Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Ernsthaftigkeit lächeln.
Ich legte den Fotoapparat mitsamt Vesnas Taschentuch auf den Schreibtisch. Die Fototasche mit dem Originalfilm und einem Satz Abzügen übergab ich Zuckerbrot mit einer kleinen Verbeugung.
„Spielen Sie hier nicht den Clown“, knurrte er.
Wir setzten uns.
„Wie sind Sie zu dem Fotoapparat gekommen?“, fragte er dann.
„Informantenschutz. Kann ich nicht sagen. Nur, dass er in der Wohnung der Bernkopfs in einer Vorzimmerschublade gefunden worden ist.“
„Wer hat ihn gefunden?“
„Erfahren Sie nicht.“
„Ich dachte, Sie sind an der Aufklärung des Falls interessiert.“
„Sonst hätte ich Ihnen ja den Apparat kaum übergeben.“
Er schlug mit der Hand auf den Tisch und brüllte: „Das ist strafbar, wissen Sie das eigentlich? Auch für Journalisten gelten unsere Gesetze.“
„Ja, aber wir haben das Recht, die Namen unserer Informanten nicht preiszugeben.“
„Nicht, wenn sie in Mordfälle verwickelt sind.“
„Mein Informant hat Beweismaterial gebracht. Wichtiges Beweismaterial. Das dient wohl der Aufklärung des Falles und ist keine Verwicklung in den Fall.“
„Woher soll ich wissen, dass der Apparat in der Wohnung der Bernkopfs gefunden worden ist?“
„Weil ich es beschwören kann.“
Er lachte böse. „Werden Sie nicht melodramatisch. Den Geschworenen ist es egal was Sie beschwören können. Sie verlangen Beweise.“
„Einer der Beweise findet sich auf den Fotos. Ich habe es Ihnen schon am Telefon gesagt: Es gibt drei Aufnahmen, die Jane Cooper von der Wohnung der Bernkopfs gemacht hat.“
„Und wie soll ich wissen, dass sie nicht viel später gemacht wurden?“
Ich sah ihn möglichst neutral an. „Weil bei den modernen Kameras das Datum mit aufgezeichnet wird. Einen Tag später wurde sie ermordet.“
Zuckerbrot schluckte. Er nahm die Fototasche, blätterte die Fotografien durch, sah sich einige genauer an. „Das beweist noch nicht, dass sie von Ministerialrat Bernkopf ermordet wurde. Im Gegenteil: Wenn sie in der Wohnung war, warum hätte er sich dann mit ihr noch im Freud-Museum treffen sollen?“
„Jedenfalls beweist es, dass er gelogen hat. Sie war in der Wohnung.“
„Aber es klärt nicht, ob er auch in der Wohnung war.“
„Vielleicht war es seine Frau. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, sie verschweigt etwas.“
„Frau Ministerialrat Bernkopf soll die Morde begangen haben?“ Er sah mich spöttisch an.
„Warum nicht?“
„Unter anderem deswegen nicht, weil sie ein Alibi hat. Was übrigens in eingeschränkter Form auch auf ihren Mann zutrifft.“
„In eingeschränkter Form?“
„Von mir erfahren Sie sicher nichts.“
„Ich weiß jedenfalls, was sie als ihr Alibi versteht: Sie hat gekocht. Und am Abend haben sie Gäste gehabt. Sie kann zwischendurch weggegangen sein.“
„Ihr Hausmädchen war da.“
„Die Polin? Die ist ihr gegenüber loyal. Vielleicht weiß sie auch etwas über die Polin.“
„Vielleicht auch noch Erpressung? Haben Sie je mit Frau Bernkopf geredet? Die Dame kümmert sich ums Haus und um ihren Mann und um Wohltätigkeitsaktionen.“
„Ich sage ja bloß, dass ihr Alibi nicht wirklich wasserdicht ist. Es wäre gut, eine weitere Gegenüberstellung zu machen: Vielleicht erkennen die Angestellten des Freud-Museums Frau Bernkopf wieder.“
„Ich bin doch nicht verrückt.“
„Ich kann mir ja ein Foto besorgen und die Angestellten fragen.“
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können.“
„Sie sind nicht neutral, Sie sind auf ihrer Seite.“
Seine Stimme war gefährlich ruhig. „Das lasse ich mir von Ihnen wirklich nicht sagen. Seien Sie bitte so gut und dämpfen Sie ihre Selbstgerechtigkeit.“
„Sie machen, was das ‚Blatt‘ will. Die verdächtigen Besitzer eines arisierten Hauses werden zu Opfern, diejenigen, die ihre Rechte einfordern, zu Tätern. Und was ist mit der Mahnwache? Gegen die ermitteln Sie auch.“
„Keine Sorge, ihrer Freundin mit den grünen Haaren tue ich schon nichts.“
„Aber was ist mit dem Mann aus der Flüchtlingsberatung?“
„Vergessen Sie’s.“
„Bleibt immer noch Ulrike. Während die Bernkopfs weiter als Unschuldslämmer gelten.“
„Nehmen Sie zur Kenntnis: Die Sache mit der Arisierung ist eines. Die Sache mit den Morden etwas anderes. Die Bernkopfs werden nicht dadurch zu Mordverdächtigen, weil sie heute ein Haus besitzen, das früher einmal Juden gehört hat.“
„Aber die Geschichte des Hauses ist die Geschichte der Morde.“
„Und der
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