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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Serben, berüchtigt für ihre Blutbäder an der Zivilbevölkerung, hatte sich nach dem giftigen Tier benannt. Ihre Gräueltaten galten inzwischen als Kriegsverbrechen.
    »Srebrenica«, murmelte er, während er überlegte, und blickte auf die Frau in der Kittelschürze, die ihm gegenübersaß. »Das Massaker«, jetzt sprach er es laut aus, wie um Saliha aufzuwe­ cken.
    »Nusret, mein Sohn. Vierzehn Jahre. Rahim, mein Mann.« Sie antwortete ohne aufzublicken, immer noch im Wiegen des Oberkörpers. »Soldaten aus Holland, sie bloß schauen, als General sie nehmen und wegbringt in Bus. Viele andere auch. Sie alle tot.« Sa liha schluchzte auf und wischte sich die Augen mit dem Hand­rücken trocken. »Geschossen«, fügte sie hinzu.
    Heustapel war bewegt. Selten genug, dass der Atem der Geschich te ihn berührte. Hier saß er einem Opfer jüngster Kriegsgräuel in Europa gegenüber. Er glaubte ihr jedes Wort, erinnerte sich an die Fernsehbilder von runtergehungerten, gefesselten Ge fangenen hinter serbischem Stacheldraht und später gefundenen Massengräbern mit an den Händen gefesselten Leichen.
    »Und Wiesbeil ist mit dem Chef-Erschießer verwandt«, stellte er nachdenklich fest. Ein merkwürdiger Zufall, dass der Schwager des Generals hier oben am Funtensee auf eine Hinterbliebene serbischer Kriegsverbrechen trifft. Einer kurzen Eingebung folgend zog er den Universitätsausweis des Kritikers aus dessen Brieftasche und zeigte ihn Saliha. »Was steht da im Ausweis«, wollte er wissen.
    Die Frau griff zögerlich das Papier, drehte es hin und her und gab es zurück. »Besitzer arbeiten für Universität Belgrad. Ist Lehrer für Historik.«
    Heustapel war sich nicht ganz sicher, was sie ihm gesagt hatte. »Vielleicht Dozent für Geschichte?«, fragte er nach.
    Saliha überlegte und nickte. »Ja, kann man so sagen.«
    Der Ermittler tippte einige Sätze in den Laptop und hielt inne. Er hatte den Eindruck, dass sich der Status seiner Zeugin gerade änderte. Die Kriegstragödie, die wie eine Klammer die Leben von Saliha Osmanagic und Wiesbeil verband, konnte er nicht ignorieren. Es gab da zu viele Verbindungen. Die Zeugenvernehmung war hier zu beenden. Vor einer weiteren Vernehmung, dann aber als Beschuldigte, musste die Osmanagic ihre Zeugenaussage unterschreiben. Er speicherte seinen Text auf einen USB-Stick und zog ihn vom Laptop ab.
    »Sie warten bitte da«, wies er Saliha mit klarer Stimme an und verließ die Stube. An der Küchendurchreiche im Flur sah er, wie der Bruder der Wirtin am Herd einige Töpfe reinigte. »Wo kann ich hier was ausdrucken?«, wollte er wissen und hielt den kleinen Datenspeicher hoch. Johannes ließ ihn in die Küche und führte ihn in einen Nebenraum, dessen Einrichtung aus einem Schreibtisch und einem Computer bestand.
    »Hier machen wir die Abrechnungen und so weiter, da ist der Drucker.« Er schaltete die Geräte ein und ging hinaus.
    Kurze Zeit später unterschrieb Saliha mit ungelenker Hand ihre Zeugenvernehmung. Als sie sich erheben wollte, dachte sie doch, die Prozedur des Verhörens sei vorbei, wies sie der Kommissar streng an, sitzen zu bleiben.
    »Ich muss Sie, auch ohne Dolmetscher, denn die Sachlage ist ernst und die Umstände ungewöhnlich, darauf aufmerksam machen, dass ich Sie nun als Beschuldigte vernehme. Frau Saliha Osmanagic, ich verdächtige Sie der Täterschaft am Tod Heinz-Gerd Wiesbeils.«
    Sie hatte seine Worte nicht verstanden, außer Wiesbeils Namen . Aber der anklagende Ton in der Stimme des Kriminalbeamten erschreckte sie. Sie sprang entsetzt auf.
    »Ich nix machen. Immer nur arbeiten. Ich nix totmachen.« Sie drehte sich zur Stubentür und wollte den Raum verlassen. Energisch griff Heustapel ihre Schultern, riss ihren Oberkörper nach hinten und zwang sie auf ihren Stuhl. Dort hielt er sie fest. Saliha gab ihren Widerstand auf. Ihre Hände glitten in die Taschen des Arbeitskittels. Laut rief er nach seinen Kollegen.
    Im Türrahmen erschien, den Kopf erwartungsvoll auf die Seite gelegt, Elke Hundgeburth aus Köln. Als sie auf ihrem Lager unter den warmen Decken aufgewacht war, hatte das Gefühl langsamer, stiller Wochenendnachmittage in ihrem Bauch gekribbelt. Kurz hatte sie diese süße Langeweile genossen, sich dann aber mit einem Seufzen aufgesetzt und entgegen vorheriger Absichten für einen leichten Gang nach draußen angezogen.
    »Bin oben eingenickt. Ich wollte mir gerade einen Kaffee holen und ein Stück Strudel. Hab gedacht, ich kann noch etwas in der

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