Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
Vom Netzwerk:
Teenager
entweder am Faithful Place gewohnt haben oder in der näheren Umgebung.
Möglicherweise lebt er nicht mehr dort - er könnte auf vielerlei Weise
erfahren haben, dass Rose' Leiche entdeckt worden ist -, aber er hat dort
gelebt.«
    Zum ersten
Mal, seit ich Polizist war, bekam ich eine leise Ahnung, warum die vom Morddezernat
ihre Arbeit so lieben. Wenn wir Undercoverleute auf Jagd gehen, nehmen wir
alles, was uns in die Falle tappt. Zu wissen, was man als Köder benutzen kann,
was man laufenlässt, was man killt und mit nach Hause nimmt, ist schon die
halbe Miete. Das hier war etwas völlig anderes. Diese Jungs waren darauf
spezialisiert, ein gemeingefährliches Raubtier aufzuspüren, und auf dieses
Wesen richteten sie ihr Augenmerk wie auf eine Geliebte. Alles andere, was
ihnen vors Visier lief, während sie die Dunkelheit nach dieser einen Silhouette
durchforsteten, war scheißegal. Die Sache hier war präzise, und sie war intim,
und sie war berauschend: ich und der Gegner, irgendwo da draußen, jeder auf
einen Fehler des anderen lauernd. An jenem Abend im Cosmo erschien
mir das wie die intimste Verbindung, die ich je hatte.
    Ich sagte:
»Die große Frage ist nicht, wie er erfahren hat, dass Rose gefunden worden ist
- wie Sie schon sagten, wahrscheinlich hat bei jedem, der je in den Liberties
gewohnt hat, deswegen das Telefon geklingelt. Die große Frage ist, wie er
dahintergekommen ist, dass Kevin nach all den Jahren eine Bedrohung für ihn
war. Meiner Ansicht nach gibt es nur eine Person, die ihm das klargemacht haben
kann, und das ist Kevin selbst. Entweder die beiden hatten die ganze Zeit
Kontakt, oder sie sind sich bei dem ganzen Tamtam am Wochenende über den Weg
gelaufen, oder Kevin hat den Kontakt extra wiederhergestellt. Stellen Sie
bitte fest, sobald Sie können, wen Kevin in seinen letzten achtundvierzig
Stunden angerufen hat - Handy und Festnetzanschluss, falls er einen hatte -,
wem er gesimst hat und wer ihn angerufen oder ihm Textnachrichten geschickt
hat. Ich kann doch wohl hoffentlich davon ausgehen, dass Detective Kennedy sich
die Telefonnachweise besorgt hat.«
    »Die
liegen noch nicht vor, aber er hat sie angefordert, ja.«
    »Wenn wir
rausfinden, mit wem Kevin an diesem Wochenende geredet hat, dann finden wir
auch unseren Mann.« Ich dachte daran, wie Kevin am Samstagnachmittag die Geduld
verloren hatte und davongestürmt war, während ich den Koffer für Rocky holte.
Das nächste Mal hatte ich ihn dann erst im Pub gesehen. In der Zwischenzeit
hätte er sich mit so ziemlich jedem treffen können.
    Stephen
sagte: »Da ist noch was. Ich denke, dass er vermutlich gewalttätig ist. Ich
meine, klar war er gewalttätig, aber ich meine öfter als nur diese beiden Male.
Ich denke, es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass er vorbestraft ist oder
zumindest einen entsprechenden Ruf hat.«
    »Interessanter
Gedanke. Wie kommen Sie darauf?«
    »Zwischen
den beiden Morden gibt es einen Unterschied, oder? Der zweite muss geplant
gewesen sein, wenn auch nur wenige Minuten vorab, aber der erste war es mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht.«
    »Na und?
Er ist älter geworden, ist beherrschter, plant im Voraus. Beim ersten Mal ist
er einfach ausgerastet.«
    »Ja, aber
genau das hab ich gemeint. Wenn er ausrastet, dann so. Das ändert sich nicht,
ganz gleich, wie alt er ist.«
    Ich zog
eine Braue hoch. Ich wusste, was er meinte, aber ich wollte seine Erläuterung
hören. Stephen rieb sich unbeholfen ein Ohr, während er nach Worten suchte.
»Ich habe zwei Schwestern«, sagte er. »Die eine ist achtzehn, und wenn sie sich
aufregt, schimpft sie so laut, dass man sie auf der ganzen Straße hört. Die
andere ist zwanzig, und wenn sie die Beherrschung verliert, wirft sie Sachen
gegen die Wand - nichts Zerbrechliches, bloß Filzstifte oder irgendwas in der
Art. So waren die beiden schon immer, sogar schon als Kinder. Wenn die Jüngere
mit irgendwas um sich werfen würde oder die Ältere anfangen würde zu schreien
oder wenn eine von beiden auf irgendjemanden losgehen würde, dann wäre ich
baff. Leute rasten immer nur auf eine bestimmte Art aus.«
    Ich
brachte ein anerkennendes Lächeln für ihn zustande - der Junge hatte sich ein
Hinterkopftätscheln verdient - und fragte mich gerade, wie er wohl
ausrastete, als mich ein Gedanke traf wie ein Faustschlag. Das widerliche
dumpfe Krachen, als Shays Kopf gegen die Wand schlug, sein offener Mund, sein
schlaffer Körper, Dads große Hände um seinen Hals.

Weitere Kostenlose Bücher