Fremden Kind
schon mal auf Corley, oder?«, fragte George, jetzt mit einer Spur Besitzerstolz.
»Oh, ja, unzählige Male«, sagte Revel, und eine merkwürdige Spannung, Rivalität und Bedauern, flackerte für einen Moment im Lächeln der beiden Männer auf.
»Jedenfalls hast du Gelegenheit, Mrs Riley kennenzulernen«, sagte Daphne. »Sie bleibt übers Wochenende.«
»Ach ja?«, sagte Revel, als erschiene ihm sein Besuch nun doch eher unvorteilhaft.
»Sie hat sich hier eine Ewigkeit herumgetrieben, alles ausgemessen und was sie sonst noch so macht – ihre Asche auf den Teppich schnippen –, und aus irgendeinem Grund hat Dud sie dann eingeladen. Man sollte es nicht für möglich halten, aber praktischerweise hatte sie ihre gesamte Abendgarderobe gleich in ihrem Kofferraum!«
»Warum denn das?«, fragte Wilfrid.
»Vielleicht war sie noch unterwegs zu einem anderen Haus, mein Freund«, sagte George.
»Sie entwirft Kleidung«, sagte Corinna. »Sie hat einen ganzen Haufen Röcke und Kleider hinten in ihrem Auto. Sie will mir ein Kleid nähen, grüner Samt, tief sitzende Taille, ohne spezielles Brustteil.«
»Ohne spezielles Brustteil!«, wiederholte Daphne staunend. »Das ist ja ein Ding!«
»Kann man ihr trauen?«, sagte Revel. »Vermutlich ja – wir gehen nur unterschiedlich an dieselbe Sache heran.«
Daphne war nicht erbaut über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte. »Sie mag ja ein Genie sein«, sagte sie. »Nur kann ich eben mit mondänen Leuten nicht so gut umgehen.« Und sie dachte: Und wo ist sie jetzt? – mit plötzlich aufwallender Angst, die sie jedoch rasch zu bändigen verstand.
»Billig ist sie wohl auch nicht zu haben, nehme ich an«, sagte Revel.
»Nein. Sie ist sogar rasend teuer«, sagte Daphne in einem Ton, der darauf hindeutete, dass es mehr als nur verständlichen Grund zum Ärger gab.
Sie schlenderten, noch immer verhalten und befangen, zurück zu dem weißen Tor unter dem Steinbogen und über den breiten Weg dahinter zum Haus. Freda und Clara waren nach draußen getreten, um frische Luft zu schnappen, und bewegten sich in ihrem eigentümlichen Tempo zwischen den Frühlingsbeeten und den niedrigen Hecken des französischen Gartens entlang. Daphne sah jetzt auch den Mann, den Revel ihr beschrieben hatte, den mit dem braunen Filzhut. Er schritt über den Rasen auf die alten Damen zu und verwickelte sie in ein Gespräch. Sie schienen verwirrt, zutiefst hilflos, schließlich wehrten sie ihn ab; Clara hob einen Stock und zeigte damit in eine Richtung, als wollte sie ihn wegschicken. Er hatte eine Kastenkamera vorm Bauch hängen, aber offenbar interessierte es ihn gar nicht, die Frauen zu fotografieren. »Na los, meine Kleinen, lauft und erlöst Granny Sawle«, sagte Daphne. In dem Moment, als der Mann zurückwich und sich umschaute, sah er Dudley mit seiner für die Presse reservierten, durchtrieben leutseligen Miene durch das Gartentor kommen, Sebby, dem der aufgeregte Hund den Weg versperrte und deutlich weniger erfreut darüber, erkannt zu werden, unmittelbar hinter ihm.
»Da wären wir«, sagte Dudley, als sie alle zusammentrafen und er erst George die Hand schüttelte, danach demonstrativ Madeleine, doch dabei angespannt grinste. »Und Revel, mein Lieber, haben Sie es doch noch geschafft.« Er drehte sich schwungvoll herum, um die ganze Gruppe an seinem Grinsen teilhaben zu lassen. »Was für ein schönes Wiedersehen!« Daphne sah ihre Mutter an, die Dudleys Auftritten am schutzlosesten ausgeliefert, doch jetzt von ihrem Wiedersehen mit George viel zu sehr vereinnahmt war, um sich davon beeinträchtigen zu lassen.
»Hallo, George!«, sagte Freda mit einem tapferen kleinen Beben in der Stimme, wie jemand, der unsicher war, ob man sich seiner erinnerte. Vielleicht rührte auch George dieser kurze Anblick – er fiel seiner Mutter um den Hals, drückte sie, herzte sie, schuldbewusst, und zog die Umarmung in die Länge.
»Maddy, Schatz«, sagte er, und auch Madeleine legte einen Arm um Fredas Schulter, beugte sich vor und gab ihr unter dem Dach ihrer beider Hutkrempen einen Kuss auf die Wange.
»Ladys und Gentlemen, es tut mit schrecklich leid«, sagte Dudley, »aber in unsere Wochenendidylle hat sich einer der unermüdlichsten und erbarmungslosesten Agenten der Fleet Street eingeschlichen. Wie war doch gleich Ihr Name?«
»Oh, äh, Goldblatt, Sir Dudley.« Der Fotograf schluckte schwer an Dudleys barschem Ton. »Jerry Goldblatt«, sagte er und lüpfte den Filzhut.
»Jerry Goldblatt«,
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