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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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hineingelassen zu werden.» Sie winkte den Soldaten Stache heran, der wie immer neben der Tür auf seinem Posten stand. «Begleitet Ihr mich zum Gefängnisturm?»
    Stache sah sie missbilligend an. «Das muss ich wohl, wenn Ihr ausgehen wollt. Ich rate Euch aber davon ab. Ihrwerdet kein Glück haben. Solange die Befragungen nicht abgeschlossen sind, wird man Euch nicht zu Eurem Gatten lassen. Das ist auch besser so. Wenn Ihr …»
    «Nach Eurem Rat habe ich Euch nicht gefragt», gab Adelina unfreundlich zurück. «Ich beabsichtige, das Gefängnis aufzusuchen, und da ich nicht alleine ausgehen darf, kommt Ihr eben mit. Und Franziska.» Sie nickte ihrer Magd zu, die gerade durch die Hintertür die Apotheke betreten hatte und einen Korb bei sich trug.
    «Was ist das?» Der Soldat griff in den Korb und zog mit fragendem Blick eine Wolldecke daraus hervor, unter der sich ein Brot, eine Schüssel mit Kirschen und eine verstöpselte tönerne Trinkflasche verbargen. «Glaubt Ihr im Ernst, sie werden Euch das erlauben?»
    Adelina zuckte mit den Schultern und wandte sich mit finsterem Gesicht zum Gehen. «Wir werden sehen.» Ohne weiter auf ihn zu achten, marschierte sie los, dicht gefolgt von Franziska, die eine ebenso eherne Miene wie ihre Herrin aufgesetzt hatte.
    Stache heftete sich fluchend an ihre Fersen.
    Adelina blickte nicht nach links oder rechts. Sie wusste, dass die Leute auf dem Markt sie anstarrten. Hinter sich meinte sie aufgeregtes Gemurmel zu hören. Doch niemand sprach sie an, und darüber war sie froh. Der Skandal, den der Leichenfund in Köln ausgelöst hatte, war enorm und stellte mittlerweile sogar den Knochenraub im Beinhaus in den Schatten. Adelina mochte gar nicht darüber nachdenken, welche obskuren Gerüchte über sie und Neklas inzwischen die Runde machten und welchen Schaden das nicht nur ihrer Familie, sondern auch ihrer Apotheke zufügen würde.
    Der Weg zur Kunibertstorburg zog sich in die Länge. Der Gefängnisturm lag unten am Fluss, dort, wo man Ketten über den Rhein gespannt hatte, um die passierenden Handelsschiffean der Weiterfahrt zu hindern. Köln besaß das Stapelrecht, was bedeutete, dass jedes Handelsschiff im Hafen der Stadt haltmachen musste, um die geladenen Waren abzuladen und für mindestens drei Tage den Kölner Bürgern zum Verkauf anzubieten. Der eindrucksvolle Turm hatte sich nicht verändert seit jener Zeit, da die alte Ludmilla in der dahinter gelagerten Weckschnapp eingesperrt gewesen war. Das war nun schon vier Jahre her, überlegte Adelina. Sie hatte gehofft, dieses Gefängnis niemals wieder betreten zu müssen.
    Die wehrhafte Torburg enthielt, wie die kleinere Weckschnapp, etliche Gefängniszellen sowie in den Kellergewölben eine Kammer, in der die Werkzeuge zur peinlichen Befragung aufbewahrt – und falls nötig auch eingesetzt – wurden. Als Adelina eintraf, stand die Eingangspforte offen, denn der Torwächter hatte sich vor dem einsetzenden Regen in Sicherheit gebracht.
    «Ich frage, ob sie Euch einlassen», sagte Stache, doch Adelina hielt ihn zurück.
    «Ihr bleibt hier.» Sie legte so viel Autorität in ihre Stimme, wie ihr möglich war, und trat selbst an die offene Tür heran.
    Sogleich streckte der Wächter den Kopf heraus. «Was wollt Ihr?»
    Adelina winkte Franziska näher und deutete auf den großen Korb, den diese am Arm trug. «Ich bin gekommen, meinem Mann etwas zu essen und eine Decke zu bringen.»
    «Eurem Mann?» Der Torwächter musterte sie neugierig. Er war ein kahlköpfiger Mann mit einem dichten braunen Vollbart und einer Narbe unter dem linken Auge.
    «Magister Neklas Burka», erklärte Adelina würdevoll. «Ich wünsche, sofort zu ihm eingelassen zu werden.»
    «Meisterin Burka, die Apothekerin?» Jetzt erst schien er sie zu erkennen. «Ihr steht unter Arrest.»
    «Ich habe meinen Aufpasser mitgebracht, wie Ihr seht.»
    Sein Blick wanderte zu Stache, der mit gereizter Miene hinter ihr stand. «Ich kann Euch da nicht reinlassen, Meisterin. Habe keine Anweisung, dem Magister Besuch zu gewähren.»
    Adelinas Herz schlug hoffnungsvoll schneller. «Dann habt Ihr auch keine Anweisung, Besucher von ihm fernzuhalten?»
    «Ich, äh …»
    «Es würde gar nicht lange dauern.» Sie kramte in ihrer Gürteltasche.
    «Also, das kann ich nicht …»
    «Niemand braucht es zu erfahren.» Lächelnd hielt sie ihm zwei große Silbermünzen auf der flachen Hand unter die Nase.
    Der Torwächter schluckte und starrte erst Adelina, dann die Münzen an. In seinen

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