Fremde Männer küsst man nicht!
paar Kämpfe auszufechten. Vor allem mit dir selbst.“
„Du kannst nicht so lange auf mich warten“, gab sie zu bedenken. „Vielleicht werde ich nie so weit sein.“
Er legte ihr den Finger auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. Die Fingerkuppe fühlte sich rau an. Genau richtig. Ihre Lippen öffneten sich unwillkürlich, doch nicht, um etwas zu sagen.
Sein Mund fand zum ersten Mal ihren. Seine Lippen waren überraschend weich und unendlich verlockend. Er knabberte zart an ihren Lippen, neckte sie dann mit seiner Zunge. Und dann tauchte seine Zunge tief ein, um zärtlich zu erkunden, was ihr Mund an Geheimnissen bereithielt.
Dies war nicht der Kuss eines Eroberers, er nahm nicht in Besitz, er forderte nicht heraus. Es war eine Liebkosung, eine sanfte Bitte. Ein Willkommensgruß und ein Abschied zugleich.
Christina hörte sich selbst wimmern vor Wonne. Es wäre so leicht, sich in diesem Mann zu verlieren. Sich einfach von ihm hinreißen zu lassen und sich dabei einzureden, es würde schon gut enden. Ein einziger weiterer Kuss und …
„Mom?“
Christina fuhr zusammen, ihr Hinterkopf traf schmerzhaft den Holzrahmen der Couchlehne. Sie beugte ihn instinktiv nach vorn und stieß dabei mit der Stirn gegen Bruce’ Kinn. Er stöhnte vor Schmerz auf, aber sie schob ihn schon beiseite, sodass sie aufstehen konnte.
Bella stand oben auf der Treppe. „Ich habe schlecht geträumt, und die Windpocken jucken.“ Unwillkürlich bewegte sich ihre Hand zum Unterarm, um dort zu kratzen.
„Stopp. Nicht kratzen. Ich mache dir ein Spray drauf, dann hört das Jucken auf.“ Christina nahm zwei Stufen auf einmal auf ihrem Weg nach oben. „Komm mit.“
Sie brachte Bella ins Badezimmer. „Geh schon mal rein, ich hole schnell das Spray.“ Damit machte sie die Badezimmertür zu und wandte sich zurück zur Treppe.
Unten stand Bruce, bereits fertig angezogen zum Gehen. Er warf ihr eine Kusshand zu.
So konnte der Tag nicht enden. Nicht nach allem, was heute geschehen war.
Sie begann, die Treppe hinabzugehen, aber hinter ihr rief Bella nach ihr.
„Ich komme, Schätzchen, einen Moment noch!“, rief sie über die Schulter.
Als sie sich wieder umsah, war Bruce verschwunden. Nur eine Wolke kalter Schneeluft hing noch in der Diele.
9. KAPITEL
Bruce hielt sich an die Abmachung. Sie arbeiteten zwar zu Hause bei Christina, solange Bella noch die Windpocken hatte, aber nach jenem einen Kuss verhielt er sich sehr zurückhaltend, als sei er wirklich nichts weiter als ihr Kollege.
Die Bella versprochenen Videospiele brachte er zwar mit, aber er behandelte Christina mit formvollendeter kollegialer Höflichkeit und berührte sie kein einziges Mal mehr. Er besprach nur die nötigsten Dinge mit ihr. Selbst nachdem das Treffen mit den Grays wie erwartet ergebnislos verlaufen war, diskutierte er das nicht mit ihr. Sie wusste, er hatte diesen Verlauf der Verhandlungen erwartet.
Die Grays hatten vehement bestritten, dass ihre Vorarbeiter den mexikanischen Näherinnen feindselig und respektlos begegnen würden. Daraufhin war Bruce einfach aufgestanden und hatte das Treffen verlassen. Christina und Angela hatten die Unterlagen zusammengepackt und waren ihm gefolgt.
Weder hatte Bruce sich entschuldigt, noch hatte er irgendeine Erklärung abgegeben, als er ging. Er erinnerte Christina sehr an den alten Roy Lancaster, denn auch er war ein echtes Showtalent. Mit maximalem Effekt hatte er seine Entschlossenheit demonstriert, und die Grays hatten die Botschaft verstanden, obwohl sie eine außergerichtliche Einigung weiterhin ablehnten.
Am nächsten Tag hatten Bruce und Christina prompt Klage eingereicht und eine Pressekonferenz zu dem Fall gegeben. Die Medien schlugen sich in der Sache auf die Seite von Lancaster & Morris , was Reginald Morris als Erfolg wertete.
Die Klientinnen würden nun im Beisein eines Gerichtsbeauftragten eidesstattliche Erklärungen zu ihren Kritikpunkten abgeben müssen. Bruce plante auch, einen großen Teil der Fabrikmanager zwangsvorladen zu lassen. Aber da die Bekleidungsfabrik zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen sein würde, wurde in der Kanzlei beschlossen, diese offiziellen Befragungen auf die zweite Januarwoche zu verschieben.
Christina bereitete sich darauf vor, Weihnachten und Silvester bei ihren Eltern in Houston, Texas zu verbringen. Was Bruce während ihrer Abwesenheit tun würde, wusste sie nicht, und sie sprachen auch nicht darüber. Sie redeten entweder über Bella oder über den
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