Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
zu begreifen begann, verkrampfte sich mir der Magen.
»Glaub mir, keiner von denen hat sich beschwert, wenn sie die Abrechnungen sahen. Meine Kunden hielten mich für Gott.«
Gott schwitzte und knackte mit den Fingerknöcheln. In der Nähe seiner Nase hatte er einen Pickel.
»Das lief ein paar Jahre lang völlig problemlos, und alle waren glücklich, bis das ›Wall Street Journal‹ über ein internes Papier dieser Firma berichtete. Es gab Probleme, Gerüchte über den Rücktritt des Geschäftsführers, dann eine Marktkorrektur. Nichts Großes, aber es machte Wirbel. Zu der Zeit erfuhr ich, dass … der Typ, mit dem ich Geschäfte machte, auf Golfplätzen herumzuerzählen begann, ich würde bei ihm auf der Gehaltsliste stehen. Und so hat es auch Edgar gehört.«
Xander rieb sich das Handgelenk. Er trug keine Uhr. War die Patek Philippe mit dem diamantenbesetzten Gehäuse aus 750er Weißgold – das Normalsterbliche wie ich auch schon mal mit Edelstahl verwechselten – etwa in einem Pfandhaus gelandet?
»Eigentlich hat Charlene es gehört.« Er belegte Cha-Cha Denton mit einem Schimpfwort, und bis zu diesem Moment war ich überzeugt gewesen, dass nur die Ehemänner anderer Frauen es benutzten. »Edgar lud mich in seinen Club ein und lächelte mich über unsere Martinis hinweg noch an – kennst du diese Pitbull-Miene, die er manchmal aufsetzt?«
Ich war froh, dass ich sie nicht kannte.
»Ich war so ein Trottel an dem Tag. Ich dachte, er will mich befördern oder mir wenigstens einen höheren Bonus zahlen. Ich habe Unsummen verdient für seine Firma«, fuhr Xander fort, als würde er mit sich selbst sprechen. »Meine Umsatzzahlen waren immer enorn. Aber Edgar kannte die Geschichte jedes einzelnen Kunden, den ich für den Deal gewonnen hatte,über jeden gab’s ein detailliertes Dossier, mit dem Briefkopf der Anwaltskanzlei, die für ihn arbeitet.«
Als sich die Größenordnung von Xanders Fehlverhalten offenbarte, fragte ich mich, ob er sich genauso fühlte wie ich. Ich wäre überall auf der Welt lieber gewesen als hier.
»Ich habe weder gelogen noch alles abgestritten.« Sein Blick schoss durch den Raum, wich meinem aus. »Herrgott noch mal, ich bin nicht der Erste oder der Einzige, der so was gemacht hat! Es ist ein offenes Geheimnis, dass Edgar selbst ein ziemlich geschickter Trickser war – nur so war er überhaupt in der Lage, Denton zu gründen. Ich bin bloß der Depp, der sich hat erwischen lassen.«
Xander stieß ein Geräusch aus, das wie ein bitteres Auflachen klang. Immerhin schreckte es die Gaffer neben uns auf, die unser Gespräch ebenso begierig aufgesogen hatten wie ihren Tazo-Tee.
»Edgar schwadronierte daher, wie enttäuscht er sei und dass ich wie ein Sohn für ihn gewesen sei, der Sohn, der seinen Vater nun verraten habe. Wie sehr ich seiner Firma schaden würde, wenn sich das herumspreche, und dass er es auf keinen Fall so weit kommen lasse.« Xander sah mich jetzt direkt an und sprach plötzlich schneller. »Ich dachte, das Ganze wäre nur eine Warnung, bis er sagte, ich solle ihn wissen lassen, wann ich zu kündigen wünsche. Er hat mir eine Abfindung angeboten, alles schon fertig ausgearbeitet. Hielt sich für großzügig. Er gab mir achtundvierzig Stunden Bedenkzeit, um zu unterschreiben.« Der Name eines Studienfreundes aus Dartmouth fiel, ein Strafverteidiger. »Sam sagte, dass ich eigentlich keine andere Wahl hätte. Also habe ich Denton am nächsten Tag verlassen.«
»Wann war das?«, fragte ich krächzend.
»Vor zwei Monaten.«
»Und du hast nicht ein Wort gesagt!« Das Gemurmel um uns herum verstummte. Eine gute Ehefrau hätte ihrem verrücktgewordenen Ehemann sicher die Hand auf den Arm gelegt. Ich aber erkannte, dass mein einziger Trost, so klein er auch sein mochte, in der Schadenfreude lag, die ich über Xanders Unbehagen empfand. »Ich verstehe nur eines nicht:
Warum?
«, sagte ich leise und mit enormer Selbstbeherrschung. »Warum hast du etwas getan, von dem du weißt, dass es unmoralisch ist? Korrupt. Das sind Bestechungsgelder.« Ich verschluckte mich beinahe an dem Wort.
»Gratifikationen. Es ist normale Geschäftspraxis in der Branche.«
»Das halte ich für alles andere als normal. Du hast gegen das Gesetz verstoßen. Wie konntest du so dumm sein? Du wirst wahrscheinlich im Gefängnis landen. Wozu bist du überhaupt auf die Harvard Business School gegangen?«
»Chloe, jetzt wirst du hysterisch.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass du je
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