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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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das nicht mit dem typischen Gleichmut der Geds gesagt;
das lebhafte Interesse hinter seinen Worten fiel selbst Ondur und
Karim auf. Niemand gab Grax eine Antwort.
    Grax wiederholte: »Die Menschen kennen Drogen, die das Hirn
beeinflussen?« Er hatte sich direkt an Karim gewandt.
    Der Soldat sagte abweisend: »Ein Gefechtsschock. Er kann mit
der richtigen Droge überwunden werden.«
    Grax kniete sich neben SaSa. Er faßte sie nicht an, aber
Ayrid hatte das Gefühl, als tasteten die drei Augen die
zierlichen Konturen des Mädchenschädels ab, als handle es
sich dabei um ein unbekanntes Stück Erz. »Der weiße
Barbar ist gestorben«, sagte Ayrid; es klang wie eine
Feststellung, nicht wie eine Frage.
    »Ja. Ich bringe sie in die Stadtmauer. Bei dem Albino kam
jede Hilfe zu spät, ihr können wir vielleicht
helfen.«
    Etwas regte sich in Ayrid, irgendein dunkler Schauder hinter dem
überschwenglichen Vertrauen.
    »Warum in der Stadtmauer? Warum denn nicht hier?«
    »Weil wir sie gründlich untersuchen müssen.«
Grax richtete sich auf.
    »Du kennst kein Mittel gegen ihren Schock, oder?«
    »Nein. Sie muß gründlich untersucht werden. Kann
ich sie mitnehmen?«
    Ayrid fröstelte. Bei dem Barbaren, da hatten die Geds nicht
lange gefackelt – sie hatten ihn einfach geholt. Warum auf
einmal fragen? Und warum fragte er ausgerechnet sie, wo sie weder zu
SaSas Leuten gehörte noch irgend etwas zu erlauben hatte?
    Ayrid stellte ihn auf die Probe: »Nein. Laß sie hier.
Sie braucht… Menschen, die ihr gut zureden, damit sie den Schock
überwindet. Ich habe das schon mal erlebt, nicht auf dem
Schlachtfeld wie Karim, aber nach einem Unfall im Glashof. In
Delysia. Hier ist SaSa besser aufgehoben.«
    »Wenn du meinst«, sagte Grax. Und er runzelte die
Stirn.
    Ayrid traute ihren Augen nicht. Er hatte die Stirn gerunzelt. Sie hatte das noch nie bei einem Ged gesehen. Ein rasches
Kräuseln der Haut, zwischen den beiden sanften Augen und dem
Milchauge, ein bißchen so, wie manche Dummköpfe den
Einfaltspinsel mimen: ein Stirnrunzeln jedenfalls. Und ihr die
Entscheidung zu überlassen, ob SaSa nun zur Stadtmauer gebracht
wurde oder nicht… Wieso eigentlich?
    »Du, Ayrid, wirst morgen zur Unterrichtshalle kommen«,
sagte Grax. »Ab morgen müssen die Menschen nur noch am
Waffenunterricht teilnehmen. Der andere Unterricht ist freiwillig
– für Menschen, die weiter in die Gedwissenschaft
eindringen wollen. Der wissenschaftliche Unterricht wird nun
schneller vorangehen und präziser sein – für jene, die
den nötigen Verstand aufbringen.« Wieder dieses kleine
Stirnrunzeln, und diesmal sah Ayrid deutlich, daß er es ganz
unbewußt tat – unwillkürlich.
    Doch menschliche Umgangsformen hatte er noch keine, denn kaum
hatte er das letzte Wort aus dem Mund, da marschierte er
schnurstracks aus dem Zimmer.
    Ondur sprudelte los: »Uns auszuspionieren! Diese
Spanner!«
    Karim sagte leise: »Ayrid. Woher wußtest du das?«
Er sah sie mit dem Blick eines Soldaten an, abschätzend und ein
bißchen streng.
    »Ich hab es nicht richtig gewußt. Ich hab mir das
zusammengereimt – nach allem, was die Geds so bauen
können.«
    Karim ließ den Blick durchs Zimmer schweifen; da lagen all
die merkwürdigen Dinge, die Ayrid zusammengebastelt hatte. Seine
Miene entspannte sich nicht.
    »Uns auf Schritt und Tritt zu beobachten«, sagte Ondur.
»Selbst beim… beim Schmusen! Ich mach es wie du, Ayrid, und
häng das Ding einfach zu! Karim, wo gehst du hin?«
    »Khalid informieren.«
    »Es läuft mir eiskalt den Rücken runter«,
sagte Ondur. »Ayrid, wieso war der Ged eigentlich so freundlich
zu dir?«
    Karim, der schon fast an der Tür war, blieb stehen und drehte
sich um. »Was?«
    »Der Ged war so freundlich zu ihr. Dieser Stuhl, und
daß er ihr die Entscheidung überließ, ob dieses
Mädchen hierbleibt oder nicht, und dann die Einladung zu diesem
wissenschaftlichen Unterricht – eine Gefälligkeit nach der
anderen. Warum, Ayrid?«
    Ayrid sagte langsam: »Ich weiß nicht.«
    »Gehst du zu diesem neuen Unterricht?«
    Für jene, die den nötigen Verstand aufbringen. Dahar.
    »Ja. Da geh ich hin.« Sie sah über die Schulter,
weil sie sehen wollte, was Karim für ein Gesicht machte, aber
Karim hatte bereits die Tür geöffnet. Im Flur herrschte
Gedränge. Nicht alle Tage kam ein Ged hier vorbei. Karim zog die
Tür ins Schloß.
    Ayrid drückte auf die schwarze eiförmige Wroffbeule an
der Armlehne, der Stuhl stieg, sie lenkte ihn nach links. Zu
weit.
    »Geh

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