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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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drohte. »Ich war neunzehn und noch Studienanfängerin. An den Namen des Typen kann ich mich kaum noch erinnern. Jason Irgendwas. Ich wusste nur, dass ich noch nicht so weit war, ein Kind zu bekommen   – es wäre nicht fair gewesen gegenüber   … allen gegenüber. Ich habe es keine Sekunde in Betracht gezogen, es auszutragen und   …« Sie erzählte lang und breit, wie sie die Dinge mit dem Studentenpfarrer des Colleges besprochen hatte, weil es ihr zu peinlich gewesen war, zum Rabbi zu gehen, von den netten Leuten bei der Schwangerschaftsberatung und davon, wie schwierig es gewesen war, das alles ihren Eltern und dem jungen Vater zu verheimlichen. Und sie beschrieb auch ihre morgendliche Übelkeit, so als wollte sie beweisen, dass sie sich das Ganze nicht nur ausgedacht hatte.
    Aber ich bin nicht zwanzig. Ich bin eine erwachsene Frau mit einem Vier-Zimmer-Reihenhaus und einem erstklassigen Wertpapierbestand aus Blue-Chip-Aktien. Ich habe begonnen, für die Rente zu sparen, letztes Jahr eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen und mir ausgerechnet, dass ich bis Ende sechzig nicht auf Rentenzahlungen angewiesen sein werde. Ich zahle pünktlich jedes Jahr am 15.   Februar meine Steuern. Ich, nicht Tom Wells, bin der verdammte solide Plymouth-Felsen.
    »Denkst du je an dieses Kind?«, unterbrach ich Talia. Sah sie es auf jedem vorbeifahrenden Fahrrad vor sich, in jedem YouTube-Video mit Breakdance tanzenden Teenagern? Ichwusste, dass es mir so ginge. Und dass ich schließlich bei den Nonnen enden würde.
    »Ich bin jetzt Henrys Mutter«, erwiderte Talia etwas zu schnell und so, als würde das alles erklären.
    »Die Schwangerschaft abzubrechen ist natürlich immer eine Option«, sagte ich, um Talia nicht unnötig zu quälen. »Ich habe einen Termin gemacht.« Das war eine Lüge. »Ich bin zu siebzig Prozent sicher, dass ich es durchziehen will.« Ich war mir über gar nichts sicher.
    »Ich muss dich das fragen   – welche Rolle spielt Arthur bei der Sache? Hast du es ihm erzählt?« Sie wirkte neugierig.
    »In einem Moment geistiger Umnachtung habe ich es ihm gesagt«, gab ich zu. »Aber es ist meine Entscheidung.« Ich war ziemlich sicher, dass aus Talias Blick Missbilligung sprach   – dass Arthurs Meinung zähle, weil er ja nicht einfach wieder vergessen könne, was ich ihm erzählt habe. Aber ich wollte nicht länger auf den Scherbenhaufen starren, der sich mein Leben nannte. »Erzähl doch mehr von diesem Job und dem Problem mit Tom.«
    »Willst du wirklich darüber reden?«
    Ich nickte.
    »Es ist ein Job in einer kleinen, aber feinen Agentur, Bespoke Communications. Kennst du die?«
    »Ich glaube nicht. Eigentlich wollte ich etwas über den Chai-Latte-Mann hören.«
    »Er heißt Winters Jonas.«
    »Wirklich? Mit dem hat Arthur mal zusammengearbeitet, glaube ich.« Wer würde so einen Namen vergessen? Und ich war auch ziemlich sicher, dass Arthur erst vor Kurzem von einem Job in der Werbeagentur dieses Typen gesprochen hatte, der ideal sei für Chloe, wie er sagte.
    »Arthur kennt ihn? Wirklich?«, fragte Talia, zwirbelte wieder eine ihrer Locken und sah auf ihre Armbanduhr. »Elf«, sagte sie, als hätte sie eben erst gelernt, die Uhr zu lesen. »Ichmuss unbedingt los. Tut mir leid, dass ich so plötzlich aufbreche, aber   …« Sie ergriff meine Hand, was mir gar nicht recht war. Zu viele Seelenqualen vor dem Mittagsläuten. Mir wäre es lieber gewesen, wenn ich ihre Beichte nicht gehört hätte. »Ich bin da für dich, egal, was passiert«, fügte sie ernsthaft hinzu. Ich hasse Ernsthaftigkeit. »Ich hoffe, das weißt du. Wir alle sind für dich da.«
    Ich schnaubte verächtlich. Quincy nicht!
    »Wenn du es austrägst, unterstütze ich dich voll und ganz. Und ich unterstütze dich auch, wenn du   …«
    Sogar Frauen, die leidenschaftlich an das Recht auf Selbstbestimmung glauben, machen einen Tanz um das Wort
Abtreibung,
besonders wenn sie schon ein Kind geboren haben, das sie lieben.
    »Danke«, sagte ich und sah aus dem Fenster auf meinen sauberen Rasen, von dem ich alle herabgefallenen Blätter aufgelesen und weggekarrt hatte. »Versprich mir, dass du in den nächsten Tagen nicht einfach verschwindest, okay? Und ich wünsche dir, dass du diesen Job kriegst, wenn es das ist, was du willst.«
    Das Telefon klingelte. Ein Glück, nun konnte ich endlich mit dem Getue aufhören. »Arthur«, sagte ich lautlos zu Talia, als ich ranging, und dann vernehmlich, aber höflich: »Bestens, danke.«

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