Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
gepasst hatte. Vor allem deshalb nicht, weil ausgerechnet ein beinahe verurteilter Ketzer sie durchgeführt hatte. Oder er betätigte sich schon länger als Teufelsbeschwörer. Ausgerechnet er, ein christlicher Hirte! Doch der Erzbischof war nicht nur geistliches Oberhaupt der Stadt Köln, er war ebenso ein weltlicher Herrscher und als solcher wahrscheinlich nicht gegen Anfechtungen seitens höllischer Dämonen gefeit, die ihm möglicherweise größere Macht und Reichtum versprochen hatten.
    Adelina hob die Katze von ihrem Schoß und setzte sie auf der Bank ab, dann stand sie schwerfällig auf und goss sich den Rest Würzwein vom Abendessen ein. Es war noch nicht spät, aber die Aufregung der letzten Zeit und ihre fortgeschrittene Schwangerschaft forderten immer öfter ihrenTribut. Sie fühlte sich erschöpft. Eigentlich sollte sie sich zu Bett begeben und ausruhen. In drei Tagen würde der Prozess gegen Neklas beginnen. Sie spürte eine Gänsehaut auf ihrem Rücken, wenn sie daran dachte, dass er erneut befragt und womöglich auch der Tortur ausgesetzt werden würde. Die Zeit zerrann wie Sand zwischen ihren Fingern.
    Den leeren Becher stellte Adelina auf dem Spülstein ab. Leider war kein Wasser mehr im Eimer, sonst hätte sie schnell noch abgespült. Stattdessen nahm sie die Öllampe und verließ die Küche, im Gefolge Fine und Moses, die jedoch beide sofort an ihr vorbeiwischten und auf flinken Pfoten die Stiege ins Obergeschoss erklommen. Adelina wandte sich ebenfalls in diese Richtung, entschied sich aber spontan anders und ging hinab in den Keller.
    Das Laboratorium machte inzwischen einen verlassenen Eindruck auf sie, vor allem, weil die scharfen metallischen Gerüche, die sonst fast täglich aus dem Raum emporstiegen, nun endgültig verflogen waren. Die Holzkiste stand wieder an ihrem alten Platz, und es herrschte nicht die gewohnte Unordnung, die Neklas während seiner Versuche gerne verursachte.
    Betrübt entzündete Adelina den Kienspan in der Halterung neben der Tür und griff nach einem der Bücher im Regal. Sie blätterte darin, ohne den Inhalt wahrzunehmen, und versuchte sich vorzustellen, wie ihr Leben gewesen war, bevor sie Neklas Burka zum ersten Mal begegnet war. Sie war zurechtgekommen, viele Jahre lang. Alles, was getan werden musste, hatte sie allein bewältigt. Sie hatte es auch nicht anders gewollt. Erst als der flämische Medicus mit der undurchsichtigen Vergangenheit, den anziehenden schwarzen Locken und der verblüffenden Bereitschaft, ihr zuzuhören, in ihr Leben getreten war, hatte sie entdeckt, dass es neben der Pflichterfüllung auch noch etwas anderes gab. Sie wehrte sich dagegen, denn einmal hatte sie es bereits zugelassen,dass ein Mann ihr Versprechungen machte, die er dann auf schändliche Weise gebrochen hatte. Trotzdem hatte Neklas es geschafft, sich in ihr Herz zu stehlen, und war seither ein fester Bestandteil ihrer selbst.
    Sorgsam stellte sie das Buch an seinen Platz zurück. Sie würde nicht zulassen, dass man ihn verurteilte. Auch wenn sie nach wie vor nicht wusste, wie sie es verhindern sollte. Vielleicht hatten die Schöffen ein Einsehen, wenn der Hauptmann der Stadtsoldaten sich einsetzte und ihnen die bisherigen Erkenntnisse darlegte. Im Schöffenkolleg saßen kluge Männer, etliche von ihnen kannte Adelina, da sie Kunden ihrer Apotheke waren. Gewiss waren einige von ihnen bereit, ihr zu glauben. Sie hoffte sogar, dass die Mehrzahl von ihnen der Familie Burka wohlgesinnt gegenüberstand. Wirkliche Beweise fanden sich ja nach wie vor nicht. Wenn es darüber hinaus auch kein Geständnis gab, war eine Verurteilung nicht möglich.
    Adelina ließ ihren Blick über die alchemistischen Gerätschaften wandern. Wenn sie Neklas nur nicht der peinlichen Befragung unterzogen. Der Vogt würde vermutlich darauf bestehen, denn sie war eine übliche Form der Wahrheitsfindung. Doch welcher Mann brachte es schon auf Dauer fertig, die verursachten Schmerzen zu ertragen, ohne alles zu gestehen, was man von ihm verlangte?
    Sollte sich tatsächlich auch das kirchliche Gericht einmischen, stand es womöglich noch schlimmer. Reese hatte zwar bisher nichts davon erfahren, doch vielleicht hatte Emilianus beschlossen, mit seiner Klage bis zum ersten Prozesstag zu warten.
    Was konnte sie also tun? Sie war Gefangene in ihrem eigenen Haus. Selbst wenn sie eine Idee gehabt hätte, wo sie mit ihren Nachforschungen beginnen sollte, waren ihr die Hände gebunden. Es wäre sicher viel zu gefährlich, sich

Weitere Kostenlose Bücher