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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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sie auszunutzen wagten. Sie würden ihnen auf und davon gehen. Die Farmer selbst arbeiten gelegentlich wohl, ohne auf die Uhr zu schauen, und ihre Leute dann auch. Aber der Colonel ist in diesen Dingen übergenau. Er führt seine Farm nach militärischen Prinzipien: Um acht Uhr morgens gehen seine Leute ans Werk, um fünf Uhr oder nur wenig später kommen sie heim. Wenn du jetzt gehst, kannst du David gerade erwischen. Larry und Susan können dir den Weg zeigen. Und jetzt mache ich dir einen Vorschlag, Diana: Bring doch deinen Sohn mit hierher zum Essen, und du bleibst bei mir über Nacht. Susans Nichte Tony kommt auch. Mit ihr gibt es selten ein ernsthaftes Gespräch. Aber nach dem Essen könnt ihr, du und David, euch hier ungestört unterhalten. Meine andere Helferin geht zum Essen heim zu ihrer Mutter; dort wohnt sie auch.«
    »Vielen Dank, La... ich meine Anna. Welches von den Mädchen ist Ihre Nichte, Mrs. Russell? In dem Supermarkt sah ich zwei; sie haben mich hierher gewiesen. Beide sind sehr anziehend; die eine ein hübsches junges Geschöpf mit schönen roten Haaren. Die andere ist eine klassische Schönheit, dunkelhaarig, mit ebenmäßigen Zügen und einer Stimme, die es verdiente, von einem Dichter besungen zu werden.«
    »Die Rothaarige ist Tony, die andere heißt Miranda«, erklärte ich. »Ich muß Ihnen recht geben: Tony ist hübsch und sehr attraktiv; Mirandas Antlitz aber könnte man in Rom suchen. Und dazu diese Stimme! Ihre Mutter ist reizend, obwohl durch ein schweres Leben früh gealtert. Ihr Vater entstammte einer hochangesehenen Familie; seine Herkunft war allerdings das Beste an ihm. Er heiratete die bezaubernde Frau, die zu einem Viertel Maoriblut hat. Sie umsorgte ihn bis zu seinem Tod, der zum Glück noch eintraf, ehe sie völlig erschöpft war. Der arme Kerl hatte im Krieg viel mitgemacht, deshalb sollte man ihn nicht zu hart beurteilen. Aber er war selbstsüchtig und faul, wenn auch höchst charmant. Diesen Charme hat Miranda geerbt, seine anderen Eigenschaften aber nicht.« Richtig geschwätzig erzählte ich das alles; Miranda war ein Thema, das die meisten Leute interessierte, nicht nur die Männer. Tony war gewiß allerliebst, Miranda jedoch eine klassische Schönheit. Es war charakteristisch für Tony, daß sie jeden neuen Kunden, der den Laden betrat, auf Miranda aufmerksam machte.
    Tantchen seufzte. »Sobald Tony verheiratet ist und Miranda unter ihren zahlreichen Verehrern gewählt hat, suche ich mir eine nette einfache Frau mittleren Alters zu meiner Unterstützung. Einstweilen freue ich mich an den beiden jungen Dingern und ihren Liebesgeschichten. Aber ich werde nun doch zu alt für ein Heiratsbüro, und was Miranda betrifft... Nun, sie kann wirklich nichts dazu; Tony sagt, daß sie keinen besonders ermutigt.«
    Auch wir anderen mußten zugeben, daß Miranda wie ein Magnet wirkte. Der Supermarkt florierte dadurch, aber auch Tantchens Gefühl für ihre Verantwortung wuchs zusehends.
    Mr. Hepburn, der seine Frau nur widerstrebend in diese gottverlassene Gegend hatte fahren lassen, wurde telefonisch benachrichtigt; sie werde bei Tantchen übernachten und erst am nächsten Morgen heimfahren. Vielleicht würde sie dann etwas über Davids weitere Zukunftspläne erfahren haben. Larry und ich brachten sie zu dem Haus des Colonels, wünschten ihr viel Glück und fuhren nach Hause. Wir dankten unserm Schöpfer, daß unsere eigenen Söhne erst elf und sieben Jahre alt waren.
    Als Tony am nächsten Wochenende zu uns kam, hatte sie viel über Diana Hepburn zu berichten. »Sie ist so, wie sich die meisten Jungen ihre Mutter wünschen würden: freundlich und vernünftig, weder aufgeregt noch trübselig. David hat Glück. Er sollte andere Mütter kennen...«
    Tony dachte jetzt wohl an ihre eigene schwierige Mama. »Aber David ist ein Ekel, er ist so unfreundlich, dauernd zeigt er, daß er am liebsten keine Eltern hätte. Lieber wäre er wohl in einer Retorte geboren worden! Das Ulkigste war seine Angst, Tantchen könnte verwandtschaftliche Gefühle von ihm erwarten. Aber das lag ihr völlig fern. Natürlich sagte sie >David< zu ihm, verlangte aber nicht, daß er sie >Cousine Anna< nennen solle. Sie behandelte ihn vollkommen sachlich. Es war deutlich zu bemerken, daß David dem Himmel dafür dankte und nach einem weiteren Blick feststellte, daß sie im Grunde doch ganz in Ordnung sei.«
    Ich konnte mir diese Szene gut vorstellen: Tantchen kühl und sachlich, David etwas verlegen und sehr

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