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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Deutschem Drahthaar den Rücken zu.
    Die neue Wichtigkeit des Autogroßhändlers war damit verpufft. Eigentlich hätte er gern gesehen, was die Polizei an so einem gruseligen Ort tatsächlich machte. Arbeitete sie wie im Fernsehen? Leider ließ man ihn ja jetzt nicht zuschauen. Das Gefühl, ein nützlicher Idiot zu sein, kam in ihm auf. Er war es gewohnt, dass man ihn in Entscheidungen einbezog, wollte nach seiner Meinung gefragt und wichtig genommen werden. Die Polizei zu rufen und denen dann irgendwas zu zeigen, was gegen die Ordnung verstieß, das war eigentlich die Aufgabe seines Hausmeisters. Nun hatte er das Gleiche gemacht. Unzufrieden stieg der Autogroßhändler über die bemoosten Felsbrocken, die den Pfad runter nach Salet formten. Wieder lief sein Hund weit voraus.
    Das Ermittlungsteam folgte währenddessen der kaum sichtbaren Schneise durch das Unterholz des Lärchenwaldes, wobei der Diensthund von Beginn an Witterung anzeigte, als sie plötzlich vor der Leiche standen. Bevor sie sich dem Körper näherten, zogen sie alle ihre weißen Overalls über.
    Am Leichenfundort waren die vielen Hirschspuren auf der Erde wirklich auffällig. Ein regelrechter Turnierplatz war das jetzt in der Brunft. Vorsichtig, um keine weiteren Spuren zu legen oder andere zu vernichten, bewegten sich alle Ermittler auf immer denselben schmalen Trampelpfaden zum Toten und um ihn herum.
    Neben den schon erwarteten Schnittstellen, die zu den gefunde nen Gliedmaßen passten, zeigte der in Verwesung übergegangene Körper Wildfraßspuren. Hier hatten sich einige Tiere verbissen und gütlich getan.
    Ramses, der Diensthund, musste die Umgebung abschnüffeln. Vielleicht ließen sich noch mehr Spuren finden, zum Beispiel die Tatwaffe mit Blutanhaftung.
    Vorsichtig untersuchte das Team die Kleidung. Dann folgten sie der Schleifspur, die durch den Wald hinab zum Grünsee führte, der zwischen den Bäumen schimmerte. An einer Stelle, wo das Unterholz zertrampelt und abgeknickt war, lag eine zersplitterte Hornbrille, eingetreten in den weichen Boden. Daneben lag ein kleiner Tagesrucksack aus Segeltuch und eine aufgebrochene Schokolade. Obwohl an ihr kein Stück fehlte, wies sie doch Kratzer auf, die vom Auspacken herrühren konnten. Zum Essen wird er nicht mehr gekommen sein, bedauerte der Ermittler und stellte sich vor, wie dem Opfer die Tafel im Todeskampf aus der Hand gefallen war. Zwischen den Ästchen eines Blaubeerstrunkes hatte sich ein Bonbon-Papier verfangen.
    Zu Füßen einer Lärche fand Ramses das Fragment eines Hirschgeweihs, an den Spitzen der Schaufel klebte Blut. Zuerst lag für den Traunsteiner Todesermittler die Idee nahe, Wiesbeil könne von brunftigen Hirschen aufgespießt worden sein. Derartige Todes ­ ursachen waren in der Kriminalgeschichte belegt. Wer aber sollte anschließend den Leichnam zerlegt haben, und warum? Außerdem zeigte das Stück gefundenen Horns eine Schlagmarke, die kaum eine natürliche Ursache haben konnte. Die privaten Jagd­erfahrungen einiger Ermittler im Umgang mit Horn ließen den Schluss zu, dass jemand mit hartem Metall, einem Messer oder einem Werkzeug die Marke am Hirschgeweih verursacht hatte. Das Hornstück war sicher in Menschenhand gewesen, vielleicht war es das todbringende Werkzeug. Die Verletzungen der Leiche an der Brust und an dem noch erkennbaren Halsstück, das nicht dem Tierfraß zum Opfer gefallen war, ließen den Gedanken ebenfalls zu.
    Der Erkennungsdienst markierte und fotografierte alle Gegenstände am Boden, bevor er sie eintütete. Den Rucksack verpackte der Spezialist in eine große Papiertüte, die kleinen Sachen asservierte er platzsparender. Behutsam und mit angehaltenem Atem legte das Team den Restkörper in einen Tragesack aus Plastik. Ramses wurde zurückgepfiffen und die Ermittler machten sich auf den Rückweg zur Kuppe, wo der Hubschrauber sie abgesetzt hatte.
    Inzwischen war es Mittag geworden. Über Funk riefen sie den Piloten herbei, der auf einer abgelegenen Wiese stand, die seinen Landebedingungen eher entsprach. Der Helikopter flog ein und hielt sich über der Gruppe, die in der Sonne mit ihrer Fracht ge war­ tet hatte. Trotz Tierfraß und fehlenden Körperteilen wog der Inhalt des Plastiksacks etliches. Fluchend und schwitzend, mit respektvoll unter dem Dröhnen der Rotorblätter eingezogenen Köpfen, hievten sie den Toten in das schwebende Fluggerät. So eine körperliche Anstrengung hatten einige der Beamten schon länger nicht mehr erbracht. Schlingernd

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