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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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»Hab mir schon gedacht, dass dein Wasser nicht reicht. War doch nur so ‘ne Halbliterflasche, oder? Und bei dem Weg«, er wies hinunter auf die Kurven, »ist das zuwenig.«
    Elke nickte. Wie Recht er hatte. »Hast du auf mich gewartet?« Ihre Stimme klang atemlos.
    »Na, sicher. Einen anderen Weg hättest du kaum nehmen können. Und, willst immer noch allein gehen?« Hubert grinste in sich hinein und strich über seinen Vollbart.
    Sie schüttelte den Kopf. »Im Berg redet man sowieso wenig, denke ich. Da wird’s dann egal. Und wenn du das Wasser hast, häng ich mich gerne dran.«
    »Recht so.«

Kameradschaft
    Die geschlossene Gesellschaft beendete ihre Fahrt über den Königs­ see. An der Echowand hatten die jungen Männer nicht einem Trompeter gelauscht, sondern ihrer eigenen Kakophonie, die Flasche Bier in der ausgestreckten rechten Hand. Das berühmte Echo hatte keine Pause bekommen, um sich zu entfalten, und sich so mit der laut gegrölten ersten Strophe des Deutschlandliedes verheddert. Deutschland über alles war noch zu verstehen gewesen, danach aber erscholl vom Boot zur Steilwand bloß ein Klangbrei.
    Jetzt, am Steg des Königssees, verließen die kurz- bis kahlrasierten Männer, allesamt in einem Stadium zwischen Muskelstärke und Verfettung, unsicher das Schiff. Bei den meisten verdeckten Sonnenbrillen die Blicke.
    »Kameraden«, rief ein vielleicht 30-jähriger Mann im leinenen Trachtenhemd den Flaschenträgern zu und nahm seine Nickelbrille ab, »wir werden jetzt wieder geschlossen zum Busparkplatz abrücken. Denselben Weg wie hierher. Auch wenn wir der heimatlichen Hopfenbrause beachtlich zugesprochen haben, bit te ich um Disziplin. Wir haben schließlich noch was vor. Der Bus wird uns von Schönau, der kleinen Seegemeinde hier, hinauf zur Weihestätte bringen, wo wir dem Führer unseren Respekt zollen werden. Anschließend treffen wir uns, falls schon vergessen, mit dem alten Herrn. Von denen gibt’s nicht mehr viele. Wir wollen doch einen guten Eindruck machen. Die Kameraden sollen wissen, dass auch in Brandenburg ein paar kräftige Disteln wachsen, die nicht gerodet wurden und ordentlich pieken.«
    Beifälliges Nicken und Gemurmel folgte. Der Sprecher setzte seine Brille wieder auf und sah sich um. Touristen in Wanderkleidung oder kleinkarierten Hemden hatten neugierig zu dieser Gruppe hinübergesehen, waren aber auf Abstand geblieben. An diesem sonst so heiteren Ort voller Naturpanoramen war das Interesse der vorwiegend älteren Leute einer Mischung aus Ablehnung und Angst gewichen. Der Gruppensprecher lächelte und straffte seinen Oberkörper. »Also, ohne Tritt Marsch«, befahl er und die jungen Männer machten sich über die Mitte der Schönauer Ladenstraße auf den Weg.

    Sie erreichten den Busparkplatz. Eine Frau in einer rot-weiß gestreiften Bluse, unvorteilhaft über Bauch und Hüftrollen gespannt, löste sich aus einem Kreis von Taxi- und Busfahrern und kam auf die Gruppe zu. Die Oberschenkel ihrer Jeans scheuerten beim Gehen an den Innenseiten gegeneinander. Der Gruppensprecher zeigte auf einen Reisebus und versuchte durch Armbewegungen seine Männer dorthin zu dirigieren. Die übergewichtige Frau schloss sich den Brandenburgern an, gab dem Sprecher im Trachtenhemd die Hand und öffnete, als man am Bus eingetroffen war, die Türen.
    Johlend war ein »Führer, wir kommen« von der Schar zu hören, die sich nach und nach im Bus einfand und erschöpft in die Sitze fallen ließ.
    Am Taxistand, der dem Busparkplatz angegliedert war, standen drei Männer von etwa zwanzig Jahren nebeneinander und sahen hinüber. Ihre Haare waren schwarz, ihr Teint dunkel. Südländisch wäre die oberflächliche Beschreibung ihrer Erscheinung gewesen. An einem von ihnen fiel das scharfe Profil seiner Nase auf. Wortlos verfolgten sie das Gebaren der Leute am Bus.
    Der Blitz, der sie plötzlich blendete, kam einher mit einem Knall, dessen Druckwelle alle Passanten auf dem Platz wie ein Schlag traf und sie zu Boden warf. Plastik- und verkohlte Textilteilchen regneten auf die Gestürzten nieder. Die drei Beobachter am Taxistand lagen mit dem Gesicht nach unten und hielten sich die Hände über die Köpfe. Im Liegen sahen sie sich langsam um. Hastig ausgestoßene Halbsätze erklangen. Benommen und doch entschlossen drehten sie sich auf ihre Rücken, blickten erneut um sich und standen auf. Einer von ihnen umschloss mit der Faust den Griff eines kleinen, schwarzen Gegenstandes, der schnell in der Hosentasche

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