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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Sportjackett, gestreifte Seidenkrawatte und Mokassins.
    »Den Geburtstagslunch deiner Mutter habe ich nicht vergessen, falls du das glaubst«, sagte ich zu seinem Rücken. »Ich werde nur etwas früher gehen müssen.« Ich würde mich um Viertel nach eins im Met verabschieden und Geld für ein Taxi rauswerfen. Außergewöhnliche Zeiten verlangen nach außergewöhnlichen Maßnahmen.
    »Verstehe. Und wann wolltest du mir das erzählen?«
    »Ich erzähle es dir jetzt.«
    Er verließ das Schlafzimmer, verabschiedete sich gewohnt überschwänglich von Henry und Pontoon und rief mir nur einen Gruß zu, ehe die Tür ins Schloss fiel.
    Seit Tom von meinem Jobangebot wusste, verhielt er sich irrational, denn mein Ehrgeiz machte seinen Mangel daran nur noch deutlicher. Ich hätte die geänderten Pläne für den heutigen Tag etwas raffinierter vorbringen sollen und hörte meinen Vater sagen:
Talia Rose, wer an der Planung scheitert, plant das Scheitern.
Aber jetzt blieb keine Zeit mehr, zu analysieren, ob Toms Wut gerechtfertigt war. In zehn Minuten hatte ich Henrys Bücher und Snacks in eine Tasche gepackt, ihm geholfen, seine Jacke anzuziehen, und dann waren wir auch schon auf dem Weg zur U-Bahn , um nach Manhattan zu fahren.
    Big Tom und Abigail warteten beim Affenhaus auf uns, wo sie ein Neugeborenes bewunderten, das wie ein runzliger alter Mann aussah. Mein Schwiegervater, eine vornehmere und sogar noch größere Version meines Toms entdeckte uns, winkte mir fröhlich zu und hob Henry hoch in die Luft   – »Schön, dich zu sehen, Kleiner«   –, während Mutter Affe und Mutter Wells einen Blick aufsetzten, der »Näher treten auf eigenes Risiko« besagte.
    Ich komme aus einer Familie von Küssern. Meine Eltern,
Babe
und ich küssen uns den lieben langen Tag. »Du hast einä Eins,
Bubbele
?« Kuss, Kuss. »Du willst ein Bad nähmän, Lieblink?« Kuss, Kuss. »Du wirst am Blinddarm operiert?« Kuss, Kuss. Von Toms »Leuten«   – wie sie selbst den weiteren Familienkreis nannten, gerade so als wären sie ein vom Aussterben bedrohter Indianerstamm, aber vielleicht waren sie das ja auch   – bekam man dagegen einen Kuss, wenn man, sagen wir mal, in den Krieg zog. Deshalb wusste ich nie, wie ich Abigail begrüßen sollte. Meist blieb ich einfach so lange vor ihr stehen, bis sie mich bemerkte und mit mir zu reden begann.
    Heute wirkte sie besonders versteinert. Ich kam zu spät, aber nur fünf Minuten, was in New York quasi als früh galt. Meinen Gürtel hatte ich in Henrys Tasche gestopft zusammen mit den Peeptoes, die ich vorläufig gegen Sneakers eingetauscht hatte. Aber ich ging noch als elegant durch, fand ich. Abigails Gebaren konnte also nichts mit meinem Aussehen zu tun haben, falls sie nicht etwas gegen meine Frisur hatte. Wie Big Tom hat sie selbst dickes silbergraues Haar, das ich allerdings noch nie anders als zum Dutt gebunden gesehen hatte. Ich hatte Tom mal gefragt, ob seine Mutter sich hinter verschlossenen Türen eigentlich auch mal gehen lasse. Denn wenn Abigail wollte, konnte sie glatt sexy sein. Ich hatte sie schon oft in ihrem Badeanzug gesehen, der, so groß er auch war, einen straffen Körper erkennen ließ. Und in einer ihrer Kommodenschubladen hatte ich mal ein zerlesenes ›Kamasutra‹ entdeckt, als ich bloß   – das schwöre ich   – auf der Suche nach warmen Socken war. Aber über das Intimleben seiner Eltern hatte Tom nie spekulieren wollen. Unter seinen Leuten verwandelt er sich wieder in einen der ihren, und dann muss der Ehemann, den ich liebe, hart darum kämpfen, hart zu werden: Er verliert nämlich nicht nur seinen Sinn für Humor, sondern auch die Fähigkeit, jederzeit der grundlegendsten ehelichen Pflicht neben dem Müllrunterbringen nachzukommen.
    »Guten Morgen, Talia«, sagte Abigail und musterte mein Ensemble eingehend. »Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch zur Pinguinfütterung.« Mit diesen Worten reichte sie Henry den Luftballon, den sie in der Hand hielt. Vergnügt schrie er im Arm seines Großvaters auf, sodass sich sogar um Abigails Mundwinkel ein Ausdruck abzeichnete, der einem Lächeln nahe kam.
    »Sag ›Danke, Grandma Abigail‹«, forderte ich ihn auf. Eine Gemeinsamkeit unserer beider Familien war immerhin, dass Wert auf gutes Benehmen gelegt wurde.
    »Danke, Gammagail«, wiederholte Henry und stach mit den Fingern auf den Luftballon ein.
    Hätte ich in diesem Augenblick aus lauter Dankbarkeit einen Baum in Israel pflanzen können, dann hätte ich es

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