Fremdes Licht
steckte. Die
Wirkung der jelitischen Arznei mußte sich erschöpft haben,
denn der Schmerz loderte in alter Stärke. Wie lange war Ondur
schon weg? Es gab weder Fenster, noch steckte ihr das Zeitgefühl
eines jelitischen Kriegers in den Knochen.
Jemand trat kräftig gegen die Tür.
Ayrid wußte, wie sie sich durchs Zimmer schieben
mußte, um zu öffnen, und der Schmerz raubte ihr fast die
Besinnung. Karim, ein besudeltes Bündel im Arm, schob sich an
ihr vorbei. Der Gestank war zum Erbrechen.
»Leg sie da hin, Karim – nein, da in die Ecke, nicht wo
die Drähte sind«, sagte Ondur. »Hol mir Wasser aus dem
Badehaus, eine Menge, und einen sauberen Kissenbezug aus unserem
Zimmer. Und einen Becher Obstschleim – Farima hat heute morgen
ganz frischen verkauft. Ayrid, hast du noch einen Waschlappen oder
ein Handtuch?«
Das Bündel war SaSa, von oben bis unten mit Kot und diesem
Eintopf verschmiert. Der nackte, kleine Körper war steif, die
Augen standen blicklos offen, sie sah aus, als sei sie tot. Eine
Seite ihres Gesichts war rot entzündet, als hätte sie lange
und regungslos darauf gelegen.
»Wir haben sie unten in der Halle des Barbaren gefunden, am
Boden neben einem Tischchen«, sagte Ondur. Karim sah
verdrießlich drein; man sah ihm an, daß er am liebsten
nichts damit zu tun gehabt hätte. »Sie lag einfach da. Hat
sich nicht mal gerührt, als Karim sie aufhob. Keiner von seinen
Kameraden wollte sie anfassen. Ich hätte sie selbst aufheben
können. Sieh dir diese Hand an – ein Zweiglein ist
dicker.«
Doch Ayrids Blick galt der anderen Hand. Jetzt gewahrte auch
Ondur, daß SaSa etwas festhielt, und hebelte die steifen Finger
auf. »Was…? Pfui, ist das ein Gestank! Aber was will sie
denn mit dem Vergrößerungsgerät?«
Ayrid sagte nichts.
In der kurzen Zeitspanne, seit sie das dunkelgraue Kästchen
in SaSas rechter Hand entdeckt hatte, war ihr ein ganzer Schwarm von
Gedanken durch den Kopf gegangen: SaSas rechte Seite hatte an Karims
Brust gelegen, als er sie hereingetragen hatte; die glühenden
Ringe im Flur und unten in der Halle hatten die Hand mit dem
Kästchen höchstwahrscheinlich nicht sehen können;
Ondur hatte ›Vergrößerungsgerät‹ gesagt,
weil sie noch kein anderes Gedkästchen gesehen hatte. Aber das
war kein Vergrößerungsgerät. Vor Ayrids geistigem
Auge mühten sich Grax und Dahar wieder mit dem riesigen
Körper des kranken Barbaren ab, die Graue Mauer öffnete sich, Grax drückte bestimmte Vertiefungen in
dem dunkelgrauen Kästchen – einem Gerät, das Wroff
nicht nur auflösen, sondern auch verformen konnte.
Ayrid reckte sich unter großen Schmerzen von ihrem Lager,
streckte die Hand aus und zerrte SaSa das Kästchen aus den
Fingern. Das Zimmer verschwamm vor ihren Augen… Wie? Grax
hatte das dunkle Kästchen aus dem Innern seiner Kleidung geholt,
es hatte sich innerhalb des unsichtbaren Schutzschildes befunden, der
die Gedluft einsperrte. Wie kam SaSa an das Gerät? Der
Schutzschild der Geds war undurchdringlich.
Hinter SaSa öffnete sich wieder die Tür. Kelovar –
das konnte nur Kelovar sein. Ondur, die sich über SaSa beugte,
versperrte Kelovar die Sicht. Ondur drehte sich nach ihm um, und in
diesem Augenblick steckte SaSa das dunkle Kästchen unter ihr
Lager.
»Kelovar, hab ich dir nicht…«, fing Ondur an und
mußte feststellen, daß sie nicht Kelovar, sondern Grax
vor sich hatte.
Ondur, die noch nie den orangefarbenen Streifen um Graxens Daumen
gesehen hatte, hielt den Atem an und wich einen Schritt zurück.
Ayrid klopfte das Herz im Hals, obwohl sie sich in einem Winkel ihres
Hirns die nüchterne Frage stellte, wieso sie Grax so mir nichts
dir nichts von den anderen Geds unterscheiden konnte. Seit wann
konnte sie die Geds auseinanderhalten?
»Wie bist du reingekommen?« wollte Ondur wissen, dann
fiel ihr ein, mit wem sie redete, und sie biß sich auf die
Unterlippe.
Grax sagte sofort: »Dieser Daumenschuh öffnet jede
Tür in R’Frow.«
Karim knurrte grimmig. Grax nahm keine Notiz davon. In der anderen
Hand trug er etwas, das aus Stoff und Metallröhren bestand, das
Metall war grau und der Stoff war – anders als die
Kissenbezüge, die praktisch den ganzen Stoff für
R’Frow lieferten – tiefschwarz.
»Das ist für dich, Ayrid«, sagte Grax samtweich.
»Es ist zwar für Gedglieder gedacht, aber ich habe es
passend gemacht.«
Er setzte das Ding auf den Boden und berührte eine Röhre
da, wo das Wroff zu einer eiförmigen Blase schwoll. Die
Röhren
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