Fremder in einer fremden Welt
mir fertig. Das gleiche gilt für ein Taxi. Schließlich habe ich meine Nase zu tief in Dinge gesteckt, die die Behörden lieber im Dunkeln lassen würden. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, daß ein von meiner Wohnung aus herbeigerufenes Taxi ein Ohr hat, aber es könnte eins haben; die Kommandos der Sonderpolizei sind gründlich. Dieser Wagen dagegen.« Er klopfte auf das Polster. »Sie können nicht Tausende von Taxis mit Abhörgeräten versehen. Ein aufs Geratewohl ausgewähltes sollte sicher sein.«
Jill erschauerte. »Ben, du glaubst doch nicht, sie würden.« Ihre Stimme erstarb.
»Und ob ich das glaube! Du hast meinen Artikel gelesen. Ich habe dieses Exemplar vor neun Stunden bekommen. Meinst du, die Regierung läßt es sich gefallen, daß ich ihr in den Bauch trete, ohne zurückzutreten?«
»Aber du hast immer gegen die Regierung opponiert.«
»Das war okay. Es ist schließlich die Pflicht der treuen Opposition Ihrer Majestät zu opponieren. Aber das hier ist etwas ganz anderes. Ich habe sie angeklagt, einen Menschen als politischen Gefangenen festzuhalten. Jill, eine Regierung ist ein lebender Organismus. Wie bei jedem Lebewesen ist ihre vorherrschende Eigenschaft der Überlebenswille. Greif sie an, und sie schlägt zurück. Diesmal habe ich sie schwer getroffen.« Er setzte hinzu: »Aber ich hätte dich nicht hineinziehen sollen.«
»Ich fürchte mich nicht. Nicht mehr, seit ich dir diesen Apparat zurückgegeben habe.«
»Du stehst mit mir in Verbindung. Wenn es ungemütlich wird, könnte das genügen.«
Jill verstummte. Niemals zuvor war sie mit der Skrupellosigkeit der Macht konfrontiert worden. Abgesehen von ihren Erfahrungen als Krankenschwester und in dem fröhlichen Guerillakrieg der Geschlechter war Jill genauso unschuldig wie der Mann vom Mars. Sie konnte sich nur schwer vorstellen, daß sie, der nie etwas Schlimmeres widerfahren war als eine Tracht Prügel in ihrer Kindheit und gelegentlich ein barsches Wort, seit sie erwachsen war, in Gefahr sein sollte. Als Krankenschwester hatte sie die Folgen von Grausamkeit zu sehen bekommen - aber es war doch unmöglich, daß das ihr passierte!
Ihr Taxi begann vor der Landung zu kreisen, bevor sie das trübsinnige Schweigen brach. »Ben? Angenommen, dieser Patient stirbt. Was geschieht dann?«
»Hä?« Caxton runzelte die Stirn. »Das ist eine gute Frage. Das ist eine sehr gute Frage. Anscheinend beginnst du Interesse an meiner Arbeit zu zeigen. Wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt, kann die Klasse nach Hause gehen.«
»Werde nicht komisch.«
»Hmm. Jill, ich habe nächtelang wachgelegen, um eine Antwort darauf zu finden. Es gibt zwei Fragen - eine politische und eine finanzielle. Hier sind die besten Antworten, die ich habe: Wenn Smith stirbt, erlischt sein Anspruch auf den Mars. Wahrscheinlich werden die Leute, die die Champion auf dem Mars zurückgelassen hat, von neuem Anspruch auf ihn erheben - und es ist so gut wie sicher, daß die Regierung einen Vertrag mit ihnen abgeschlossen hat, bevor sie die Erde verließen. Auch wenn die Champion ein Schiff der Föderation ist, läßt sich denken, daß Generalsekretär Douglas - dieser herausragende Kämpfer für die Menschenrechte - die Fäden in der Hand hält. Dadurch würde er lange Zeit an der Macht bleiben. Andererseits braucht Smith' Tod überhaupt keine Folgen zu haben.«
»Wieso?«
»Vielleicht ist die Larkin-Entscheidung nicht auf ihn anwendbar. Luna war nicht bewohnt, aber der Mars ist es - von Marsianern. Im Augenblick haben die Marsianer juristisch gesehen den Wert Null. Aber der Hohe Gerichtshof könnte einen Blick auf die politische Situation werfen und entscheiden, daß die menschliche Besetzung eines Planeten, der von Nichtmenschen bewohnt ist, juristisch irrelevant ist. Dann müßte man sich wegen Rechten auf dem Mars an die Marsianer wenden.«
»Aber, Ben, das wäre doch sowieso der Fall. Diese Vorstellung, daß ein Planet einem einzelnen Menschen gehört... Das ist irrwitzig!«
»Benutze dieses Wort nicht gegenüber einem Rechtsanwalt. Er würde dich sowieso nicht verstehen. Beim Jurastudium gehört es zu den Pflichtübungen, Mücken in die Länge zu ziehen und Kamele hinunterzuschlucken. Außerdem gibt es einen Präzedenzfall. Im 15. Jahrhundert teilte der Papst die westliche Hemisphäre zwischen Spanien und Portugal auf, und niemanden interessierte es, daß Grund und Boden von Indianern bewohnt waren. Die Verleihung war nichtsdestotrotz wirksam. Sieh dir auf einer Landkarte
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