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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard R. Roesch
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Fragen und Anschuldigungen schossen ihm wieder und wieder durch den Kopf, während er zum zweiten Mal in nur drei Tagen das Gefängnistor hinter sich ließ. Den Wachmann grüßte er trotzdem nicht.
    Er ging mit gesenktem Kopf die Waldemarstraße entlang. Instinktiv glaubte er, alle Leute würden ihn anstarren. Was für eine verrückte Idee, in die Wohnung der Toten zu gehen! Was hatte er sich nur dabei gedacht? Prospekte hatte er auch keine gefunden, doch immerhin hatte er diese Spur für sich behalten. Eines war ihm während des Verhörs klar geworden. Die Sache war persönlich geworden. Er würde den Meistermörder selbst fassen. Er würde sich von jedem Verdacht reinwaschen. Welche Unterstellungen! Wie leicht man in den Mühlen der Justiz doch zum Opfer werden konnte. Pawel fragte sich, ob er den richtigen Job hatte. Nervenstränge wurden ja mit der Zeit nicht dicker.
    Sicherlich, man galt als unschuldig, solange die Schuld nicht bewiesen war, aber, verdammt noch mal, warum musste man die Unschuld überhaupt erst beweisen? »Keine Sorge«, von wegen!
    Pawel kam auf den Doberaner Platz und ging ins Café Central. Er setzte sich nahe des Ausgangs an einen Tisch, der direkt an einem Fenster stand, und sah hinaus. Ein rotblonder Student, dessen Schulterumfang so schmal wie Pawels eigener Unterarm lang war, trat an seinen Tisch und lächelte ihn auffordernd an: »Sie brauchen doch einen starken Drink, oder irre ich mich da?«
    »Ganz und gar nicht, du scheinst diesen Nebenjob schon lange zu machen.«
    »Lange genug.«
    »Und was studierst du?«
    »Germanistik und Sport auf Lehramt.«
    »Sport?« Pawel grinste über beide Wangen und sah den Jungen skeptisch an, der ernst antwortete, er könne gut motivieren und darauf komme es letztlich an.
    Pawel nickte, ehe er sagte: »Ich nehme einen French 75.«
    »Habe ich noch nie gehört.«
    »Ein Gincocktail!«
    »Ich frage mal an der Bar nach«, sagte der Kellner.
    Pawel sah ihm hinterher und war doch eher erfreut, als er sah, wie der Junge an der Bar ein Mädchen umarmte, das auch kellnerte, und es auf die Art küsste, wie es Schwule nicht taten.
    Er sah aus dem Fenster und dachte daran, wie unsanft man ihn in der Untersuchungshaft behandelt hatte, ehe man ihn in die Zelle gestoßen hatte, in der sich schon ein Kleinkrimineller befand. Zum Glück hatte dieser Typ Bewährung und wollte alles, nur keinen Ärger.
    Tilo Klähn sei sein Name. Internetkriminalität.
    »Scheiß Internet«, hatte Pawel geantwortet, »das macht doch alles nur kaputt.«
    »Was, alles?«
    »Alles.«
    Daraufhin hatten sie geschwiegen.
    »Tut mir sehr leid«, sagte der Rothaarige, »aber von so einem Drink haben wir hier noch nichts gehört. Ich habe sogar unseren Chef in der Likörfabrik angerufen, der wusste aber auch nichts über einen French 97.«
    »French 75.«
    »Oder so.«
    »Und nun?«
    »Keine Ahnung«, sagte der Junge und fuhr sich instinktiv mit beiden Händen durch das Haar. Er schielte dabei zu seiner Freundin, die gerade vorbeikam.
    »Ein verdammtes Bier nehme ich dann, aber nur, wenn es kalt ist!«
    »Am kältesten ist es bei uns in der Flasche. Beim Zapfhahn sparen wir ein wenig Strom. Wegen der Umwelt.«
    »Ja, ja, die Umwelt! Von wegen!«, sagte Pawel und orderte eine Flasche vom tschechischen Bier, dessen Name er nie aussprechen konnte. Obwohl er doch ein geborener Russe war! War das ein erstes Zeichen, dass er ganz und gar heimisch wurde?
    Der Rotblonde nickte und machte kehrt. In diesem Moment klingelte Pawels Handy. Er zuckte zusammen und sah auf das Display. Seine Ehefrau! Liebend gerne hätte er erst einen Schluck vom Bier getrunken, um sich für diesen Anruf zu wappnen. Er verzog die Augenbrauen und nahm das Gespräch an: »Hallo!«
    »Was ist nur los mit dir?«
    »Was meinst du? Ich arbeite. Ich habe einen schwierigen Job, entschuldige, wenn ich die letzte Woche nicht zu Hause war, aber es ist gerade alles ungemein kompliziert.«
    »Kompliziert? – Was glaubst du eigentlich, was kompliziert ist? Was du mit mir machst, dass du mich ignorierst, das ist ja noch auszuhalten, aber was du deinen beiden Söhnen zumutest, das ist der Gipfel!«
    »Was meinst du?«
    »Was meinst du, was meinst du! Stell dich an, aber nicht dämlich!«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    Der Junge goss ihm Bier aus der Flasche ins Glas und stellte ihm beides auf den Tisch. Schnell nahm Pawel einen Schluck, der hauptsächlich noch aus Schaum bestand. Leute schickte das Arbeitsamt!
    »Deine Söhne sind von der

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