Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
Fleisch. Er scheint ein neues Rezept zu verwenden, oder es kommt mir nur so vor, dass der Schinken nach Hühnchen schmeckt. Es schmeckt vorzüglich.“
„Na dann lass dir dein Hühnchenschinken schmecken“, schmunzelte Natalie und klopfte ihm auf die Schulter. „Mach dich nun auf den Weg und vergiss nicht: Den Schnaps erst, wenn du in Gomorrha bist.“
„Den Schnaps erst, wenn ich da bin...“, wiederholte Seppel und machte sich auf den Weg. Er winkte Natalie zum Abschied und stampfte unsicher in das trockene Ödland. Je weiter weg Sodom in Seppels Rückblick erschien, desto stärker wurde das ungute Gefühl in seinem Bauch. Entgegen Natalies Befehl nahm er die Flasche Theison-Schnaps aus dem Korb und öffnete sie. Mit einem Schulterzucken quittierte er den ersten Schluck. Und den zweiten. Und den dritten...
12
Vier Tage nach Siamaks unerklärlichem Verschwinden hielt der leicht verwirrte Johnny Sodom immer noch in Atem. Während Johnny die erste Zeit noch mit originellen Zukunftstheorien auftrumpfte, umso weniger Mühe gab er sich seit drei Tagen mit der Belehrung seiner fanatischen Jünger. Geduldig sah Johnnys Folgschaft zu, wie ihr Retter laut lachend Radschläge um den Dorfbrunnen machte. Um den Brunnen türmten sich erneut seine Geschenke, denen er heute keinerlei Beachtung schenkte, sondern lieber um den Dorfplatz turnte.
„Ist alles in Ordnung, Retter?“, fragte Gina besorgt.
Johnny stoppte kurz seine akrobatischen Übungen und versicherte, dass alles Bestens sei.
„Warum bist du denn so komisch seit vorgestern, Erlöser?“, fragte Vanessa.
„Das ist der Jetlag“, sagte Johnny und setzte zum nächsten Radschlag an. „Kommt vom Zeitreisen. Hätte mich besser vorbereiten sollen, aber die Zeit drängte. Erold Leuchtermann drohte. Lichtermann, meinte ich.“
Gina packte Johnny an seinem dreckigen Patientenkittel, der einst schneeweiß war und zog ihn zu sich. „Johnny, ich muss dir etwas gestehen. Wir liebten uns das letzte Mal vor drei Tagen, doch bereits jetzt spüre ich das Wunder in mir. Ja, ich muss von dir schwanger sein. Freust du dich, Liebster?“
Sie war gespannt auf die Reaktion ihres Helden. Ja, er musste sich freuen, denn er war der Richtige. Diesmal müsste Siamak nicht ihr Kind zum Bach führen, nein, denn Johnny konnte sie alle retten. Zu ihrer Erleichterung fing Johnny an zu lächeln.
„Ich weiß doch, Mütterchen.“
„Mütterchen?“ Gina schreckte auf. „Sehe ich so alt aus?“
„Nein, ich habe lange über diese Zeitreiseproblematik nachgedacht und über die Tatsache, dass ich dieses Jahr geboren wurde, aber mich selbst nicht in diesem Dorf finden konnte. Dazu kommt, dass ich meine Eltern nicht kannte, also gibt es nur eine Möglichkeit: Ich bin mein eigener Vater. Ich bin ein Zeitreiseparadoxon, mich selbst erschaffen, um letztendlich die Welt zu retten.“
„Ich bin... Deine Mutter?“, fragte Gina vorsichtig.
Vanessa fing eifersüchtig an zu Kreischen, während die übrigen Jünger langsam aber sicher zu zweifeln begannen.
Johnny lächelte weiterhin. „Dein Duft kam mir so vertraut, so familiär vor. Du riecht zwar gut, aber nicht sexuell attraktiv, irgendetwas in mir verkrampfte sich, etwas verbiet mir mit dir zu schlafen.“
„Aber du hast trotzdem mit mir geschlafen?“, fragte Gina erschrocken.
„Da es meine Bestimmung war mich selbst zu zeugen, musste ich es tun. Wir können uns nicht gegen unser Schicksal wehren. Unser Leben ist wie eine Schachtel Pralinen - es macht dick“, scherzte Johnny und klopfte auf Ginas Bauch.
Der erste der Jünger stand auf und verließ seinen Platz. Kopfschüttelnd und enttäuscht verschwand er in seiner Stube.
„Auch jetzt verstehe ich erst, wer Erold Lichtermann überhaupt ist“, posaunte Johnny über den Dorfplatz. „Er ist mein Bruder - und mein Sohn!“
Die Menge stöhnte erschrocken auf.
„Ihr hört ganz recht! Meine Zeitreise ist die Ursache und Wirkung für die Zerstörung dieser Welt. Durch meine Zeitreise werde ich erst mich selbst, den Retter dieser Welt und auch Erold Lichtermann, den Unheilbringer, zeugen. Gut gegen Böse. Nach seiner Geburt werde ich mein eigen Fleisch und Blut töten müssen, nur um uns ALLE retten zu können!“
„Er ist unser Held!“, kreischte Vanessa.
„Ihn töten?“ Gina hielt beide Hände schützend über ihren Bauch. „Nein, du kannst mir nicht mein Kind wegnehmen! Ich werde ab heute eine gute Mutter sein und kein Kind mehr hergeben! Auch wenn es das
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