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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Inhalt. Sie ging ins
Badehaus, wusch sich, wusch den Tebel, wrang ihn aus, zog ihn wieder
an und machte sich auf den Weg zur Unterrichtshalle. Unterwegs
standen ihr ein paar Fältchen auf der Stirn. In dem kühlen,
flackernden Feuer ihres Gedächtnisses fehlte ein Bild. Beim
erstenmal war da ein dunkelgraues kantiges Metallstück gewesen.
Wo war es? Was war damit passiert? Sie grübelte und
grübelte, aber sie konnte sich nicht erinnern.
    Andere Erinnerungen dagegen flackerten klar und deutlich auf:
Krieger, Kriegerinnen, die Hurengasse und die aussichtslose Sehnsucht
nach Stille, während Kriegerhände nach ihrer Mutter
langten…
    Krieger.
    Sie hatte die Unterrichtshalle schon fast erreicht, da
schmiß sie die geknotete Haarsträhne fort; sie landete
irgendwo hinter ein paar sterbenden Büschen.

 
56
     
    Es war Ondur gewesen, die kurz vor Jehanna die Unterrichtshalle
betreten hatte.
    Nachdem Jehanna aus der Halle gestürmt war, holte Ayrid sie
aus dem Unterrichtsraum und lotste sie zu ihrem Zimmer. Wo sonst
hätten sie sich aussprechen können? Im Unterrichtsraum
arbeitete Dahar, und bald würden noch Lahab, Tey, Krijin und
Grax dazukommen.
    Ondurs Augen loderten. »Ein jelitischer Krieger. Das ist der,
der nachts bei dir war, nachdem Karim und ich aus der Tür waren.
Hast du vergessen, daß es Jeliten waren, die dich
überfallen haben? Und dann in unserer Halle – in unserer Halle…«
    »Ondur, hör zu…«
    »Oder hattet ihr vorher schon was miteinander? Wie konnte es
dazu kommen? Ein jelitischer Kommandant – wie konntest du nur,
Ayrid? Das ist, als ob du ein Tier an dich ranläßt –
du bist krank, du bist nicht richtig im Kopf…«
    Ayrid umklammerte die Lehnen ihres Stuhls. Es war Ondurs Abscheu,
der tierisch war: er verzerrte ihr nicht bloß das Gesicht,
sondern den ganzen Körper, so daß sie mit hohlem Kreuz
dastand, das Gesicht vorgereckt, die Oberlippe kraus und
hochgestellt.
    »Dann wäre es besser gewesen, diese Jeliten hätten
dich getötet.«
    Die Worte standen im Raum. Dann sagte Ayrid frostig: »Was
gedenkst du zu tun?«
    »Ich gehe zu Kelovar. Ich bin gekommen, um dir zu sagen,
daß er… Ach, ich denk ja nicht dran!«
    »Ondur, das kannst du nicht tun.«
    »Du begehst Verrat an Delysia!«
    »Tu ich das? Wieso denn? Was weiß ich denn von Khalids
Plänen? Und was sollte Dahar damit anfangen? Er ist kein Krieger
mehr, und ich wohne nicht mehr in den delysischen Hallen.
Überleg mal, Ondur – es macht keinen Unterschied für
Delysia.«
    Doch Ondur war außer sich. »Du bist eine Delysierin.
Und du machst die Beine breit für einen… für einen Jeliten!«
    »Wenn du zu Kelovar gehst, wenn du ihm das erzählst,
dann bringst du zwei Menschen um.«
    »Dann wäre wenigstens Schluß damit.«
    Ondurs Stimme hatte kalt geklungen. Ayrid kannte diesen Tonfall;
sie hatte ihn zuletzt im Gerichtshof von Delysia gehört, im
Feuer der Glasfenster, das der Frühmorgen entzündet hatte.
Verbannung…
    »Wenn du das vorhast, Ondur, dann vergiß eins nicht.
Wenn Kelovar Jagd auf Dahar macht, dann könnte Kelovar den
kürzeren ziehen, und du wärst verantwortlich für
seinen Tod, du hättest ihn auf dem Gewissen… Du warst so
nett zu mir – du kannst nicht drei Leben aufs Spiel
setzen…«
    Ondurs Gesicht entspannte sich nicht. »Wer hat dir das
Betteln beigebracht, Ayrid? Er? Du hörst dich an wie diese
winselnden jelitischen Bürger – geht es so zwischen euch
zu? Er mimt den Krieger und du die unterwürfige Bürgerin,
die Kriegerhure? Du…«
    »Ondur!«
    Ondur hatte plötzlich die Hände vors Gesicht geschlagen,
und Ayrid bewegte ihren Stuhl voran, langte nach Ondurs Ärmel.
Sie redete leise und eindringlich, aber gleichzeitig gingen ihr wilde
Gedanken durch den Kopf. Dieses dunkelgraue Wroffkästchen in der
Tasche ihres Tebels, das sie aus SaSas verkrampften Fingern befreit
hatte und seither wie einen Schatz hütete; es war hart und
scharfkantig. Wenn sie es Ondur über den Kopf schlug…
    »…Bitte… sag Kelovar nichts davon, auch Khalid
nicht, niemandem. Bitte, Ondur. Du mußt das nicht tun, es gibt
keinen Grund…«
    Ondur nahm die Hände vom Gesicht. Ayrid sah dieselbe
verschlossene Trostlosigkeit, die sie gesehen hatte, als sie sich
beide um SaSa bemüht hatten, und plötzlich drängte
sich ihr ein Gedanke auf: auch wenn sie sich seit Jahren gekannt
hätten, Ondur hätte ihr nichts von ihrem Elend erzählt
oder von dem Schicksal, das sie nach R’Frow verschlagen hatte.
Ondur hatte es

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