er deutete mit dem Kopf über den Weg hinaus. »Die Stammgäste im Case meinen bestimmt, daß ich für die Rolle des Vaters vorgesprochen habe. Die Kleine hinterm Tresen allemal.«
    »Na, dann haben sie Sie doch sicher auch für eine andere Rolle vorgeschlagen, die des Mörders.«
    »Aber ja doch. Das Gerücht schwirrte vermutlich sowieso rum. Dorcas war bestimmt in mich verliebt. Und bestimmt hatte sie einen Mann, den großen Unbekannten. Und da glaube ich, bin ich als Kandidat genauso geeignet wie jeder andere. Entschuldigung, offenbar kommen sie dort nicht so recht voran.« Er ging wieder zu den Männern und den Pferden.
    Melrose mußte an eine archäologische Fundstätte denken.
    »Gehen Sie zur Jagd?« fragte er, als Price zu ihm zurückkam.
    Der reagierte verblüfft. Dann antwortete er lachend: »Selten. Ich mache mir nicht viel daraus. Wenn Sie aber wissen wollen, ob ich eine Knarre laden, anlegen und abfeuern kann, dann lautet die Antwort: Ja. Doch habe ich geladen, auf Verna angelegt und gefeuert? Nein.«
    »Ach, das wollte ich eigentlich -«
    »Doch, das wollten Sie schon wissen.«
    Melrose war klar, er hatte eine Frage zuviel gestellt. Um zu demonstrieren, wie harmlos er war, fügte er hinzu: »Verzeihung, ich wollte nicht neugierig sein. Egal, ich fahre heute sowieso zurück nach North-, nein, nach London. Ich habe hier getan, was ich konnte, und bei Christie's ist eine Versteigerung, an der ich interessiert bin.«
    Einen Moment lang schwieg Jack und beobachtete die beiden Männer mit dem Baumstamm. Dann sagte er: »Und Jenny ist eine Freundin von Ihnen?«
    Melrose stutzte bei dieser Wendung des Gesprächs, besonders weil Jack einen vorher nicht erkennbaren vertraulichen Ton angeschlagen hatte. »Genau genommen keine Freundin. Eher eine Bekannte. Warum?«
    »Für sie sieht's nicht allzu rosig aus, was?«
    Wieder war Melrose überrascht, weil Jacks Stimme eindeutig niedergeschlagen klang. »Nein, wahrlich nicht.«
    Jack nahm den Zigarrenstummel aus dem Mund und warf ihn in das nasse Gras zu seinen Füßen. »Schade, daß Sie schon abfahren.« Dann ging er zu der Mooreiche. Und Melrose stand da und fragte sich, ein wie guter Freund Jack Price gewesen war.
    Melrose wußte nicht, ob Max Owens Freund Parker ihnen weiterhelfen konnte, ja nicht einmal, ob er bereit war, mit ihm über den Fall zu sprechen. Aber da Zel gesagt hatte, daß Dorcas Reese in dem Haus verkehrt hatte, und zwar häufiger, fand er, er könne genausogut noch versuchen, es herauszufinden, bevor er nach

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