French, Tana
Augen auf sie, und er lehnte sich zurück und fing
an zu lachen. »Ach, Melly«, sagte er. »Du warst schon immer die Einzige, die
mir Manieren beibringen konnte. Wisst ihr eigentlich, dass Carmel mir mal, als
ich schon ein baumlanger Teenager war, den Hintern versohlt hat, bis ich die
Beine in die Hand genommen hab, weil ich Tracy Long als Flittchen bezeichnet
hatte?«
»Das
hattest du verdient«, sagte Carmel geziert. »So redet man nicht über ein
Mädchen.«
»Hatte ich
auch. Ich bin hier der Einzige in der Band, der dich richtig zu schätzen weiß,
Melly. Halt dich an mich. Wir werden es noch weit bringen.«
»Ach ja?«,
sagte Kevin. »Bis zum Arbeitsamt?«
Shay
richtete mit Mühe sein Augenmerk wieder auf Kevin. »Was sie dir nicht verraten
ist Folgendes«, sagte er. »In Boomzeiten gehen die ganzen dicken Chancen an
die dicken Fische. Der normale Arbeitnehmer kann seinen Lebensunterhalt verdienen,
aber reicher werden können nur die Reichen.«
Jackie
fragte: »Könnte der normale Arbeitnehmer sich nicht einfach sein Bier schmecken
lassen und nett mit seinen Geschwistern quatschen?«
»Wenn es
wirtschaftlich bergab geht, kann sich jemand, der Köpfchen und eine gute Idee
hat, ein großes Stück vom Kuchen abschneiden. Und ich hab beides.«
Heiße
Verabredung heute Abend, sagte Shay früher oft, während er
leicht vorgebeugt vor dem Spiegel stand und sich die Haare nach hinten gelte,
aber er verriet nie, mit wem; oder Hab ein bisschen Kohle extra
verdient, Melly, hier, hol dir zusammen mit Jackie ein Eis, aber du
erfuhrst nie, woher das Geld gekommen war. Ich sagte: »Das hast du schon immer
behauptet. Spuckst du's nun endlich aus, oder hast du vor, dich den ganzen
Abend zu zieren?«
Shay
starrte mich an, und ich setzte ein breites, argloses Lächeln auf. »Francis«,
sagte er. »Unser Insider. Unser Mann im System. Wieso interessiert es dich, was
ein Außenseiter wie ich so treibt?«
»Bruderliebe.«
»Ich
schätze eher, du denkst, das kann eh nur Mist sein, und bist auf das schöne
wohlige Gefühl aus, dass du mich mal wieder übertrumpft hast. Du wirst dich
wundern. Ich kaufe den Fahrradladen.«
Allein es
auszusprechen ließ seine Wangen leicht erröten. Kevin schnaubte. Jackies
ohnehin schon angehobene Augenbrauen schossen noch höher. »Alle Achtung«,
sagte sie. »Unser Shay, der Unternehmer, was?«
»Nicht
schlecht«, sagte ich. »Wenn du dann der Donald Trump der Fahrradwelt bist, kauf
ich meine BMX-Räder nur noch bei dir.«
»Conaghy
setzt sich nächstes Jahr zur Ruhe, und sein Sohn will mit dem Geschäft nichts
zu tun haben. Der verkauft dicke Autos, Fahrräder sind ihm nicht gut genug.
Also hat Conaghy mir Vorkaufsrecht gegeben.«
Kevin war
so weit aus seiner Schmolllaune aufgetaucht, dass er von seinem Bier aufsah. Er
fragte: »Wo nimmst du die Knete her?«
Das
leidenschaftliche Glitzern in Shays Augen verriet mir, was Frauen in ihm sahen.
»Die Hälfte hab ich zusammen. Ich spare schon lange darauf. Den Rest gibt mir
die Bank. Die schmeißen nicht mehr so mit Krediten um sich, weil sie wissen,
dass schwere Zeiten blühen, genau wie Lavery, aber ich hab die Sache gerade
noch unter Dach und Fach gebracht. Nächstes Jahr um diese Zeit, Leute, bin ich
selbständig.«
Carmel
sagte: »Gut gemacht«, doch irgendetwas in ihrer Stimme ließ mich aufhorchen,
eine gewisse Reserviertheit. »Das ist echt toll. Gratulation.«
Shay trank
einen Schluck von seinem Bier und machte auf cool, aber ein Grinsen zuckte ihm
in den Mundwinkeln. »Wie ich schon zu Kev gesagt habe, es bringt nichts, sein
Leben lang zu arbeiten, um anderen die Taschen zu füllen. Du kommst nur weiter,
wenn du dein eigener Chef bist. Ich mache einfach Nägel mit Köpfen.«
»Und?«,
fragte Kevin. »Wenn du tatsächlich recht damit hast, dass hier demnächst alles
den Bach runtergeht, dann wirst du doch mitgerissen.«
»Da liegst
du falsch, Kleiner. Wenn die reichen Säcke von heute merken, dass sie in der Scheiße
sitzen, kriege ich meine Chance. Damals in den Achtzigern, als keiner, den wir
kannten, das Geld für ein Auto hatte, wie haben wir uns da fortbewegt? Auf
Fahrrädern. Sobald die Blase platzt, wird Daddy seinen kleinen Lieblingen keine
BMWs mehr kaufen können, um die halbe Meile zur Schule zu fahren. Und dann
tauchen sie in meinem Laden auf. Ich kann es kaum erwarten, die Visagen von
den kleinen Arschlöchern zu sehen.«
»Na denn«,
sagte Kevin. »Jedenfalls, das ist toll. Echt.« Er starrte wieder in sein
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