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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Ich mochte es nicht, wenn man mich mit der Streitaxt in der Hand dastehen sah. »Wirklich?« Das war interessant. Das war neu. »Ich ruf dich zurück   – Talia ist gerade hier und kann nicht mehr lange bleiben.«
    Und so verabschiedeten wir uns   – Arthur und ich, Talia und ich. Noch mehr Umarmungen, noch mehr Schniefen. Ich aß meinen Blaubeer-Aprikosen-Muffin auf und auch noch den halben von Talia, hängte meine neue Bettjacke in den Schrank, zupfte welke Blätter von meinen Topfpflanzen und sah aus dem Fenster. Ich rief ein paar Kundinnen an, und schließlich wählte ich Sheilas Nummer.
    Ich räusperte mich und erklärte, was ich wollte. Die Frau am Telefon stellte mich zu einer Praxishelferin durch, die mir das Prozedere erklärte. Einen Ultraschall hatte ich erwartet. Aber eine Beratung? Was hatte ich getan, dass mir so etwas blühte?
    »Wann hat sie einen Termin frei? So bald wie möglich bitte«, sagte ich. »Morgen um vier? Den nehme ich. Großartig.« Aber es war nichts Großartiges daran.

»Quincy und Jake«, begann Dr.   Frumkes, als wir in ihrem Sprechzimmer saßen, »ich habe eine gute und eine weniger gute Neuigkeit für Sie.«
Welche zuerst?
, stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ich drückte Jakes Hand. »Es tut mir leid, aber zwei der Embryos haben nicht überlebt.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Jake.
    »Wir können sie auf dem Ultraschallbild nicht mehr sehen.« Es folgten noch weitere Wörter, Klänge, die untergingen in einem Strudel von medizinischem Gestammel, das nichts anderes bedeutete als
tot
.
    Mein Herz rebellierte. Das waren keine Embryos. Es waren Flocke und Erdnuss oder vielleicht auch Juwel und Flocke, die Gestalt gewonnen hatten, geliebt wurden und nun tot waren. Und mit einem Mal, es dauerte kaum länger als ein Atemzug, wurde mein roter Pullover schwarz, meine Seele schrumpfte zusammen. Dr.   Frumkes’ Mund bewegte sich immer weiter, doch ich konnte nicht zuhören. Ich musste mich abschotten, mir Watte in die Ohren stopfen, mich in mich selbst verkriechen.Der Griff von Jakes Hand wurde fester, er wollte sichergehen, dass ich nicht wegdriftete. Er nahm mein Kinn in seine andere Hand und drehte mein Gesicht zu sich. »Quincy, hast du gehört, was Frau Dr.   Frumkes sagt?«
    Ich starrte ihn an.
Warum immer ich, Gott?
»Würden Sie bitte noch einmal wiederholen, was Sie eben gesagt haben, Frau Dr.   Frumkes?« Typisch Jake, immer um Normalität bemüht.
    Dr.   Frumkes beugte sich vor und ergriff meine Hände. »Quincy, es tut mir aufrichtig leid, aber wir hatten hier Glück im Unglück. Hören Sie mich doch bitte an   – einem der Embryos geht es absolut gut. Er ist gesund. Lebensfähig. Ein richtiger kleiner Kämpfer.« Sie hielt einen Moment inne. »So etwas geschieht.«
    Da wären mir lauter schlechte Neuigkeiten ja noch lieber gewesen als diese falsche Hoffnung. Ich war nicht fähig, irgendetwas zu sagen. Das Atmen fiel mir immer schwerer.
    »Hören Sie mich?«, fragte die Ärztin.
    »Und das soll ich glauben«, erwiderte ich schließlich ausdruckslos.
    »Es gibt keinen medizinischen Grund, daran zu zweifeln, dass dieser Embryo sich entwickeln wird«, erklärte sie, präzise und ein wenig zu laut, so als hätte sie Angst, wir könnten sie wegen eines Kunstfehlers verklagen. »Dies ist eine gute Neuigkeit.«
    Ich nickte, um zu verstehen zu geben, dass ich verstanden hatte. Sie verordnete mir gemäßigte Bettruhe   – ich durfte, wenn nötig, einen Häuserblock weit laufen   –, sprach das Wort
Trauertherapeut
aus und gab mir einen Namen und eine Telefonnummer. Wir wurden angewiesen, in engem Kontakt zu bleiben und auf jeden Fall nächste Woche wiederzukommen. Und dann wurden wir entlassen.
    Die ganze Familie kommt bei einem Flugzeugabsturz um, nur man selbst überlebt. Ist man dann glücklich oder traurig?Man gewinnt im Lotto an dem Tag, an dem die Eltern sich trennen. Glücklich oder traurig? In der Firma werden alle Kollegen entlassen, nur man selbst nicht. Glücklich oder traurig? Das Leben ist grausam. Es versucht, uns zu Philosophen zu machen, und will sehen, wie viel wir ertragen können.
    Nicht allzu viel, nicht an diesem Tag. Ich war unfähig, die Karikatur einer werdenden Mutter, eine Versagerin. Wie sollte ich mein mir gebliebenes Baby schützen können?
    Wie zwei kraftlose Preisboxer schlichen Jake und ich aus der Arztpraxis. »Wir sollten etwas essen«, sagte er. Ich folgte ihm schweigend um die Ecke auf die Madison Avenue, wo wir in einem

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