Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Österreich auf neue Technologien setzen muss. Von ‚Internet-Consulting‘ werden Sie ja schon etwas gehört haben?“
Ich schüttelte den Kopf.
Er seufzte. „Sie sollten sich mehr für Wirtschaft interessieren. Das ist gerade für eine Lifestyle-Redakteurin wichtig. Wer prägt denn den Lifestyle? Die, die das Geld haben. Eben. Also …“ Er sah mich etwas verwirrt an. Manchmal fragte ich mich, ob er nicht heimlich trank.
„Bernkopfs Goldjunge“, half ich ihm auf die Sprünge.
„Seien Sie nicht zynisch, das steht Ihnen nicht. Er ist wirklich großartig. Demnächst wird er mit seinem Unternehmen an die Börse gehen. Ich habe gehört, sein Penthouse im ersten Bezirk ist eines der schönsten in ganz Wien. Vielleicht könnten Sie ihn noch in die Serie ‚So wohnen Österreichs Prominente‘ aufnehmen? Alle Folgen haben wir ohnehin noch nicht gebracht, oder?“
Ich schüttelte den Kopf. Nicht auch das noch. Obwohl ich vielleicht bei dieser Gelegenheit in Bernkopfs Penthouse … Unsinn, was würden seine Eltern dort schon verstecken. „Also was machen wir mit dem Foto?“
Der Chefredakteur runzelte die Stirn. „Mischa, also Bernkopf junior, hat mir versichert, dass seine Eltern nichts mit der Sache zu tun haben. Sie haben zwar nicht besonders geschickt reagiert, aber mit Medien haben sie eben sehr wenig Erfahrung. Er hat mir von ihrem Alibi erzählt. Ein Alibi, das er selbst bezeugen kann, weil ja auch er bei dem Essen war.“
„Er hat Sie also unter Sportsfreunden gebeten die Sache fallen zu lassen.“
„Er war besorgt, dass ich mir unhaltbare Theorien einreden lasse, die sich dann negativ auf das ‚Magazin‘ und seinen Ruf auswirken. Und auf meinen.“
„Wir haben diese Fotos …“ – ich schob eine Kunstpause ein – „weltexklusiv. Es gibt eine Menge Medien, die viel Geld dafür zahlen würden, um die letzten Bilder, die Jane Cooper vor ihrem Tod gemacht hat, zu veröffentlichen. Ganz abgesehen davon, dass uns nicht nur die österreichischen, sondern auch die US-Medien zitieren müssten. Schlecht für das ‚Magazin‘? Wir sagen ja nicht, dass die Bernkopfs die Mörder sind. Wir sagen, dass zumindest einer von ihnen gelogen hat. Denn dass Jane Cooper in die Wohnung eingebrochen ist, werden wohl doch die wenigsten glauben.“
Er trommelte mit Zeige- und Mittelfinger auf den Tisch. „In Ordnung. Aber ich bekomme die Story vorher zu Gesicht. Eine Doppelseite, das meiste davon Bilder. Wir bringen ein kleines Bild von ihr vor dem Freud-Museum, ein kleines von dem Psychiater, ein mittleres von der Außenansicht des Hauses und je nach Qualität ein mittleres oder großes von dem Wohnzimmer. Gehen Sie gleich ins Fotolabor. Sie werden Zeit brauchen, um die Fotos halbwegs gut hinzubekommen.“
Ich nickte und eilte ohne ein weiteres Wort davon. Ich hatte bekommen, was ich wollte.
Ich rief in der Rechtsanwaltskanzlei an, die immer noch als Puffer zwischen Ulrike und der Außenwelt in Aktion war. Oskar Kellerfreund hob ab. Ich hatte die Sekretärin erwartet und stotterte herum. Wenn mich schon derartige Kleinigkeiten aus dem Konzept warfen, wäre es besser, mich nicht mit Mordfällen zu beschäftigen. Ulrike sei für einige Tage zu einer Tante aufs Land gefahren, erzählte er. Es gehe ihr gut und es sehe auch so aus, als ob der Verdacht gegen sie nicht mehr lange aufrechtzuerhalten sei.
Ich bedankte mich für seinen Tipp mit Dora Messerschmidt.
„Eindrucksvoll, nicht?“, erwiderte er.
„Inhalt oder Form?“, fragte ich zurück.
„Beides.“
Ich begann gerade von der Sache mit dem Fotoapparat zu erzählen, als mir einfiel, dass ich diese Geschichte lieber nicht über das Telefon verbreiten sollte. Abzuhören war der Polizei zwar nur unter gewissen Umständen gestattet, aber die Erfahrung hatte gezeigt, dass sie sich nicht immer daran hielt. Seit ich unser gemeinsames Abendessen hatte absagen müssen, war mein Kontakt mit Oskar Kellerfreund nur auf Gespräche über die Mordfälle beschränkt geblieben. Trotzdem. Er konnte ja ablehnen. Ich holte Luft und lud ihn zum Essen ein. Als Wiedergutmachung. Bei mir zu Hause. Morgen, 20 Uhr?
Stille in der Leitung. Mira, warum kannst du nicht wie andere Frauen warten, bis du gefragt wirst? Oder zumindest etwas trickreicher agieren? „Das heißt … ich möchte dir lieber persönlich über die neuen Entwicklungen erzählen.“
„Ach so. Ja, natürlich komme ich gerne. Auf jeden Fall. Ich bin es ja auch meiner Klientin schuldig, nicht wahr?“
Das hatte
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