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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Diese
Menschenaugen waren schwarz wie der Raum, und es glitzerte darin wie
von Sternen.
    Ayrids Stimme schwankte, als sie sagte: »Was wird jetzt mit
ihr? Sie hat sich beruhigt.«
    Ondurs Stimme erwiderte: »Sie wird so bleiben, solange sie
das Zeug im Blut hat. Sie ist… sag ihr irgendwas, was sie tun
soll, Ayrid. Ich glaube, sie macht es. Sie ist in einer Art
Dämmerzustand. Die Heilerin meinte, in Delysia würde man
die Droge nicht nur bei Soldaten anwenden, die unter Gefechtsschock
stehen. Im verrufensten Bazar…«
    »Jetzt nicht«, sagte Ayrid heftig. »Verschon mich
damit.«
    SaSa weinte leise vor sich hin.
    Dahar starrte aus dem Wandschirm auf Grax. Die beiden anderen Geds
hatten innegehalten und blickten Grax auch an. Grax roch ihre
Pheromone – ihre Bestürzung, ihr Erstaunen – und
plötzlich roch er seine eigenen Pheromone. Sofort änderten
die anderen ihren Geruch: höflich reicherten sie die Pheromone
ihrer Bestürzung mit solchen der Akzeptanz an. Grax kannte ihre
Gedanken: Zu Hause, da hatte er Gedkinder unterrichtet; ein Lehrer
gewöhnte sich an den Umgang mit unausgegorenen Schülern;
ein Lehrer wurde stolz auf die Beherrschung selbst der simpelsten
Dinge. Es war nur logisch, daß Grax seinen Schüler
anstarrte. Es war verständlich – und verzeihlich –,
daß die mathematisch-logische Regung eines Menschenhirns den
Lehrer einen Moment lang vergessen machte, wie unkultiviert und
verwerflich die Natur der Menschen war. Es war durchaus
verständlich – und daher verzeihlich –, daß Grax
sich einen Moment lang in den Pheromonen vergriff und nach Stolz
roch.
    Einen Moment lang.
    »Signifikante Daten«, grollte das Bibliothekshirn
plötzlich. »Signifikante Daten – Stufe Eins.«

 
43
     
    In das Bild der Inselsonde kam Bewegung.
    Der bärtige Alte erhob sich schwerfällig und humpelte
auf die Sonde zu. Sein Gesicht schwoll heran, bis der Schmutz in den
unzähligen Hautfurchen ein schwarzes unregelmäßiges
Netz auf dem Wandschirm bildete. Fünffingrige Hände kamen
von unten her ins Bild, schienen sich von hinten am Bildschirm
hochzutasten, nach dem Bildschirm zu greifen und rutschten wieder
nach unten weg.
    »Von wo?« flüsterte der Mensch. Das Bibliothekshirn
paßte sich der Aussprache an, der spröden Heiserkeit alter
Stimmbänder. »Warum jetzt?«
    Die Sonde wanderte nach links, versuchte, soviel wie möglich
von dem Raum einzufangen, ohne den Mann aus dem Bild zu
verlieren.
    Der Mann riß plötzlich seine vom Alter gebeugten
Schultern zurück. »Fahud al-Amir, Vereinigte
Raumstreitkräfte, 614289FA. Außerhalb der Stern von
Mekka, angeheuertes Sanitätsschiff der Vereinigten
Raumstreitkräfte als Eskorte für rebellische Kolonisten von
Neu-Arabien nach… nach…« Er krümmte sich vor
Husten.
    Die Sonde wanderte ein bißchen weiter nach links. Der Raum,
außen an das gigantische, verseuchte Wrack des Schiffes gebaut,
glühte im Licht eines behelfsmäßig zusammengeflickten
Bildschirmgeräts. Schirm, antriebsfreier Stromgenerator, flache,
simple Tastatur.
    Der Mann wischte sich mit dem Handrücken über den Mund
und versuchte, sich gerade zu halten. »Sie hat eine Bruchlandung
gemacht«, flüsterte er heiser.
    Die Sonde schwenkte langsam um ihre Achse, um die ganze Umgebung
einzufangen.
    »Sie hat… eine Bruchlandung gemacht. Feindeinwirkung.
Geds. Und der Stasisgenerator… Welches Jahr haben wir?«
    Die Sonde vollendete ihre Rotation, kehrte zu dem Menschengesicht
zurück.
    »Wer seid ihr?«
    Der Alte streckte eine Hand aus; die Finger, dünn wie Zweige,
zitterten. »Bitte…«
    Die Sonde fuhr näher an die primitive Tastatur heran,
schaltete auf Nahsicht um.
    »Bitte… wer hat den Krieg gewonnen?«
    Das Bild erstarrte.

 
     
FÜNFTER TEIL
     
Krankheit
und Gegengift
     
    Es gibt nichts als die Atome und den leeren Raum.
    - DEMOKRIT VON ABDERA

 
44
     
    Ayrid saß in ihrem Gedstuhl in der delysischen Halle und
frühstückte mit Ondur und Karim. Drei oder vier Leute
saßen an anderen Bodentischchen und frühstückten;
immer wieder kamen welche die Leiter hinunter, um sich die dampfenden
Schüsseln auf die Zimmer zu holen. Sie warfen flüchtige
Seitenblicke auf Ayrid, die sich dadurch nicht stören ließ
und weiterkaute. Karim suchte förmlich den Blickkontakt, die
Hand wie beiläufig auf der Hitzeschleuder, dem neuesten Geschenk
der Geds. Diese Waffe konnte die Haut versengen, aber nur aus kurzer
Entfernung. Ayrid hatte festgestellt, daß die Gedwaffen, die
die Menschen gegen

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