Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Psychiater?“
Ich stutzte. „Auf alle Fälle hatten die Bernkopfs ein gutes Motiv, Jane Cooper aus dem Weg zu räumen. Sie hatten Angst, das Haus zu verlieren. Auch wenn die Angst eher unbegründet ist.“
„Ich sollte Anzeige gegen Sie erheben wegen Unterschlagung von Beweismaterial.“
„Sie waren am Wochenende nicht zu erreichen, ich habe es immer wieder versucht. Das müssten Ihnen die Beamten des Journaldienstes eigentlich gesagt haben. Außerdem: Ohne mich hätten Sie das Beweismaterial nicht. Oder hätten Sie etwa auf meine Anregung hin eine Hausdurchsuchung gemacht?“
Er schnaubte. „Wir sind an die Gesetze gebunden, etwas, das für Sie nicht zu gelten scheint.“
„Sie haben den Apparat. Und eventuelle Fingerabdrücke wurden nicht verwischt. Darauf habe ich geachtet.“
„Sie sagen mir, wer Ihnen den Apparat gegeben hat und ich verzichte auf eine Anzeige.“
Ich sah ihm so konzentriert wie möglich in die Augen. „Sie glauben wirklich, dass ich darauf einsteige?“
„Woher soll ich wissen, ob der Apparat nicht ganz woanders gefunden worden ist? Man könnte schließlich auch Sie getäuscht haben.“
„Wer? ‚Linksextreme Randalierer‘, wie sie vom ‚Blatt‘ und seinen Lieblingspolitikern genannt werden?“
„Hören Sie doch auf.“
„Die Demonstranten haben nichts mit den Morden zu tun. Die haben ihre Ideale und sie stellen sich dafür auf die Straße.“
„Sie sind abgrundtief naiv, wissen Sie das? Einige ihrer Freundinnen und Freunde sind vorbestraft und zwar nicht wegen Herumstehens. Sie haben Polizisten angegriffen, Steine geworfen, Autos und Schaufensterauslagen beschädigt.“
„Das ist ja schon so gut wie Mord, oder?“
Zuckerbrot blickte auf den jungen Beamten, der bisher wortlos dagesessen war und sah dann wieder zu mir. „Also gut: Ich glaube auch nicht, dass sie mit den Morden zu tun haben. Aber gegen das, was sich eine Zeitung aus den Fingern saugt, kann ich schlecht etwas unternehmen. Außerdem: Davon leben schließlich auch Sie.“
„Bloß dass ich mir nichts aus den Fingern sauge.“
Er lachte schon wieder böse auf.
„Hören Sie, die Aufnahmen, die Jane Cooper vom Wohnzimmer der Bernkopfs gemacht hat, sind ein klares Indiz, dass sie zumindest einen aus der Familie gekannt hat. Sie hat nicht sehr viele Leute in Wien gekannt. Und noch weniger Leute, die ein klassisches Mordmotiv haben.“
„Eifersucht ist auch ein klassisches Motiv.“
„Absurd.“
„Sie ist Ihre Freundin.“
„Ich habe sie vor dem Mord mit Ausnahme eines Maturatreffens seit der Schulzeit nicht mehr gesehen.“
„Eben, sie kann sich verändert haben.“
„Absurd.“
„Wir müssen in alle Richtungen ermitteln. Das verlangen doch gerade die Medien immer wieder von uns.“ Seine Stimme war etwas ruhiger geworden.
Ich musste in die Redaktion. Dringend. Wenn Zuckerbrot nichts unternahm, würde ich eben nachhelfen. Das „Magazin“ konnte eines der verschwommenen Fotos des Wohnzimmers veröffentlichen. Nur Fakten. Aber damit Druck machen. Auch auf die Ermittlungen.
Zuckerbrot drehte sich wieder zu seinem Kollegen: „Willst du sie noch etwas fragen?“
Der junge Beamte schüttelte den Kopf. Ein schweigsamer Zeitgenosse. Zermürbend.
Ich fuhr mit der U-Bahn in die Redaktion zurück und überlegte. Darauf, dass mir Zuckerbrot voll Dank für das Beweismaterial um den Hals fallen würde, hatte ich nicht gehofft. Aber mit diesem Grad an Wut und Ablehnung hatte ich auch nicht gerechnet. Natürlich waren unsere Methoden nicht ganz astrein gewesen. Und wir hatten ihm den Fotoapparat erst mit zwei Tagen Verspätung zukommen lassen. Aber immerhin: Meine Anrufe in der Sicherheitsdirektion von Samstagnacht und Sonntag ließen sich nachweisen. Ich hatte ihn eben nicht erreicht. Keine Ahnung, ob er mich tatsächlich anzeigen würde. Ich hätte beim Studium besser aufpassen sollen, als Strafrecht an der Reihe gewesen war. Konnte ich wirklich wegen Unterschlagung von Beweismaterial angeklagt werden, nur weil ich es etwas später übergeben hatte? War ich verpflichtet Vesna auch offiziell in die Sache hineinzuziehen?
Vielleicht stand Zuckerbrot auch unter dem Druck seiner Vorgesetzten. Der Sicherheitsdirektor ließ sich gerne vom „Blatt“ feiern. Zuckerbrot war sicher darüber wütend, den Fotoapparat nicht selbst gefunden zu haben. Aber eine Hausdurchsuchung bei einem ehrenwerten Ministerialrat war wohl nicht so leicht durchzusetzen. Sie hätte weitere böse Berichte im „Blatt“ und in
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