Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
sagte sie. „Du bist Gareths neuer Freund.“
Das musste noch ein Traum sein, davon war er felsenfest überzeugt. „Ja, ich bin der Bursche. Ich soll dem Mann helfen.“
Sie schmunzelte. „Du scheinst ein guter Kerl zu sein.“
„Viele sagen ich wäre das nicht“, sagte er peinlich berührt. „Das hier ist doch ein Traum, oder?“
„Leider nicht“, sagte sie und sah nachdenklich zum Wasser. Ihr Blick verfolgte die Strömung. „Dieser Albtraum ist leider echt.“
„Wer bist du?“, fragte Seppel. „Bist du aus Gomorrha?“
„Nein, ich reise mit Gareth und auch ab morgen mit dir. Mein Name ist Aimée .“
Die Antwort traf Seppel wie ein Schlag. Sie hatte nicht nur den Namen von Gareths Lebensliebe, sondern entsprach auch genau der Beschreibung.
„Du bist tot!“, schrie Seppel. „EIN GEIST!“
„Ich lebe.“ Sie belächelte Seppels Äußerung tot zu sein, als hätte sie mit dieser Reaktion bereits gerechnet.
„NEIN!“, brüllte Seppel verstört. „Gareth sah, wie dich die falschen Götter umbrachten! Er sah deine Leiche!“
„Die Maschinen haben mich nicht umgebracht“, sagte Aimée. „Ich schmierte mich mit dem Blut meiner toten Freunde ein, damit sie dachten, ich wäre tot.“
„Warum sollte Gareth lügen?“, fragte Seppel. „Wollte er mich so erschrecken, weil ich sein Fleisch aufgegessen habe?“
„Gareth hat nicht gelogen“, erwiderte Aimée.
Nun war sich Seppel sicher, dass er verrückt geworden war. Er lag wohl immer noch sturzbesoffen in der Steinwüste und all das hier war nur eine gruselige Halluzination.
„DU BIST EIN VERDAMMTER GEIST!“, schrie Seppel. „ICH SEHE GESPENSTER! VERDAMMTE SCHEISSE!“
„Ich bin nicht tot, glaub mir doch bitte.“
In dem Moment wurde die Hüttentür vom frisch geweckten Gareth aufgerissen. Mit seinem Speer in der Hand trat er vor Seppel. „Warum weckst du mit deinem Geschrei den Mann? Hast du Räuber ausgemacht?“
„Aimée...“, stammelte Seppel und deutete auf die Frau im weißen Kleid. „Sie lebt!“
Gareth sah in Aimées Richtung.
„Siehst du auch ihren Geist?“
„Der Mann kann nichts sehen, wo es nichts zu sehen gibt“, antwortete er.
„Was soll die Scheiße?“, fragte Seppel. „Warum tut ihr mir das an? Wollt ihr, dass ich verrückt werde?“
Aimée strich weiter mit ihrem Finger durch das Wasser. „Gareth liebt mich“, seufzte sie. „Aber Gareth sieht mich nicht mehr. Gareth hört mich nicht mehr. Gareth spürt mich nicht mehr.“
„Verdammte Scheiße“, keuchte Seppel. „Kannst du sie wenigstens hören, Gareth?“
„Verspottest du mich, Bursche?“, fragte Gareth zornig. „Nimm ihren Namen nicht in den Mund in Verbindung mit deinen Wahngeschichten. Hat der Bursch Rauschgift genommen?“
„Gareth hört mich nicht“, summte Aimée emotionslos vor sich hin.
„IHR SEID ALLE VERRÜCKT!“, schrie Seppel und fing an zu rennen. „LASST MICH IN RUHE IHR WAHNSINNIGEN! ICH GEHE LIEBER IN DIE WÜSTE STERBEN!“
„Gareth spürt mich nicht mehr...“, seufzte Aimée und blickte stur auf das Wasser.
„Bleib stehen, Bursche!“, rief Gareth Seppel hinterher, ehe dieser erneut vor lauter Hast zu Boden fiel.
Seppel knallte mit dem Kopf auf einen herausragenden Stein. Er hörte Aimées Stimme und das ruhige Rauschen des Bachs, bevor er seine Augen schloss.
12
Auf dem königlichen Hofe nahm der Alltag auch ohne die vier Königskinder seinen Lauf. Der König verließ, wie gewohnt, nicht sein Häuschen, sondern übte innerhalb der majestätischen Räumlichkeiten seine Golffähigkeiten. Die Königin Samira saß auf einem Campingstuhl und starrte gelangweilt auf den Burggraben. Auf dem Trampelpfad zum königlichen Anwesen wanderten unterdessen die Dorfbewohner zum Landhaus und gaben ihre Steuern „freiwillig“ ab. Bis Siamaks Nachfolger gefunden wurde, mussten die Dorfbewohner ihre Steuerschulden nach bestem Gewissen selbst zum Landhaus bringen, wo die Güter auf einem runden Gartentisch gesammelt wurden. Julia ruhte sich gerade von ihrer Arbeit aus und trank ein Glas frischgepressten Orangensaftes. Drei Maschinen schwebten stets wenige Meter hinter Julia her und unterhielten sich.
„Jetzt sprich sie an!“
„Sprich du sie an?“
„Warum ich?“
„Ich war schon das letzte Mal dran!“
Julia, die das Geflüster hinter ihrem Rücken bemerkte, drehte sich zu den Maschinen und lächelte ihnen zu. „Hallo ihr! Ich habe euch ja gar nicht bemerkt.“
Peinlich berührt formierten sich die
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