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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Dreiviertelstunde warten, bis Anneliese Krummacher das Haus verließ. Die frühere Sekretärin der Bundestagsabgeordneten
     Schöllkopf eilte mit schnellen Schritten auf einen VW Polo zu, der in einer Parkbucht abgestellt war.
    Dengler trat ihr in den Weg und fasste sie am Arm.
    Noch während sie erschrocken herumfuhr, sagte er zu ihr: »Sie begleiten mich zur Polizei. Ich möchte wissen, welchen Straftatbestand
     Sie mit der Fälschung einer Rede und der Weitergabe der gefälschten Rede auf Briefpapier des Bundestages begangen haben.«
    Sie sah ihn erschrocken an.
    »Lassen Sie mich los!«
    »Ich denke gar nicht daran. Urkundenfälschung. Amtsanmaßung. Sie haben sich da sehr unglücklich gemacht.«
    Er fasste sie fester.
    »Komm jetzt. Mord ist kein Spiel.«
    Sie riss sich mit einem Ruck los. Entsetzen stand in ihren Augen.
    »Mord?«
    »Wo ist die echte Rede?«
    Sie fiel in sich zusammen.
    »Ich weiß es nicht. Sie hat ein solches Geheimnis um diese Rede gemacht. Es waren ja nur ein oder zwei Seiten handschriftliche
     Notizen.«
    »Haben Sie die Rede geschrieben, die Sie mir gefaxt haben?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Von wem haben Sie die Rede bekommen?«
    Sie schwieg.
    »Von Österle?«
    Ihr Blick war unsicher, aber dann nickte sie verhuscht.
    »Von seinem Büro. Man bat mich, Ihnen den Text zu schicken, damit Sie Ruhe geben. Man habe ihn gefunden.«
    Dengler ließ ihren Arm los.
    »Mord? War es denn Mord?«, fragte sie leise.
    »Nein. Ein Herzinfarkt. Aber der scheint einigen sehr willkommen gewesen zu sein.«
    Er drehte sich um und ging.
    * * *
    Vor der VED-Zentrale stellte er den Renault auf dem Seitenstreifen ab und kroch in den Laderaum. Er benötigte eine halbe Stunde,
     bis die rote Startlampe des IMSI-Catchers leuchtete. Das Gerät war bereit.
    Auf dem Laptop, der zu der Gerätekonfiguration gehörte, schaltete Dengler das Programm ein. Nun konnte er jedes Handy, das
     sich in seinem Umkreis anmeldete, checken.
    Der IMSI-Catcher simuliert einen Sendemast. Jedes Handy bucht sich über den nächstgelegenen Sendemast in das Netz ein. Dadurch
     wusste der Netzbetreiber, wo sich ein bestimmtes Handy aufhält, und leitet eingehende Gesprächeüber diese Masten an den Angerufenen weiter. Das Signal des IMSI-Catchers ist besonders stark, also loggen sich die Handys
     zunächst in den IMSI-Catcher ein.
    Auf Denglers Bildschirm erschien zunächst nur ein Eintrag, der die International Mobile Subscriber Identity (IMSI) inklusive
     der Handynummer anzeigte. Dann loggte sich noch ein Handy ein, dann noch eines und schließlich füllte sich der Bildschirm.
     Er verglich die Nummern.
    Das gesuchte Handy war nicht dabei.
    * * *
    Zweimal versuchte er, von seinem eigenen Funktelefon aus Olga zu erreichen, doch der Akku war nun endgültig leer.
    Kurz nach acht Uhr am Abend gab er auf. Er fuhr nach Tegel zurück, gab den Wagen ab und checkte sich für den Rückflug nach
     Stuttgart ein.
    In Echterdingen dauerte es eine Weile, bis das Gepäckband den Koffer mit dem IMSI-Catcher ausspuckte. Dengler beschloss, ein
     Taxi in die Stadt zu nehmen.
    * * *
    Bereits bevor der Wagen in die Wagnerstraße einbog, sah Dengler den Widerschein von Blaulicht. Vor dem Basta standen vier Polizeiwagen. Alle mit eingeschaltetem Blaulicht. Die Straße war beleuchtet wie die Bühne eines Konzerts von
     AC /DC.
    Eine seltsame Beklemmung erfasste ihn.
    Olga!
    Die Polizei hatte die Straße abgesperrt.
    Rot-weißes Absperrband.
    Tatortsicherung.
    Vor ein paar Tagen hatten zwei maskierte Unbekannte die Cantina Toskana in der Nachbarschaft überfallen. Die Gäste warfen jedoch mutig Gläser an die Decke, undGlasscherben, Rotwein und Mineralwasser fielen oder tropften auf die Täter, die entnervt aufgaben und flohen.
    Doch bereits als Dengler den Fahrer bezahlte, wusste er instinktiv, dass es hier nicht so glimpflich abgegangen war.
    Ein Polizist vertrat ihm den Weg.
    »Kein Durchgang«, sagte er barsch.
    »Ich wohne hier.«
    »Georg!«
    Martin Kleins Stimme.
    »Olga?« Dengler brachte nur noch ein Krächzen raus.
    Klein schüttelte den Kopf und kam an die Absperrung.
    »Olga geht es gut«, sagte er, »aber bei dir ...«
    Ein Mann in den Fünfzigern erschien hinter ihm.
    »Herr Dengler, wir versuchen Sie überall zu erreichen.«
    Er hielt einen Polizeiausweis in die Luft: »Hauptkommissar Weber.« Er hob das Absperrband.
    Dengler bat Klein, den Koffer mit dem IMSI-Catcher auf sein Zimmer zu nehmen, und folgte dem Mann.
    Sie gingen die Treppe hoch.

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