Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
Kakerlake in einer Fabrik für Babynahrung, Schimmel auf Käse, ein Dreckrand in der Badewanne. Ich hatte mich bis zur Nazisympathisantin hinunter vorgearbeitet, als ich das Telefon hörte. Ich sah auf die Rufnummernanzeige. Nicht Arthur.
»Tut mir leid«, sagte Talia. »Ich wollte schon früher zurückrufen, aber …«
»Und ich habe euch immer für das nicht zu erschütternde Traumpaar gehalten. Was ist los?«
»Oh, nichts«, erwiderte sie. Aber sie wartete nur darauf, dass ich sie nach ihrem gigantischen Problem fragte.
»Spann mich nicht auf die Folter.«
»Er kam überraschend nach, als ich in Kalifornien war«, erzählte sie. »Flog aus einer Laune heraus noch rechtzeitig zum Geburtstag meines Dads ein. Eigentlich unglaublich lieb von ihm und … nun, um es kurz zu machen … als er mich traf, war ich gerade mit einem anderen Mann etwas trinken. Mit einem Berufskollegen, aber Tom gefiel gar nicht, was er sah.«
Das sollte ein Problem sein? Doch ich musste Interesse zeigen. »Nur eine Frage, habt ihr zwei Berufskollegen etwa nackt aneinander herumgefummelt, während ihr getrunken habt, was immer in L. A. gerade getrunken wird?« Ich musterte meine Zehennägel und fragte mich, ob ich die Nagellackfarbe ändern sollte. Orangerot wirkte zu fröhlich für meinen seelischenZustand. Es sollte eher etwas aus der Vampirpalette sein.
»Tom schien es zu meinen. Er hat das ganze Wochenende darauf herumgehackt, was er da angeblich an Körpersprache gesehen hat. Normalerweise ist er ein Goldschatz – das weißt du –, aber er hat eben diesen unsicheren Zug.«
Das war ja ein interessanter Schlenker. Ich hatte immer angenommen, Tom Wells’ vornehme Herkunft habe ihn so solide wie den Plymouth-Felsen gemacht. »Ich bin keine Expertin in Sachen Tom«, sagte ich, »aber ich kenne deinen Mann gut genug, um zu wissen, dass er nicht der Typ ist, der wegen nichts einen Streit beginnt. Also raus damit, Schätzchen. Was hat es auf sich mit diesem anderen Mann? Ist er irgendwie wichtig? Ein Mann, den du in deinem Leben haben willst? Der schon in deinem Leben ist?« Mein Tonfall wurde immer spöttischer, doch das war mir egal. Ich war auf eine boshafte Art glücklich, einfach weil Ärger herrschte im Paradies einer anderen.
Das
war doch mal eine Ablenkung.
»Nein, nein und nein, das habe ich doch schon gesagt.« Talia klang exakt so wie eine Frau, die Angst hatte, dass ihr Ehemann sie aus drei Meter Entfernung belauschte. »Die Person, mit der ich einen Chai Latte trinken war, ist einfach bloß jemand mit einem guten Jobangebot.«
Wenn Talia
die Person
sagt, weiß ich, dass sie sauer ist. »Aber du hast doch schon einen guten Job«, betonte ich. Jede Mutter würde töten für so einen Deal, wie sie und Chloe ihn hatten. Die Firma zahlte sogar Urlaubsgeld und übernahm Arzt- und Zahnarztkosten, obwohl keine von beiden Vollzeit arbeitete.
»Ich habe die Hälfte eines guten Jobs …«, Talia machte eine theatralische Pause, »… aber die Kosten für ein ganzes Leben.« Ich hörte Frust heraus. »Dies wäre ein Vollzeitjob, und außerdem noch gut bezahlt.« Wieder machte sie eine Pause. »Er hat sich noch nicht konkret geäußert und tut es vielleichtauch gar nicht, jedenfalls nicht mir gegenüber. Er lässt sich Zeit. Ich glaube, er spannt andere gern auf die Folter.«
Die Hexe in mir entdeckte einen Funken Sympathie. Gibt es irgendetwas Demütigenderes als vom Wohlwollen eines anderen abhängig zu sein? Genau deshalb war ich mein eigener Boss. »Wer ist dieser Mogul, der mit einem Job vor deiner Nase herumwedelt?«
Mit sieben Sekunden Verzögerung antwortete sie. »Das möchte ich lieber nicht sagen.«
Faszinierend.
Genau das war es, was ich brauchte, nicht Hausarbeit und Schönheitspflege. Mit einem Mal war ich in Toms Lager. »Was läuft da?«
»Absolut gar nichts, ich habe dir alles erzählt.« Was ich bezweifelte. »Jetzt bist du dran«, sagte Talia und gab sich alle Mühe, nicht wütend zu klingen. Es gelang ihr nicht. »Was ist denn bei dir los?«
»Oh, nichts eigentlich. Ich habe morgen ein Vorsprechen. Ich suche gerade neue Tapeten aus. Ich wurde von einer Schmuckfirma, die eine Riesenauswahl an Klunkern hat, als Handmodel gebucht. Und ich bin schwanger.« Leicht sprudelte ich meine Worte hervor, so wie Schneeflocken von einer Tanne stäuben.
»Und ich bin eine naturblonde Schickse mit Treuhandfonds. Jules, es wird langsam spät.«
Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig.
»Oh,
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