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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Fernglas oder was Ähnlichem gespiegelt.«
    »Meine Kamera ist dort oben«, sagte Paul. »Ich mache Filme für Filmtheater.«
    »Kino.« Der Unteroffizier lächelte kurz. »Bringen Sie sie runter«, befahl er Sammy.
    Sammy verstand kein Deutsch. Paul wiederholte den Befehl auf englisch. Sammy hob zu sprechen an. Paul starrte ihn nur an. Sammy schluckte und hechtete die Leiter hinauf.
    »Sie haben gefilmt, was sich auf dem Feld abspielte?« Paul nickte. »Sie muß zerstört werden«, sagte Kinder zu einem seiner Männer. Der Soldat trug die Kamera aus der Scheune, bis sie ihn nicht mehr sehen konnten. Paul zuckte zusammen, als er hörte, wie der Holzkasten zersplitterte.
    »Da Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika sich nicht im Kriegszustand befinden, bin ich verpflichtet, Sie höflich zu behandeln. Aber ich rate Ihnen, die Gegend unverzüglich zu verlassen. Ein weniger gewissenhafter Offizier hätte vielleicht kurzen Prozeß mit Ihnen gemacht.«
    »Ich verstehe.«
    »Wenn Sie hier noch einmal aufgebracht werden, werden Sie unverzüglich erschossen.«
    »Ja, wir gehen.« Paul grub die Fingernägel in seine Handflächen. Sie waren fast schon frei. Fast aus der Falle.
    Er dachte an den im Heu versteckten Film und verständigte sich mit Sammy durch einen Blick. Nebeneinander schritten sie durch das Scheunentor nach draußen. Sammy sah aus, als würde er gleich vor Zorn platzen. Vorsichtig legte Paul einen Finger auf die Lippen, den Rücken auch weiterhin der Scheune zugewandt. Er ging schnell, aber ohne zu rennen. Jeden Moment rechnete er mit einer Kugel im Rük-ken. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie sich schwarze Vögel mit starren Flügeln über das Fleisch der Toten hermachten.
    Als sie das andere Ende des Feldes erreicht hatten, wagte Paul einen Blick über seine Schulter. Unteroffizier Kinder und seine Männer marschierten in Richtung Dorf.
    Paul drängte weiter, auf eine niedrige Steinmauer zu, mit der ein Bauer sein Feld eingezäunt hatte. Dort sagte er leise: »Es ist alles in Ordnung, Sammy, sie sind weg.«
    Noch nie hatte er Sammys Gesicht so verzerrt gesehen. Sammy trat gegen die Steinmauer. »Diese verdammten Hurensöhne. Diese Wilden.«
    »Hunnen. Das ist der Ausdruck, den ich im Dorf gehört habe.« Sammy blickte ihn verständnislos an. »Wie Attilas Horden.« Sammy begriff immer noch nicht. Er legte beide Hände auf die Steinmauer und ließ den Kopf sinken, erschüttert von soviel menschlicher Grausamkeit.
    »Es ist ein Glück, daß sie dich nicht gehört haben, sonst wären wir tot.«
    »Ich kann Anweisungen befolgen, oder etwa nicht?« brummte Sammy, immer noch sichtlich aufgewühlt.
    »Das kannst du, Sammy. Das und noch viel mehr, und dafür bin ich dir dankbar. Komm, setzen wir uns und ruhen ein wenig aus!«
    Sammy setzte sich neben ihn und fächelte sich mit seiner Baskenmütze Kühlung zu.
    »Wo geht’s jez hin, Chef?«
    »Wir schlagen uns nach Ostende zum Kanal durch. Dort suchen wir uns einen Fischer, der uns übersetzt.« Sie saßen schweigend nebeneinander, bis Paul fortfuhr: »Ich glaube, jetzt können wir es wagen. Wir können den Film holen.«
    »Sie bleiben hier! Ich hole ihn. Muß doch sicherstellen, daß diese Filme nach Hause kommen, damit die Menschen erfahren, gegen welche elenden, grauenhaften Monster wir kämpfen.«
    Paul wollte etwas einwenden, doch die wilde Entschlossenheit in Sammys Augen ließ ihn verstummen.
69. VERDRUSS IM HAUS
    Altersschwäche hatte den alten Nicky Speers dahingerafft, den hochgeschätzten Chauffeur der Crowns über so viele Jahre. Ilsa schrieb in ihren Briefen, der General sei der Meinung, niemand könne es an Zuverlässigkeit und Humor mit Nicky aufnehmen, darum habe er ihn nicht ersetzt. Fritzi wurde in Chicago am Bahnhof vom wortkargen bayerischen Butler Leopold abgeholt, der sie auf dem Bahnsteig erwartete.
    »Willkommen daheim, gnädiges Fräulein!«
    »Danke, Leopold, ich bin froh, wieder hier zu sein.«
    »Ihre Mutter und Ihr Vater werden sich freuen, Sie zu sehen.« Wenn Leopold nur zehn Wörter sprach, konnte man ihn schon als gesprächig bezeichnen. Allerdings, so vermutete Fritzi, war das, was er sagte, nur zur Hälfte wahr.
    Der Himmel über der lauten Straße war gelb und rußig. Eine schwarze Wolkenwand im Westen kündigte Regen an. Es war Donnerstag, der erste Oktober, drei Tage vor dem »Friedenssonntag«, den der Präsident zum nationalen Tag des Gebets für die Beendigung des Krieges erklärt hatte.

Mit besonderer

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