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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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raschelte. Das Feuer war nicht nahe, und der
zuckende Widerschein in der Kuppel erschien nur so hell, weil sie
fast ein Jahr in diesem Dämmerlicht zugebracht hatten. Kaum
hatte sie die Hand zurückgezogen, da fing es an zu regnen.
Wieder nur dieser feine Nieselregen, anders regnete es nie in
R’Frow. Sollte der Regen das Feuer eindämmen? War das Feuer
entstanden, weil die Geds überall die glühenden Kreise
freibrannten?
    Wenn sie es jetzt taten, warum hatten sie es nicht schon
früher getan?
    Aufgeregte Rufe, diesmal ganz in der Nähe.
    SaSa verschwand blitzschnell im Gebüsch. Zwei delysische
Soldaten, ein Mann und eine Frau, kamen um die Ecke der
Unterrichtshalle gestürmt. Die beiden wollten offensichtlich in
die Richtung, wo es brannte. Beim Anblick von Ayrid blieb die
Soldatin stehen.
    »Los, komm!« rief der Soldat und packte sie beim
Arm.
    »Warte. Sie ist eine von denen.« Die grauen Augen unter
dem blonden Haarkranz maßen Ayrid von Kopf bis Fuß.
    »Von welchen? Komm schon, sie ist Delysierin!«
    »Sie ist keine Delysierin. Sie ist ein Ged. Sie ist eine von
den Verrätern, die es mit den Geds treiben, wie Tey, dieser
Schleimer.«
    Der Mann zögerte, warf einen Blick in Richtung der
Feuersbrunst. »Laß sie. Khalid wird jeden von uns
brauchen.«
    »Nein! Sie sind Verräter, sie stecken mit den Geds und
den Jeliten unter einer Decke!« Sie packte Ayrids Haar und
setzte ihr das Messer unters Kinn. »Ein Gedmesser. Das Richtige
für einen Verräter, was meinst du, Ayrid?«
    »Ayrid?« sagte der Mann. Er wandte den Blick von der
Feuersbrunst und musterte Ayrid. »Das ist Ayrid?«
    »Laß mich zufrieden, Arwa! Verdammt…«
    »Sei nicht dumm! Du weißt genau, was Kelovar gesagt
hat…«
    »Er kann mir gestohlen bleiben!« fauchte die Frau.
»Siehst du ihn irgendwo?«
    »Laß sie in Ruhe, ich sag es dir!« Arwa, der
vorhin noch hastig und unbeteiligt geklungen hatte, sagte das mit
solcher Schärfe, daß die Frau zögerte. »Kelovar
meint, was er sagt.«
    Die Frau ließ Ayrids Haare fahren. Arwa lief weiter, doch
sie machte ihrer Wut und ihrer Enttäuschung Luft, indem sie in
die Wroffröhren packte, Ayrid ins Gras kippte, den Stuhl
über den Kopf hob und ihn mit aller Macht auf den Boden
schmetterte.
    Wroff war Wroff. Nichts verbog sich, nichts brach.
    Sie versuchte es noch zweimal. Arwa kam fluchend zurück und
zerrte sie mit sich. Sie funkelte auf Ayrid hinunter, die
stoßweise atmend am Boden lag – und nahm den Stuhl
mit.
    Ayrid blieb still liegen, bis der Schmerz in ihrem Bein
nachließ. Nur wenn sie es belastete, flammte er sofort wieder
auf. Wie die Soldatin mit dem sperrigen Gedstuhl in den Armen dem
Aufruhr und den Flammen entgegenlief, bot sie einen bizarren Anblick.
Ayrid schloß die Augen. R’Frow.
    Als sie die Augen wieder öffnete, hockte SaSa neben ihr auf
dem Pfad. Sie hakte ihre kleinen Hände in Ayrids Achseln und
begann zu zerren.
    »Nein, laß… laß, das macht es nur noch
schlimmer. Ich muß kriechen.« Doch sie lehnte sich
für einen Augenblick bei SaSa an.
    Das Geschrei brach jetzt nicht mehr ab. In der Ferne ein schrilles
Kreischen, zu weit weg, um das Blut in den Adern gefrieren zu lassen.
Ayrid robbte zur Unterrichtshalle zurück. Da gab es wenigstens
Türen, die man verschließen konnte. Nackte Angst saß
ihr im Nacken. Weitere Menschen kamen um die Halle gelaufen.
    Die ersten rannten an ihr vorbei, als sie sich vom Wroffpfad in
ein Gebüsch zerrte. Einer hätte ihr fast auf das wehe Bein
getrampelt. Dann war der Trupp vorbei; neue Stimmen wurden laut.
    Ayrid zerrte sich tiefer in das Gebüsch. Regen rann ihr in
die Augen, Zweige schlugen ihr ins Gesicht. Angst übermannte
sie. Sie war wieder in der Savanne, war die Gejagte; sie war wieder
bei der verlassenen Wroffhalle, er hielt ihr das Bein fest, holte mit
dem Stein aus. Die Angst machte sie noch blinder als der Regen es
schon tat. Sie grapschte mit beiden Händen nach dem knorrigen
Fuß eines Strauchs und zog und schob sich soweit darunter, wie
sie konnte.
    Sie schlug sich an irgend etwas die Stirn.
    Sie erstickte den Schrei. Sie spürte, wie ihr das Blut
über die Stirn lief, und ihre Hand schloß sich um etwas
Schlüpfriges und Weiches.
    Das harte Etwas war aus Wroff und ragte dicht beim Fuß des
Strauchs aus dem Boden, versteckt im Unterholz. Ayrids Finger
betasteten den Auswuchs. Er war ringförmig wie ein dicker
Rohrstutzen, ohne Kanten, absolut glatt. Kein glühender Ring wie
in den Hallen; hier im Unterholz unter dichtem

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