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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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    Armee der Vereinigten Staaten, 1915
    In unserem Land ist kein Platz für Halbamerikaner.
    Theodore Roosevelt, 1915
68. IN BELGIEN
    Die heiße Morgensonne sprenkelte die Bäume. Gelber Blütenstaub trieb durch die Luft. Paul nieste, als er den Milchkarren ins Unterholz lenkte, wo man ihn von der Straße aus nicht sehen konnte. Der alte Ackergaul, der den Karren zog, warf den Kopf herum und schnaubte, als sei er froh, ausruhen zu können.
    Sammy schraubte die Moy-Kamera auf den Dreifuß; Paul überprüfte das Magazin. Die Männer hatten sich eine Woche lang weder rasiert noch gewaschen und stanken zum Himmel. Beide trugen Baskenmützen und blaue Kittel. Nur zu den Holzschuhen, die auch hier auf dem Lande üblich waren, hatte Paul »Auf keinen Fall« gesagt.
    Sie hatten in einer Scheune in der Nähe eines wenige Kilometer östlich gelegenen Dorfes übernachtet. Als sich Sammy schlafen legte, sagte er: »Das Mädchen, dem der Hof gehört, ist bildhübsch.« Paul grunzte. Er hatte sie gar nicht wahrgenommen, er dachte nur an Julie.
    Bei Tagesanbruch wurde er vom Geräusch eines Motorwagens geweckt. Er rannte in den Hof hinaus und sah einen wunderschönen beigen Bugatti, dessen Chauffeur mit dem Mädchen um Brot und Milch feilschte. Paul schaute durch das offene Fenster in das Wageninnere und sah einen älteren Diener in Livree mit Silberknöpfen, der neben seiner Herrin saß. Er klopfte an die Scheibe. Der Diener kurbelte das Fenster ganz herunter. Auf französisch fragte Paul nach Neuigkeiten aus Liège.
    »Gestern nacht ergeben. Alle als uneinnehmbar geltenden Festungen sind gefallen. Hinter uns kommen Tausende. Bitte treten Sie zurück, Sie stören die Gräfin.«
    Jetzt hörte Paul die Flüchtlinge auch schon. Sie kamen durch das Unterholz. Achsen ächzten, Pferde wieherten, Hühner gackerten. Dazu das monotone Geräusch schleppender Füße und gelegentlich das Aufheulen eines Autos, das über die Banketten fuhr, um die anderen hinter sich zu lassen, zu überholen, wegzukommen.
    »Du kannst hierbleiben, wenn du willst«, sagte Paul zu Sammy.
    »Nicht um alles in der Welt, Chef. Man is’ schließlich nicht jed’n Tag in so ’n großen Krieg.«
    Paul stemmte sich das Stativ auf die Schulter. »Dann los.«
    Es war Montag, die dritte Woche im August. Der Krieg war drei Wochen alt.
    Der erste August, der Tag, an dem der Kaiser dem Zaren den Krieg erklärt hatte, hatte wie ein umfallender Dominostein eine Kette von Ereignissen ausgelöst. Am dritten August erklärte Deutschland Frankreich den Krieg. Am Tag darauf übte Großbritannien Vergeltung, indem es Deutschland den Krieg erklärte. Eine Sondereinheit des deutschen Heeres stieß über die belgische Grenze vor, ungeachtet der Neutralität dieses Landes.
    Die Deutschen kesselten Liège ein und zerbombten die aus Eisen und Beton errichteten Verteidigungsfestungen der Stadt. Nachdem Liège gefallen war, konnte die deutsche Armee auf Brüssel und auf Paris vormarschieren. Das war General Schlieffens Schlachtplan aus dem Jahr 1895, der jetzt endlich zur Ausführung kam.
    Am sechsten August, einem Donnerstag, verabschiedete sich Paul von Julie und den Kindern. An diesem Tag wurde die offizielle Stellungnahme Washingtons zum Krieg in Europa über den Atlantik gekabelt. Die Vereinigten Staaten würden strikte Neutralität wahren. Amerikanische Bürger dürften nicht in den Armeen der kriegführenden Nationen mitkämpfen. Amerika werde keine Kriegsschiffe liefern, weder der einen noch der anderen Seite. Onkel Joe wird sich über die Neutralität freuen, dachte Paul. Der General hatte noch immer eine starke Gefühlsbindung an sein altes Vaterland, Paul nicht.
    Er und Sammy überquerten den Kanal, gingen in Ostende an Land und reisten ohne Schwierigkeiten nach Brüssel weiter. Auf ihrem Weg wurden sie Zeugen der Mobilmachung der belgischen Armee. Die Belgier waren mutig, aber schlecht ausgerüstet. Paul filmte eine Kompanie Kanoniere beim Exerzieren; die Kanonen wurden von großen Hunden gezogen. Er drehte einige Meter, bis ein belgischer Offizier damit drohte, die Kamera zu zertrümmern, wenn er nicht verschwände.
    In Brüssel besorgte ihnen der amerikanische Botschafter Whitlock einen laissez-passer, mit dem sie sich ungehindert überall bewegen konnten. Dieser Passierschein und ihre Pässe waren die Garantie für ihre Sicherheit. So sollte es zumindest sein.
    In einem Café auf dem Boulevard Waterloo traf Paul seinen alten Kollegen Richard Harding Davis, aber auch

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