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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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oder wie er seine Frau kennenlernte oder sich beim
Pogen einen Zahn ausgeschlagen hat oder so zugedröhnt war, dass er auf dem Klo
eingeschlafen ist und das Wochenende dort verbringen musste. Der Laden war ein
Saustall und eine Feuerfalle: abblätternde schwarze Farbe, keine Fenster, aufgesprühte
Schablonenporträts von Bob Marley und Che Guevara und wen die Belegschaft
gerade sonst noch bewunderte. Aber es wurde auch spät noch Alkohol ausgeschenkt
- mehr oder weniger: keine Bierlizenz, also hatte man die Wahl zwischen zwei
süßlichen deutschen Weinen, wodurch man sich leicht tuntig und schwer
abgezockt fühlte -, und welche Livemusik gespielt wurde, funktionierte nach dem
Lotterieprinzip, weshalb man nie wusste, was einen abends erwartete. Die Kids
von heute würden nicht mal einen Zeh ins Galligan setzen.
Wir liebten es.
    Rosie und
ich waren da, um uns eine neue Glam-Rock-Band namens Lipstick On Mars
anzuhören, von der Rosie gehört hatte, dass sie gut sein sollte. Wer sonst noch
auftrat, wussten wir nicht. Wir tranken den besseren deutschen Wein und tanzten
uns schwindelig - ich sah Rosie wahnsinnig gern tanzen, die schwingenden
Hüften und das fliegende Haar und den lächelnden Mund: Sie ließ ihr Gesicht nie
leer werden, wenn sie tanzte, wie andere Mädchen das machten, sie hatte immer
einen Ausdruck. Die Nacht ließ sich gut an. Die Band war nicht gerade Led
Zeppelin, aber sie hatten gute Texte, einen starken Drummer und so ein
lässiges Flair, wie es Bands damals hatten, als keiner irgendwas zu verlieren
hatte und es scheißegal war, dass du nie im Leben groß rauskommen würdest,
denn nur die Tatsache, dass du alles, was du hattest, in diese Band stecktest,
hielt dich davon ab, bloß irgend so ein hoffnungsloser Sozialhilfeempfänger zu
sein, der in seinem möblierten Zimmer vor sich hin kümmerte. Das verlieh ihnen
irgendwie einen besonderen Zauber.
    Der
Bassist traktierte eine Saite so heftig, dass sie riss, nur um zu beweisen,
dass er es ernst meinte, und während er eine neue aufzog, holten Rosie und ich
uns an der Bar Weinnachschub. »Das Zeug ist der letzte Mist«, sagte Rosie zu
dem Typ hinter der Theke und fächelte sich mit ihrem Top Luft zu.
    »Ich weiß,
klar. Ich glaube, die fabrizieren das aus Hustensaft. Wenn du das ein paar
Wochen im Heizungskeller stehen lässt, hebst du ab.« Der Barmann mochte uns.
    »Heute ist
es noch beschissener als sonst. Die haben euch Ausschuss geliefert. Habt ihr
nichts Anständiges da?«
    »Kommt
doch auf die Wirkung an, oder? Ansonsten, servier deinen Freund ab und warte,
bis wir schließen, dann gehen wir noch woanders hin, wo's besser ist.«
    Ich sagte:
»Soll ich dir selbst eine reinhauen oder das deiner Braut überlassen?« Seine
Freundin hatte einen Irokesenschnitt und beide Arme komplett tätowiert. Mit ihr
verstanden wir uns auch gut.
    »Mach du
das. Ihre Hammerfaust ist härter als deine.« Er zwinkerte uns zu und schob ab,
um mein Wechselgeld zu holen.
    Rosie
sagte: »Ich muss dir was sagen.«
    Sie klang
ernst. Ich vergaß den Barkeeper und überschlug hektisch, ob sie schwanger sein
könnte. »Ja? Was denn?«
    »Nächsten
Monat geht bei Guinness am Fließband eine in Rente. Mein Dad sagt, er hat mich
die ganze Zeit über den grünen Klee gelobt, und wenn ich den Job will, krieg
ich ihn.«
    Ich bekam
wieder Luft. »Mensch, stark«, sagte ich. Bei jedem anderen wäre es mir
schwergefallen, mich zu freuen, zumal Mr Daly seine Finger im Spiel hatte,
aber Rosie war mein Mädchen. »Das ist super. Alle Achtung.«
    »Ich
mach's nicht.«
    Der
Kellner ließ mein Wechselgeld über die Theke rutschen, und ich fing es auf.
»Was? Wieso nicht?«
    Sie zuckte
die Achseln. »Ich will nichts, was mein Dad mir besorgt, ich will allein was
schaffen. Und überhaupt -«
    Die Band
legte mit einem ohrenbetäubenden Drummereinsatz wieder los, und der Rest von
Rosies Worten ging in dem Krach unter. Sie lachte und zeigte auf den hinteren
Teil des Raumes, wo man sich normalerweise noch selbst denken hören konnte.
Ich nahm ihre freie Hand und ging voraus durch einen Pulk tanzender Mädchen mit
fingerlosen Handschuhen und Waschbär-Eyeliner und umkreist von wortkargen
Typen, die sich der Hoffnung hingaben, dass sie heute Abend noch bei einer
landen würden, wenn sie nur nah genug dranblieben.
    »Hier«,
sagte Rosie und schwang sich auf den Sims eines zugemauerten Fensters. »Die
Jungs sind nicht schlecht, oder?«
    Ich sagte:
»Die sind super.« Ich hatte die Woche damit

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