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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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umarmte ihren Sohn und ermahnte ihn, leise zu sein - ganz besonders, als er den Endpfosten des Geländers derart anrempelte, daß er heftig wackelte.
    Fritzi winkte Carl gähnend von der Tür ihres Zimmers aus zu und versprach, ihn gleich am Morgen zu begrüßen. Joey machte sich nicht die Mühe aufzustehen.
    Jedes Jahr, wenn die Crowns ihren Hochzeitstag mit einem großen Fest feierten, wies der General Geschenke seiner Gäste eisern zurück, aber von seinen Kindern ließ er sich gern beschenken. Fritzi mußte ihre noch kaufen. Sie bat Carl, sie zu begleiten. Der hatte das beste Geschenk, das er sich leisten konnte, bereits eingepackt - ein billig gerahmtes Photo von sich, aufgenommen vor einem klapprigen Flugzeug, an dessen Tragflächen ganz eindeutig Einschußlöcher zu erkennen waren.
    Bei Loop wurde ihnen deutlich vor Augen geführt, daß die große deutschamerikanische Bevölkerung Chicagos keineswegs neutral war, was den Krieg betraf. Ein Straßenhändler auf der State Street verhökerte Blechimitationen des Eisernen Kreuzes. Im Fenster eines Musikgeschäfts waren Columbia-Grammophonplatten mit patriotischen deutschen Liedern ausgestellt.
    »Pa wird es nicht gefallen, daß ich für die andere Seite fliege«, meinte Carl ernst.
    Sie waren schon eine Stunde lang beim Einkaufen, und Carl klagte wiederholt, er brauche noch eine Tasse Java, um richtig aufzuwachen. Schließlich erstand Fritzi eine hübsche Uhr. Das lackierte Gehäuse war dreiundsechzig Zentimeter hoch und reich verziert - sehr deutsch. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihrem Vater gefallen würde, aber ihre Mutter konnte sie bestimmt brauchen. Ilsa führte einen ordentlichen Haushalt, und in jedem Zimmer stand mindestens eine Uhr.
    Fritzi war gerade dabei zu bezahlen, da fiel ihr etwas ein: Ilsa war Ende Sechzig, ihre Sehkraft hatte stark nachgelassen. »Ich habe mich anders entschieden. Ich nehme diese da.« Die Uhr war identisch mit der zuerst gewählten, nur waren Zifferblatt und Zeiger größer.
    »Macht zwei Dollar mehr«, meinte der Verkäufer.
    »Gut, packen Sie sie ein.«
    Im Kaffeehaus Fort Dearborn in der Wabash Avenue bestellte Fritzi Tee und Gebäck, Carl einen doppelten Kaffee. Er knöpfte seinen Mantel auf und ließ den roten Schal über sein Hemd hängen. Das unschöne Teil war mindestens einen Meter lang, an den Enden ausgefranst und hatte alle möglichen Flecken. Schließlich siegte Frit-zis Neugierde, und sie fragte: »Wo hast du dieses alte Ding her?«
    »Von Tess, dem Mädchen in Detroit. Ich habe dir von ihr erzählt.«
    Sie hörte den Ernst in seiner Stimme. »Sie hat dir viel bedeutet, wie?«
    »Tut sie immer noch.«
    »Aber du hast sie verlassen.«
    Er nickte wortlos.
    Fritzi rieb sich die Hände, um die Krümel abzustreifen. »Weißt du, was das für eine Frau bedeutet?«
    »Wie sollte ich?«
    »Natürlich, wie auch. Ich will es dir sagen, weil ich nämlich in einen Mann verliebt bin, der auch so ein Vagabund ist wie du.« Mit großer Eindringlichkeit und mit überraschender Erleichterung erzählte sie ihm von Loy Hardin, von ihren Gefühlen für ihn und davon, wie er sich jedesmal zurückzog, wenn sie ihm näherkommen wollte.
    »So etwas bringt einen Menschen um, Carl. Man kann nicht mehr schlafen, nicht mehr arbeiten ...« Sie war wütend, weil es nun zwei Männer in ihrem Leben gab, Loy und ihren Bruder, die eine Bindung verweigerten, ohne an die Konsequenzen zu denken. Diese Wut färbte ihre Stimme, als sie es mit einem anderen Ansatz probierte:
    »Erinnerst du dich, wie du als kleiner Junge durchs Haus gerannt bist und manchmal Dinge zerbrochen hast? Ich erinnere mich an eine Uhr, an einen Stuhl und an die Marmorplatte auf dem Waschtisch - du warst natürlich zu klein, um den Schaden wiedergutzumachen. Damals mag es in Ordnung gewesen sein, einfach wegzulaufen und Papa oder den Dienstboten die Reparatur zu überlassen. Aber heute kannst du nicht durch deine Ungeschicklichkeit einem anderen Menschen weh tun und dann einfach weggehen, ohne die Verantwortung zu übernehmen. Weißt du, wo Tess wohnt?«
    »Soviel ich weiß, noch immer in Detroit.«
    »Dann fahr zu ihr, Carl. Mach es, bevor du in dieses gefährliche Frankreich gehst. Das hat sie verdient - einen Besuch. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin in der gleichen Lage wie sie.«
    Sekunden verstrichen. Die Kellnerin legte die Rechnung auf den Tisch. Fritzi streckte die Hand danach aus. Carl betrachtete das ausgefranste Ende des Schals. Dann hob er den Blick und sah

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