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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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getan.
    »Ich danke
dir
, junger Mann«, sagte Abigail und wandte sich an Big Tom. »Sieht er nicht genau aus wie der Dritte als kleiner Junge?«
    Ich hasse diesen Spitznamen, er klingt so nach Bronzemedaille. Aber Abigail hat recht, auch wenn trotz Henrys blauer Augen und seiner schmalen Gestalt meine braunäugige, gedrungene Mischpoche findet, dass er durch und durch ein Fisher sei. »Er hat das
schejne Ponim
von Onkel Solly, dem Boxer«, sagt mein Vater; eine Überlieferung, die ich meinen Schwiegereltern lieber nicht mitteile. Einen Erben geboren zu haben, der aussieht, als wäre er mit derselben Weihnachtsplätzchenform ausgestochen worden wie all die Wells-Männer vor ihm, ist meine glänzendste Leistung, und ich denke nicht im Traum daran, diese zu trüben.
    Wir kamen zu den Pinguinen, wo Henry von Big Tom und Abigail einen Grundkurs über das Verhalten dieser Tiere bekam.
    Von den Pinguinen ging es weiter zu den Eisbären und von dort zu den Flughunden. Erst dann machten wir uns auf den Weg zum Lunch. Als wir die zehn Blocks bis zum Metgelaufen waren und uns durch die Abteilung europäischer Skulpturen gekämpft hatten, wartete Tom bereits seit zehn Minuten im »Trustees Dining Room« auf uns.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte er und hob sein Glas, als wir endlich alle saßen und bestellt hatten. »Auf Mutter!«
    »Auf Mutter!«, rief Big Tom.
    »Auf Mutter«, gelang es auch mir zu sagen, obwohl ich sie noch nie so genannt hatte, nicht einmal als sie mich darum gebeten hatte.
    »Bleib so, wie du bist!«, rief Tom. Was auch immer das bedeuten sollte. Diesen Spruch ruft man sich in seiner Familie bei jedem Geburtstag zu, und ich habe mich schon gefragt, ob es vielleicht irgendeine Zeile aus einem christlichen Kirchenlied ist.
    Tom sah mich an. »Bleib so, wie du bist«, stimmte ich ein, obwohl ein Gerichtsstenograf sicher das Fehlen des Ausrufezeichens bemerkt hätte. Tom saß neben mir und berührte meinen Fuß mit seinem. Doch meine Gedanken schweiften immer wieder ab zu meinem Vorstellungsgespräch am Nachmittag und, verdammt, zu Chloe. Wusste sie davon?
    »Talia?«, sagte Tom. »Bist du bei uns?«
    »Oh,
Lechaim!
«, rief ich verwirrt. »Auf das Leben!« So stoßen die Fishers miteinander an.
    »Hört, hört«, sagte Big Tom. »Le-scha-im.«
    »Lescha, Mommy«, wiederholte Henry und hob seinen Becher, als wollte er den
Kiddusch
sprechen.
    Selbst Abigail stimmte in das allgemeine Gelächter mit ein. Ich begann mich zu entspannen, bis Tom wieder meinen Fuß berührte. Diesmal verstand ich den Hinweis. Ich sollte endlich Abigails Geschenk herausholen. Vor Wochen schon hatte ich einen breitrandigen Gartenstrohhut mit einem langen grauen Band, das wunderbar zu Abigails frostigen Augen passte, gekauft. Und jetzt sah ich den Hut vor mir, wie er vergessenneben unserer Wohnungstür lag, und alle guten Vorsätze waren dahin.
    »Abigail, wir haben etwas für dich, das ich   …«, begann ich, aber Tom unterbrach mich.
    »…   das wir dir geben wollen, wenn wir später bei uns zu Hause sind. Wir haben ein besonderes Abendessen geplant.«
    Ja, seit gerade eben.
    »Du bist wirklich ein aufmerksamer junger Mann«, sagte Abigail. Doch ich sah, wie ihr Blick sich verfinsterte, als unsere Austern kamen.
    »Wie geht es mit der Doktorarbeit voran, mein Sohn?«, fragte Big Tom.
    »Es wird langsam.« Tom begann, seine Fortschritte zu erläutern, und das Gespräch dauerte bis nach dem Hauptgang an. Ich hatte schon vier Bissen meines Gruyère-Soufflés gegessen und diskret einen Blick auf meine Uhr geworfen, als Tom mich einmal mehr überraschte. »Talia hat auch gute Neuigkeiten   – sie ist im Gespräch für einen neuen Job. Ich bin sehr stolz auf sie.«
    Wirklich? Aller Augen richteten sich auf mich. »Stolz auf dich, Mommy«, sagte Henry.
    Die zwei Gläser Sherry, die Abigail intus hatte, machten sie neugierig. »Erzähl uns doch davon«, bat sie.
    Aber das konnte ich nicht. Über einen Job zu reden, den man noch nicht hatte, war
farbotn
. Wer war ich, dem Schicksal so hochnäsig zu begegnen?
    »Es ist die gleiche Arbeit, die ich jetzt mache«, sagte ich, »nur bei einer anderen Werbeagentur.« Ich hatte meine Worte mit Bedacht gewählt, doch selbst diese langweilige, ausweichende Erklärung klang schon viel zu ausführlich in meinen Ohren. Abigail und Big Tom wandten sich enttäuscht wieder ab. Am liebsten hätte ich gerufen:
Aber sie zahlen doppelt so viel   – einer von uns muss ja schließlich

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