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Fremde Schwestern: Roman (German Edition)

Fremde Schwestern: Roman (German Edition)

Titel: Fremde Schwestern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Ahrens
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Klavier.
    »Ich hab schon Bakuls Melodie gespielt«, sagt Merle. »Nur die Akkorde kann ich noch nicht.«
    Lydia schaut auf die Uhr.
    »Mama, du sollst zuhören!«
    »Ich höre zu.«
    Es klingelt.
    Lydia springt auf. »Das ist Chris.«
    »Wer?«, fragt Merle.
    Lydia läuft in den Flur.
    Merle und ich blicken schweigend auf unsere Teller.
    Im Flur wird gelacht.
    Die Tür geht auf.
    Lydia und Chris, Arm in Arm. Er hat einen blonden Pferdeschwanz, ist um einiges jünger als sie. Sein Gesicht kommt mir bekannt vor.
    »Hi.« Er löst sich von Lydia, gibt uns die Hand. »Schön, euch kennenzulernen.«
    »Guten Tag.«
    »Hallo«, sagt Merle leise.
    »Lydia hat mir viel von dir erzählt. Du magst Musik, stimmt’s?«
    Merle nickt, sieht ihn nicht an. Wie oft hat sie das erlebt? Ein Mann verliebt sich in ihre Mutter und will nun ihre Sympathie gewinnen.
    »Chris ist Gitarrist«, verkündet Lydia. »Er hat seine eigene Band. Ist das nicht toll?«
    Jetzt erinnere ich mich. Ein Zeitungsbericht über den Gründer einer deutschen Rockband, die auch im Ausland erfolgreich ist.
    Lydia setzt Teewasser auf, Chris dreht Zigaretten. Ich kämpfe mit mir.
    Chris zündet zwei Zigaretten an.
    »Mama, du darfst nicht rauchen«, sagt Merle streng.
    »Ach, mein Schatz …«
    »Der Arzt hat es verboten.«
    »Nur eine.«
    Merle sieht Lydia böse an und rennt aus dem Zimmer. Lydia läuft hinter ihr her.
    »Keine einfache Situation«, murmelt Chris und zieht an seiner Zigarette.
    »Merle hat Angst um ihre Mutter. Sie hat schon viel Schlimmes mitansehen müssen.«
    Chris fragt nicht weiter nach.
    Ich erkundige mich nach seiner Band. Chris ist überrascht, dass ich den Artikel kenne. Freut sich wie ein großer Junge, der ein gutes Zeugnis bekommen hat.
    Die Tür geht auf. Lydia schiebt Merle vor sich her. Sie hat geweint.
    »Wir mussten mal eben unter vier Augen reden«, sagt Lydia und gibt Chris einen Kuss.
    »Ich will nach Hause«, murmelt Merle.
    Lydia versucht nicht, uns zum Bleiben zu überreden.

    Merle erzählt Bakul vom neuen Freund ihrer Mama. Der dreht gleich zwei Zigaretten auf einmal, eine für sich und eine für Mama. Sie darf nicht rauchen. Er tut es trotzdem.

    Ich träume von einem Besuch bei Lydia, Merle und Chris. Sie wohnen in einem riesigen, lichtdurchfluteten Raum. In einer Ecke liegt die Küche, in einer anderen das Bad, in der dritten stehen zwei Sofas, in der vierten ein großes Doppelbett. In der Mitte, auf einem Podest, ein Flügel. Jetzt kann Merle endlich üben, sagt Lydia stolz. Aber ich habe keinen Platz zum Schlafen, ruft Merle. Und Bakul auch nicht. Musst du immerzu quengeln?, schimpft Lydia. Welches siebenjährige Kind hat schon die Chance, auf einem Flügel zu spielen? Gleich kommen die Journalisten, sagt Chris und greift nach seiner Gitarre. Ich will nicht spielen!, schreit Merle. Ich will nach Hause.
    Hat Merle geschrien? Ich springe auf, laufe in den Flur. Die Schlafzimmertür steht offen, das Bett ist leer.
    »Merle?«
    Ich höre einen Laut aus dem Badezimmer.
    Merle sitzt im Dunkeln auf der Toilette und weint.
    »Hast du Durchfall?«
    »Bauchweh.«
    »Soll ich dir eine Wärmflasche machen?«
    »Was ist das?«
    »Eine Flasche aus Gummi, in die man heißes Wasser füllt. Dann verschließt man sie und legt sie sich auf den Bauch. Das tut gut.«
    Merle zuckt mit den Achseln.
    »Wir probieren es.«
    Als sie mit der Wärmflasche im Bett liegt, lese ich ihr aus Michel in der Suppenschüssel vor.
    Merle lacht ein paarmal, aber sie ist mit ihren Gedanken woanders. Ich lege ihr die Hand auf die Stirn. Fieber hat sie nicht.
    »Wie findest du Mamas neuen Freund?«
    »Das kann ich noch nicht sagen. Ich kenne ihn ja kaum.«
    »Er soll nicht mit ihr rauchen.«
    »Nein, da hast du recht.«
    »Warum verliebt sie sich immer in neue Männer?«
    »Sie ist auf der Suche.«
    »Ich mag Jan.«
    »Er mag dich auch.«
    »Am Sonntag hat er mir ein Foto von Gregor gezeigt.«
    »Er vermisst ihn sehr.«
    »Warum habt ihr keine Kinder?«
    Ich zögere.
    »Mama sagt, du wolltest keine.«
    »Ich … ich hab’s mir nicht zugetraut, ein Kind zu erziehen.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ich Angst hatte, dass ich alles falsch machen würde.«
    »Was kann man denn da falsch machen?«
    »’ne ganze Menge«, murmele ich.

29.
    W ir sehen Chris beinahe jeden Tag. Merle fängt an, ihn zu mögen. Chris spielt Gitarre, Chris singt mit ihr. Und Lydia hat gute Laune.

    Wir gehen spazieren, Lydia und ich. Sie erzählt mir von Chris, wie ruhig und gelassen er

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