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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Akte auf seinem Schreibtisch. Dort türmte sich ein Stapel brauner und roter Pappdeckel. Über den gold schimmernden Brillenrand hinweg sah er auf das Deck­blatt, schnalzte mit der Zunge und versuchte, während er den Vorgang öffnete, einen Wurstrest zwischen den Zähnen rauszufischen.
    »Was war denn gerade?«, fragte er und sah von seinem Vorgang zu Heustapel auf. »Ich hoffe, die lassen uns jetzt mit der Explosion in Ruhe. Dachte wir sind da raus. Die MK Königssee hat doch genug Leute, da braucht’s uns nicht. Bin eh wieder im Rückstand mit der Sachbearbeitung. Hier«, er wies auf die Akte in seiner Hand, »auch schon über einen Monat alt. Da hat jemand einem Lehrling das Fahrrad angezündet. Und natürlich gibt es kei nerlei Hinweise auf mögliche Täter. Bis jetzt konnte weder der Schaden in Augenschein noch der Geschädigte richtig vernommen werden. Na, ich glaub, den lad ich für nächste Woche vor.«
    Heustapel hatte seine stille Freude an dem gemächlichen Bild, das sein Kollege abgab. In anderen Büros im Haus herrschte im Moment eine angestrengte Betriebsamkeit. Aber die Hausleitung hatte die beiden Sachbearbeiter für die Alltagskriminalität ja von weiteren Ermittlungen in Sachen Busexplosion ausgenommen. Die halten uns bestimmt für wurstige Schluderer ohne Biss, vermutete er.
    »Das da am Telefon war jemand von den unterstellten Kräften, ein früherer Lehrgangskollege. Die haben doch tatsächlich inzwischen nicht nur alle Namen der Businsassen zusammengepuzzelt, sondern auch noch deren Mobilnummern. Einer der Kahlrasierten hat zum Zeitpunkt der Explosion eine SMS bekommen. Die Telefongesellschaft war ausnahmsweise mal schnell mit der Datenfreigabe. Rate mal welchen Inhalts.« Heustapel sah seinen Kollegen erwartungsvoll an. Der blickte kurz auf, blätterte die Akte vor ihm Blatt für Blatt zurück und zuckte die Schultern.
    »Was weiß ich. Vermutlich doch so was wie: Du bist tot. Eine ba nale Kurznachricht à la Ich vermisse dich , oder Wann kommst du heim? , wären ja wohl keiner Erwähnung wert, hab ich Recht?« Heustapel nickte.
    » Verrecke du Verräter und Inderfreund , das war die Nachricht. Der Empfänger ist tot, ebenso wie der vor ihm sitzende Kameradschaftsführer. Klingt doch ganz hoffnungsvoll, meinst du nicht? Und wie es scheint, entzündete sich das Sprengmittel im Bus. Würd mich nicht wundern, wenn es ein knetbarer Explosionsstoff war. Ich schätze, den hat jemand dem Inderfreund mitgegeben, versteckt im Boden des Tagesrucksacks oder als Füllung für den Tragegriff einer Tasche. Na, wir werden es erfahren.«
    »Ja, ich kann’s kaum erwarten.« Schartauer hatte die Akte geschlossen und sich eine Notiz im Kalender gemacht. Er wollte den geschädigten Radbesitzer telefonisch laden, das ersparte ihm läs­tige Tipperei am Computer. »Weißt was? Ich geh jetzt heim. Die Mechthild hat schon länger Schluss und wartet sicher auf mich. Wie schaut das denn aus, wenn ich als Staatsbeamter mehr arbeite als eine Frisöse. Die langweilt sich dann in der Küche und kommt auf dumme Gedanken. Letztes Mal hatte sie sich die Haare rot gefärbt. Ein Schock, sag ich dir. So was will ich nicht noch mal erleben. Nein, ich bin jetzt weg. Sag deinem Gewährsmann da bei den BLKA-Helfern einen schönen Dank für die Informationen.« Schartauer griff nach seiner Jacke und verließ das Büro.

Gespräche
    Elke ging auf ihr Zimmer, um sich endlich umzuziehen. Hubert schien noch unterwegs zu sein. Vermutlich werde ich die Herren der Schöpfung heute noch in der Stube sehen, überlegte sie, woanders kann man sich kaum aufhalten. Voreinander weglaufen ist im Koglerhaus nicht möglich.
    Im Hinausgehen hängte sie ihr verschwitztes Unterhemd auf einen Kleiderbügel gegenüber den Waschräumen im Erdgeschoss. Über den Abend würde dort eine bunte Sammlung schwitziger Wäsche einen herben Geruch verströmen. Noch hing ihr Hemd da allein.

    Elke streunte im Tal umher, rupfte Gräser und Kräuter und roch daran. Die letzten warmen Strahlen der Herbstsonne lockten zum Verweilen im Freien. In einer feuchten Senke meinte sie, sogar Minze gefunden zu haben. Vielleicht kann ich mir daraus einen Tee machen, dachte sie und steckte einige Blätter ein.
    Gelbes Licht verfärbte die Grasspitzen, ein Murmeltierpfiff warnte vor Wanderern im Tal. Sie suchte eine windstille Kuhle unterhalb des Koglerhauses. In ihrer Jackentasche trug sie einen Kriminalroman, ein Klassiker von Dürrenmatt, ein psychologisches Spiel zwischen dem

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