Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
Bunker zu bringen. Doch Élaine...“ Er fasste seinen letzten Mut zusammen. „Ich wünsche mir jeden gottverdammten Tag es wäre andersrum. Sie war... Sie war das schönste und beste in meinem Leben und musste letztendlich wegen ihres schlimmsten Peinigers, wegen mir, sterben.“
Dem Metzger, der sich zwar seit Jahren in Emotionslosigkeit und Rationalität übte, fiel es äußerst schwer seine Emotionen zu kontrollieren. Mit dem Tod der Frau seines Leben hatte er lange abgeschlossen, doch vor ihrem fahrlässigen Mörder zu stehen ließ alle vernarbten Wunden wieder aufreißen. Sein Herz sehnte sich seit 10 Jahren nach Rache, die er die ersten zehn Jahre an sich selbst mit Reserviertheit und Einsamkeit ausübte, dafür, dass er sie alleine ließ. Doch nun stand der wahre Feind vor ihm, derjenige, der diese Strafe in seinen Augen mehr verdiente als er selbst.
„Warum zögerst du noch, auf mich loszugehen?“, wunderte sich der König.
Tatsächlich gierte der Metzger nach einem tiefen Schnitt durch die Kehle des Königs, allerdings wehrte sich ein Teil in ihm vehement dagegen. Der Teil in ihm, der so gerne Élaines Foto in der Taschenuhr ansah, jedes Detail in sich aufsog, sich versuchte an sie zu erinnern, an ihr Aussehen, ihren Duft, ihre Stimme. Und genau dieser Teil war konfrontiert mit dem König, der ihn mit mehr Details von Élaine füttern konnte, als seine glänzende Taschenuhr.
„Weißt du jetzt wovon ich spreche, wenn ich sage: Wir sind gleich?“, fragte der König. „Du gabst ihr auch das Versprechen, für sie um dein Leben zu kämpfen, weswegen du mit mir in diesem Bunker saßt, willensstark, auch nach Wochen ohne Nahrung, bis du dich getraut hast durch den Leichenberg zu kriechen, zurück in die Freiheit, an die zerstörte Oberfläche, das trostlose Ödland. Nicht weit vom Bunker entfernt, der ehemaligen Metropole der alten Welt, wurde aus den Trümmern ein Dorf namens Sodom errichtet, wo wir uns alle vereinten.“
Immerhin konnte sich der Metzger mit der Tatsache trösten, dass Élaine die schreckliche neue Welt erspart blieb.
An diesem Tag wirkten beide wie Freunde, wie Seelenverwandte, die die gleichen Schmerzen durchstanden, die sie zu den zwei kalten Hüllen verwandelten, zwei abgebrannten Herzen, die nach Élaine flehten.
Der König streckte seine Hand aus. „Zeig mir bitte wieder das Foto. Gib mir deine Taschenuhr, Metzger.“
Der Metzger legte seine linke Hand auf die eingenähte Tasche in seinem grauen Sacko, wo die Taschenuhr ruhte. Mit der rechten zauberte er ein langes Messer aus seinem Sakko. „Nur über meine Leiche. Du bist an ihrem Tod Schuld. Sie hat dich nicht mehr geliebt, sie hätte es nicht so gewollt.“
Die neue Freundschaft, das Band der zwei, verdorrte schnell und das Unkraut des Hasses spross aus der Erde. Der König schrie: „Du warst nur ein Parasit, der sich in eine schwächelnde Beziehung einpflanzte, meine Schwächen ausnutzte und in sonnigen Zeiten zur Stelle war. Du weißt nicht, wie es ist, einer Frau wie Élaine keine Hilfe zu sein, vor ihren Augen zu versagen, zu zerbrechen. Was würde Élaine sagen, wenn sie dich so sehen würde, wie du jetzt vor mir stehst? Würde sie immer noch den strahlenden Ritter sehen, oder doch den grauen Metzger? Sie war so kaputt. Sie wusste wohl selbst nicht mehr, was ihr am Herzen lag. Liebte sie mich oder nur die guten, alten Zeiten mit mir? Liebte sie dich oder nur dein Geld?“
„Du bist heute auch nicht besser als ich“, antwortete der Metzger.
„Gezwungenermaßen machte ich sie mit meiner schwachen Seite vertraut. Bei dir wusste sie nie, ob du halten kannst, was deine Werbung verspricht.“ Gierig starrte der König auf die Stelle, wo er die Taschenuhr vermutete. „Gib sie mir. Ich habe sie mir verdient.“
„Du musst sie dir schon holen“, sagte der Metzger, während er eisern den Griff seines Messers umklammerte. „Versuche es und ich werde dich abstechen wie eine Sau.“
Der König lachte auf. „Der Metzger... Ein lustiger Zeitgenosse. Ich werde dir jetzt deine Alternativen erklären.“ Er streckte einen Zeigefinger in die Luft. „Erstens: Du greifst mich an, ich gewinne, du stirbst.“ Er streckte den zweiten Finger aus. „Zweitens: Du greifst mich an, du gewinnst, rennst aus dem Landhaus, die Söldner bemerken meinen Tod, schlussfolgern, dass du der Letzte in diesem Zimmer warst und sie töten dich. Drittens: Du fliehst von hier und ich werde die Söldner auf dich ansetzen. Entweder du kommst bis
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