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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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darauf. Er ist ganz gierig danach, das Haus zurückzubekommen.“
    „Und das lehnen Sie ab?“
    „Natürlich nicht. Das Haus hat seiner Familie gehört, es wurde ihr weggenommen. Bloß: Es scheint ihm wichtiger zu sein als alles andere. Aber er hat eindeutig etwas von der Schönheit seiner Mutter geerbt.“
    „Und Hannis Enkeltochter? Wie hat sie ausgesehen?“
    „Sie ist mehr nach ihrer Mutter geraten.“
    „Werde ich mit der Polizei sprechen müssen?“
    „Ich weiß es nicht. Soll ich der Mordkommission Ihre Adresse geben?“
    „Ja, tun Sie das. Vielleicht kann ich sechzig Jahre nach dem Ende meiner leidenschaftlichsten Liebe doch noch etwas für meine Hanni tun. Auch wenn ich es bezweifle.“
    „Darf ich Sie in meiner Reportage zitieren?“
    „Es ist mir ein Vergnügen. Wissen Sie, ich habe mich längst aus dem Geschäft zurückgezogen. Ich bin nur mehr Privatmann und muss keine Rücksichten mehr nehmen. Meine drei Exfrauen sind gut versorgt, meine Kinder auch. Ich lebe hier für mich, schaue über den Central Park, lese historische Bücher und lasse mich von meinem Hausmädchen verwöhnen. Nein, nicht was Sie denken. Ich werde im nächsten Monat siebenundachtzig. Sie wird immer mehr vom Hausmädchen zur Krankenschwester, aber ich will nicht klagen.“
    Er hatte meiner Meinung nach auch wenig Grund dazu. Ich versprach, ihn auf dem Laufenden zu halten. Wenn er vierzig, vielleicht auch bloß dreißig Jahre jünger gewesen wäre, ich hätte mich in ihn verlieben können. Oder doch in erster Linie in seine Wohnung? Ich sagte ihm das, er küsste mir formvollendet die Hand und versprach auf mich zu warten, bis ich alt genug sei.
    Einen Tag später saß ich im Flugzeug. Wieder einmal versuchte ich kurz nach dem Start die Skyline von Manhattan zu sehen, wieder einmal gelang es nicht. Zu viele Kilometer lagen dazwischen, zu viel Staub und Dunst. Ich lächelte immer noch, wenn ich an Theodore Marvin dachte. Eine Brücke zu einer anderen Zeit. Unvorstellbar, dass er bereits vor dem Zweiten Weltkrieg über Österreich berichtet hatte. Für mich war das alles tiefste Vergangenheit. Aber mir wurde klar, wie viele Menschen noch lebten, die die Nazizeit als Realität erlebt hatten. Das war nicht im Mittelalter gewesen, da hatte es Telefon und Autos und in den USA auch schon Fernsehgeräte gegeben. Es war mitten in meiner Welt passiert.
    Mein Gespräch mit Richard Evans, Janes Professor für Geschichte der Psychologie, war ohne nennenswertes Ergebnis verlaufen. Es sei Jane gewesen, die die Idee mit dem Freud-Museum gehabt habe. Eine gute Idee. Nein, er habe ihr keine Kontaktpersonen genannt, sondern nur die Adresse des Museums gegeben. Warum sie zu einer Migrantenberatungsstelle gegangen sei? Keine Ahnung, mit der Aufgabenstellung der Arbeit habe das jedenfalls nichts zu tun gehabt. Wien, so hatte er geschwärmt, sei das historische Zentrum der modernen Psychologie.

[ 10. ]
    Ich war wütend. Am Flughafen hatte ich mir ein Taxi genommen und war nach durchflogener Nacht sofort in die Redaktion gefahren. Und dann hatte mein Chefredakteur die Neuigkeiten lediglich für „ganz interessant“ gehalten. Dabei bot die Story vom politischen Dauerbrenner arisierten Vermögens bis hin zu einer Liebesgeschichte wirklich alles.
    „Ein zusätzliches Mordmotiv, mehr nicht“, hatte der Chefredakteur gemeint. „Dieser Ministerialrat Bernkopf ist schon vor Wochen von der Kriminalpolizei einvernommen worden, das Ergebnis war offenbar negativ. Außerdem ist es unklug, sich bei den Nazigeschichten zu weit hinauszulehnen. Es können viele Leute eben nicht verstehen, warum sie etwas zurückgeben sollen, das irgendjemand vor Jahrzehnten den Juden weggenommen hat. Zu Unrecht natürlich. Aber es ist besser, in die Zukunft zu schauen. Wir stellen die Liebesgeschichte in den Mittelpunkt. Die zeigt auch, wie fürchterlich die Nazizeit war, aber anders. Irgendwie menschlicher.“
    Jetzt saß ich im Vorzimmer der Mordkommission und Zuckerbrot ließ mich bereits zwanzig Minuten warten. Ich ging zur Sekretärin und fauchte. „Ich bin die ganze Nacht durchgeflogen und habe dann sofort Ihren Chef angerufen. Wenn er nicht wissen will, was ich herausgefunden habe, dann soll er mir das sagen. Ich warte noch fünf Minuten.“
    „Sie werden schon warten müssen, bis er Zeit für Sie hat.“
    „Ich bin hier nicht zu einer Einvernahme, ich bin freiwillig da.“
    „Das kann sich ändern.“ Sie betrachtete mit stoischer Ruhe ihre rot lackierten

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