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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ihre Schrubberei und langte in den Ausschnitt des Pullovers, um einen Träger zu richten.
    »Dann kannten Sie Dorcas Reese?«
    Sie antwortete erst, als sie den schmuddeligen grauen Lappen wieder in Bewegung gesetzt hatte. »Und was wäre, wenn?«
    »Wenn - dann könnten Sie uns helfen, Mädchen.« Jury hielt ihr seinen Ausweis unter die Nase, was sie als feindlichen Akt hätte empfinden können, wenn es nicht von seinem entwaffnenden Lächeln begleitet gewesen wäre. »Dorcas hat stundenweise hier gearbeitet, stimmt's? Wie Sie.« Die Andeutung, daß das Schicksal der einen auch die andere treffen könnte, schien geradezu in der Luft zu schweben.
    Das Mädchen schluckte heftig und wurde noch blasser. »Ich mache Ihnen Ihre Getränke.«
    Als sie zu den Zapfhähnen ging, betrachtete Jury ihre extravaganten Strumpfhosen. Ein Muster aus schwarzen Ranken und Blättern schlängelte sich ihren Oberschenkel hinauf und verschwand unter dem Mini. Im Nu kam sie mit dem Lager und der Pepsi zurück. Langsam war sie nicht. Sie stellte ihnen die Gläser hin, erklärte hochmütig, sie habe noch weitere Gäste zu bedienen, und trollte sich zum anderen Ende des Tresens, wo zwei Männer saßen, die schon die ganze Zeit mit ihren Gläsern gebummert hatten, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sie rief »Ian« zu, er könne sie mal.
    »Ganz schön schnippisch, meinen Sie nicht auch, Sir?«
    »Macht nichts. Sie will uns bestimmt nur zeigen, daß sie hier Heimvorteil hat.« Jury trank sein Lager und las den alten Zeitungsausschnitt, der an die Wand gepinnt war. Er stammte aus dem Januar 1945 und zeigte Fotos vom Ouse und Welland, die über die Ufer getreten waren und das Land, so weit das Kameraauge reichte, unter Wasser gesetzt hatten. Auf einem anderen Foto war die winzige Stadt Market Deeping abgebildet, deren Straßen sich in Flüsse verwandelt hatten. Als Jury die Unterschriften las, ertappte er sich dabei, daß er vor sich hin schmunzelte. Worüber amüsierte er sich? Eine solche Überschwemmung bedeutete doch für die Bewohner große Schwierigkeiten, wenn nicht eine Katastrophe. Vielleicht war er bloß erleichtert zu sehen, daß sich die Natur wieder einmal gegen die Menschheit durchgesetzt hatte.
    Da war das Mädchen zurück. Trotzig verschränkte sie die Arme vor der Brust und studierte ihre abgebissenen Fingernägel.
    »Wie heißen Sie, meine Liebe?« fragte Jury lächelnd.
    »Julie. Rough«, antwortete sie barsch. Als sie sah, daß Sergeant Wiggins sein Notizbuch zückte, fügte sie hinzu: »R-o-u-g-h. Eigentlich heiße ich Julia. Sie wissen schon, wie in >Romeo und<.«
    Der Name paßte zu dem Gesicht wie die Faust aufs Auge. Julie Rough hatte absolut nichts Tragisches.
    »Alter?« fragte Wiggins.
    Man sah förmlich, wie sie sich die Antwort überlegte. »Weihnachten werde ich einundzwanzig. Ich bin zwanzig, wenn Sie es genau wissen wollen.«
    Achtzehn, allerhöchstens, wettete Jury. »Dann erzählen Sie uns mal, was Sie über Dorcas Reese wissen, Julie.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Hab sie hin und wieder gesehen. Beim Einkaufen und so. Manchmal haben wir auch einen Kaffee oder Tee im Berry Patch getrunken. Das ist ein Café in Kirton.«
    Am anderen Ende des Tresens standen drei Männer, ein alter und zwei jüngere, deren Gebaren sofort verriet, daß sie Einheimische waren. Fasziniert von den Fremden, rissen sie den Mund auf und gafften. Jury fragte Julie, wer sie seien.
    »Die? Ach, das sind der alte Thomas und Ian und Malcolm. Die sind immer hier, die drei.«
    Jury bat Wiggins, sich mal mit diesen Gästen zu unterhalten und mit Ian oder Malcolm anzufangen. Wiggins machte sich auf den Weg. Ansonsten waren nur eine grauhaarige Frau, die offenbar ein Pferdewettformular studierte, und ein Darts werfender Bursche anwesend.
    »Hat Dorcas manchmal über sich selbst gesprochen?«
    »Doch schon, ab und zu. Sie hat drüben in Fengate gearbeitet. Aber das wissen Sie ja sicher schon.«
    »Erzählen Sie mir, was Sie darüber wissen.«
    »Ich weiß, daß ihr das ganze Schnibbeln und Schälen nicht sonderlich gefiel. Aber die Dame, die mochte sie wahnsinnig gern.«
    »Die Köchin?«
    »Nein.« Julie verzog das Gesicht. »Mrs. Owen. Sie nannte sie Grace, aber wahrscheinlich nicht, wenn sie mit ihr persönlich sprach.«
    »Was ist mit den anderen? Max Owen und Jack Price?«
    »Also, über Mr. Owen hat sie nie gesprochen. Er war ja auch zu selten da, als daß sie sich großartig mit ihm hätte unterhalten können. Und Jack Price, der ist

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