Fremde Gäste
wenn es nötig war und es ihm gerade einfiel, Tony vergnüglich zu unterhalten, aber allen wichtigen und weniger angenehmen Verpflichtungen dem jungen Mädchen gegenüber war er doch entgangen.
Was Paul empfand, zeigte er, als er sofort entgegnete: »Nein, Susan, das will ich nicht. Alistair mag ja ganz nett sein, obwohl er nicht mein Typ ist. Aber ich möchte nicht, daß er hier plötzlich auftritt und sich als Gastgeber aufspielt, wenn sie einen Mann heiratet, der ein guter Freund von uns ist, den er selbst aber kaum kennt.«
»Aber Paul, das ist doch eigentlich seine Aufgabe. Diese Verantwortung haben Eltern doch.«
»Die hat ihn bisher nicht sonderlich bedrückt«, meinte Paul trocken. »Kein Grund, ihn jetzt auf einmal eine große Rolle spielen zu lassen, nur weil was Besonderes los ist. Und wenn er es tut, was ist dann mit Claudia? Soll er sie bitten, die Gastgeberin zu spielen? Oder kannst du dir vorstellen, daß du an seiner Seite diese Rolle übernimmst? Das wäre dir auch nicht recht.«
»Aber das würde er doch nicht tun. Er würde als Gast kommen und dir vorher einen saftigen Scheck für die Kosten der Feier zukommen lassen. Das ist schließlich seine Pflicht.«
»Ob das nun stimmt oder nicht — es hat alles seine Grenzen, auch bei mir. Das Geld würde ich niemals annehmen. Ich will jede Pulle Sekt selbst bezahlen.«
»Liebster, ist dir eigentlich klar, was das kosten wird? Die Lieferanten verlangen unverschämte Preise für die Speisen, und die Getränke kommen auch noch hinzu. Die kosten sogar noch mehr. Du solltest Alistair wenigstens für die Getränke aufkommen lassen.«
»Nein, Susan, ich will nichts mehr davon hören. Deine Einstellung überrascht mich. Immer hast du gesagt, Tony sei unsere Tochter, und jetzt jammerst du über die Ausgaben für ihre Hochzeit.«
Das war so maßlos ungerecht, daß ich nur noch lachen konnte. »Als ob ich dabei an mich dächte! Ich habe ja gar kein Geld, du mußt alles bezahlen! Dabei führt Alistair das schönste Leben, wohnt in den besten Hotels, und der Himmel mag wissen, was er in seiner Freizeit treibt! Er wäre der erste, der hier seine Verpflichtung anerkennt.«
»Ich würde ihm sagen, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.«
»Aber Tony ist ja seine Angelegenheit!«
»Damit ist er aber herzlich spät dran. Hör zu, Susan: Ich will nicht mehr davon reden. Und vor allem wünsche ich, daß du dir keine Gedanken machst, was das alles kostet. Das ist meine Sache, und damit Schluß! Ich habe das Geld — oder ich verschaffe es mir. Ich verbitte mir jede weitere Erwähnung. Und wenn Alistair davon anfängt, erwarte ich, daß du ihn abweist.«
Das war typisch Mann! Er beendete einfach das Thema und überließ mir die schwierige Aufgabe, mit dem Brautvater fertig zu werden. Ich hielt mich an sein Wort und sagte nichts mehr. Paul selbst fing wieder davon an. »Selbstverständlich ist es Alistairs Pflicht, als Brautvater aufzutreten. Er ist schließlich ihr richtiger Vater, und ich bin gern bereit, ihm diese Rolle abzutreten.«
Das sagte er so großmütig, daß mir erst später klar wurde: So edel ist mein Paul doch nicht. Er wollte nur das Scheinwerferlicht und die neugierigen Blicke vermeiden, die Tony bei dem Gang zum Altar folgen würden. Ich mußte lachen und sagte: »Du alter Schwindler! In Wahrheit willst du nur keine Rede halten und nicht für die Fotografen posieren!«
Jetzt sah er richtig schuldbewußt aus. Er grinste. »Ich zieh’ nicht gern eine Show ab, das weißt du ja. Aber der eigentliche Grund ist doch der, daß ich ihrem Vater nicht im Wege stehen will, wenn er seinen Verpflichtungen nachkommt.«
Eine Bemerkung konnte ich nicht unterdrücken: »Mit dem gleichen Opfergeist werde ich Claudia den Platz als Gastgeberin und Brautmutter abtreten. Mir scheint, es wird doch eine recht aufregende Sache werden.«
Nun wurde Paul aber wild. Dieses sei mein Haus, ich hätte bei Tony Mutterstelle zu vertreten, und die ganze Arbeit mit den Hochzeitsvorbereitungen falle mir zu. Als ob Claudia daran dächte, auch nur drei Tage eher aus Melbourne zu kommen und die Verantwortung für alles zu übernehmen, und so fort.
Ich sagte, wir sollten die Dinge auf uns zukommen lassen und uns aufregen, wenn es soweit sei.
Ich machte mir aber doch Gedanken, denn ich erkannte, welch gewaltiges Unternehmen uns mit dieser Hochzeit bevorstand. Die erste Schwierigkeit bestand schon in dem Verhalten der beiden Eltern. Dann kamen da eine Unmenge Gäste
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