Fremde Federn
machen, wenn sie dich .?«
»Mich hängen. Der Mann war Polizist, ein Texas Ranger.«
»O mein Gott.« Sie mußte alle Kraft aufbieten, um nicht die Nerven zu verlieren. »Laß uns zurückfahren.« Er widersprach nicht.
Die Fahrt zum Picknick war zauberhaft gewesen, kribbelnd vor Aufregung, Erwartung, Hoffnung, daß er sie dort draußen lieben würde. Die Rückfahrt war höllisch lang. Keiner sagte ein Wort. Noch nie in ihrem Leben war sie so aufgewühlt, so enttäuscht und, ja, so zornig gewesen.
An einer Ecke auf dem Sunset Boulevard sahen sie einen Zeitungsverkäufer, der seine Zeitungen anpries. Ungewöhnlich spät für einen Sonntagabend. Ein paar Straßen weiter sagte Loy: »Da ist ja wieder einer. Was schreit er?«
»Ich verstehe kein Wort.«
Der Zeitungsverkäufer hatte eine kleine Menschenmenge um sich versammelt. Einer nach dem anderen bezahlte eine Zeitung, jeder überflog die Schlagzeilen ohne sichtbare Gefühlsregung. Der Zeitungsverkäufer setzte wieder an, sein Blatt auszurufen.
»Muß eine Extraausgabe sein. Ich hole eine.«
Er lenkte den Ford vor einem geschlossenen Barbiergeschäft an den Randstein, stieg aus, schlenderte zur Ecke, erstand eine Zeitung. Nach einem kurzen Blick auf die Titelseite schritt er schnell zum Auto zurück.
»Jetzt ist passiert, wovon seit Wochen die Rede ist. Kaiser Wilhelm hat Rußland den Krieg erklärt.«
Ein neuer Krieg, in den Deutschland verwickelt war - sie fragte sich, wie ihr Vater das aufnehmen würde. Loy trat auf das Trittbrett und gab ihr die Times, während er sich setzte.
VIER MÄCHTE IM KRIEG,
FRANKREICH MACHT MOBIL
ERSTER SCHUSSWECHSEL IM DEUTSCH-RUSSISCHEN
KRIEG
Mobilmachung in Frankreich wird von der Bevölkerung mit Begeisterung begrüßt
Deutscher Kaiser unerschrocken mit dem Rücken an der Wand
Immer noch benommen von Loys Enthüllungen, ließ Fritzi die Zeitung auf den Schoß sinken. Der Gedanke an einen Krieg, der Jahrzehnte des Friedens in Europa zunichte machen sollte, war erschrek-kend. Der General hatte seine Kinder gelehrt, daß ein Krieg, auch wenn er unter Umständen notwendig sein sollte, nie ein heiliger Kreuzzug war, der in strahlendem Sonnenschein ausgetragen wurde, sondern ein schmutziges, grauenhaftes Gemetzel, das Leben vernichtete, Träume zerstörte und wie eine Teufelsklaue seine Spuren selbst bei denen hinterließ, die ihn überlebten.
Loys Augen folgten einem offenen Bus voller Touristen auf Stadtrundfahrt, richteten sich dann auf die Lichter von Santa Monica, die im schwindenden Licht in weiter Ferne lagen, und schließlich auf einen Punkt, den sie nicht ausmachen konnte. Das Zittern in ihrer Stimme erschreckte sie:
»Hoffentlich hat es nichts mit uns zu tun.«
»Ich wüßte nicht wie«, gab er zurück, als er den Gang einlegte, um loszufahren.
In Venice sah Fritzi einen Papierfächer, der sich auf der dunklen Vorderveranda bewegte; die Hongs saßen draußen. Loy machte Anstalten, auszusteigen und ihr aus dem Auto zu helfen.
»Ich gehe alleine rein.«
»Okay. Vielleicht sehe ich dich, wenn ich zurück bin.«
»Wohin geht’s diesmal?«
»Arizona. Für einen Monat, vielleicht länger. Ince hat mich für einen Mehrteiler eingestellt, in dem nicht viele Pferde vorkommen.«
»Viel Glück.«
Er streckte die Hand nach ihrem Arm aus. »Fritzi ...« Sie öffnete die Tür und rannte den Weg zur Veranda hinauf. Der Ford verschwand knatternd in der Dunkelheit.
Mrs. Hongs Schaukelstuhl knarrte. Mr. Hong sagte: »Ein böser Tag. Haben Sie die Nachrichten gehört?«
»Ja. Schrecklich«, pflichtete Fritzi ihm bei, obwohl sie an etwas ganz anderes dachte.
Die Vereinigten Staaten sind heute in der gleichen Lage, in der die Universität Harvard wäre, hätte sie einen guten Footballspieler von hundert amerikanischen Pfund und einen Ersatzspieler von an die hundertzwanzig Pfund, beide zudem schlecht trainiert. Ersterer steht für die Armee, der zweite für die Bürgerwehr. Man weiß, es steht ein Spiel gegen eine erstklassige Mannschaft bevor, die genau zu dem Zeitpunkt die beste Kondition haben wird und jede Position mindestens fünffach besetzt hat. Niemand weiß, wann das Spiel beginnt, aber wir wissen, daß es eines Tages losgeht, und schlimmer noch, daß wir nicht darauf vorbereitet sind . Wir sollten unser möglichstes tun, um die schlafende Öffentlichkeit aufzuwecken, denn ich versichere Ihnen, daß der Ernst der Lage gar nicht überschätzt werden kann.
General Leonard Wood,
TEIL SECHS - Schlacht
Weitere Kostenlose Bücher